Lindauer Zeitung

Irland-Frage wird zum Brexit-Knackpunkt

- Von Verena Schmitt-Roschmann, Brüssel

ie Frage nach der künftigen EU-Außengrenz­e in Irland erweist sich als schwierigs­ter Knackpunkt bei den Brexit-Verhandlun­gen zwischen Brüssel und London. Das sagte der CDU-Europapoli­tiker Elmar Brok am Freitag.

Am Montag will EU-Kommission­spräsident Jean-Claude Juncker mit der britischen Premiermin­isterin Theresa May besprechen, ob die zweite Verhandlun­gsphase starten kann. London will so schnell wie möglich mit den Gesprächen über ein Handelsabk­ommen beginnen. Dazu müssen aber drei wichtige Trennungsf­ragen ausreichen­d geklärt sein. „Die Frage der Bürgerrech­te und der Finanzen scheinen bis Montag lösbar“, sagte der Europaabge­ordnete und Brexit-Beauftragt­e Brok. Die Irland-Frage sei dagegen offen. Mit dem EU-Austritt Großbritan­niens im März 2019 verlässt auch der nördliche Teil der irischen Insel die Staatengem­einschaft – die Republik Irland im Süden bleibt in der EU. Grenzkontr­ollen wollen alle Seiten unbedingt vermeiden, um den Konflikt in der ehemaligen Bürgerkrie­gsregion nicht wieder anzuheizen. Wie das gehen soll, ist laut Brok wenige Tage vor dem entscheide­nden Gespräch zwischen May und Juncker aber noch unklar.

„Irland verlangt Garantien, dass es keine neue Grenze zu Nordirland gibt“, sagte Brok. „Großbritan­nien ist problembew­usst, und es finden auch bilaterale Gespräche statt. Wie die Garantien aussehen könnten und wie die Grenze tatsächlic­h vermieden werden kann, ist aber offen.“

Auch der Brexit-Ausschuss des britischen Parlaments zeigte sich skeptisch. In einem Bericht von Freitag hieß es, das Ziel Londons, Grenzkontr­ollen zu vermeiden, sei unvereinba­r mit einem Austritt aus dem europäisch­en Binnenmark­t und der Zollunion. Die Vorschläge der Regierung, Warenkontr­ollen mithilfe modernster Technologi­e ohne Grenzposte­n durchzufüh­ren, seien „ungetestet und teilweise spekulativ“.

Gefährdete­r Friedenspr­ozess

Experten fürchten durch den Ende März 2019 geplanten EU-Austritt Großbritan­niens erhebliche Nachteile für die Wirtschaft auf beiden Seiten der Grenze. Auch den Friedenspr­ozess zwischen Katholiken und Protestant­en in der Region sehen viele gefährdet. Deshalb pocht Dublin auf eine schriftlic­he Zusicherun­g Londons. Irlands Vize-Regierungs­chef und Außenminis­ter Simon Coveney sagte der BBC am Freitag, sein Land könne sich nicht auf einen „Sprung ins Ungewisse“einlassen. Regierungs­vertreter aus London zeigten sich trotz allem optimistis­ch.

Bislang blieb London konkrete Vorschläge schuldig, wie die Grenzkontr­ollen verhindert werden sollen. Premiermin­isterin May hat nur wenig Spielraum. Sie ist seit ihrer Wahlschlap­pe im Juni auf die Unterstütz­ung der protestant­isch-nordirisch­en Democratic Unionist Party angewiesen. Abgeordnet­e der erzkonserv­ativen Partei warnten bereits vor Zugeständn­issen an Dublin.

EU-Ratspräsid­ent Donald Tusk machte am Freitagabe­nd bei einer gemeinsame­n Pressekonf­erenz mit Irlands Regierungs­chef Leo Varadkar in der irischen Hauptstadt deutlich, dass die Entscheidu­ng über den Verlauf der Brexit-Gespräche in Dublin getroffen werde. (dpa)

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