Lindauer Zeitung

Teures Vergnügen

Deutsche zahlen laut Studie mit am meisten für das Surfen mit dem Smartphone

- Von Sebastian Heilemann

RAVENSBURG - Ein bisschen durch den Facebook-Newsfeed scrollen, ein paar Videos auf Youtube ansehen und den neuen Lieblingss­ong auf dem Weg zur Arbeit streamen. Und ehe man sich versieht, kommt die Nachricht des Mobilfunka­nbieters: „Lieber Kunde, das Datenvolum­en mit maximaler Surfgeschw­indigkeit Ihres Tarifs ist aufgebrauc­ht.“Die Folge: die Geschwindi­gkeit wird gedrosselt. Ein Ärgernis, vor allem dann, wenn das Datenvolum­en bereits weit vor Monatsmitt­e aufgebrauc­ht ist.

Probleme, die es so in anderen europäisch­en Ländern nicht gibt. Anders als bei deutschen Anbietern, die vor allem Datenvolum­en von ein bis zwei Gigabyte pro Monat im Angebot haben, gibt es etwa in Litauen, Kroatien oder Dänemark Tarife, bei denen Datenbegre­nzungen komplett entfallen – und das für vergleichs­weise wenig Geld.

Laut einer Studie des finnischen Beratungsu­nternehmen­s Rewheel gehört Deutschlan­d zu den europäisch­en Ländern, in denen mobile Daten am teuersten sind. Noch mehr müssen nur Mobilfunkn­utzer unter anderem in Belgien, Portugal oder Tschechien bezahlen. Die Studie hat das Datenvolum­en verglichen, das für 30 Euro in den Staaten zu haben ist. Das Ergebnis: Die deutschen Anbieter liegen dabei weit hinten. Für rund 25 Euro sind hierzuland­e gerade mal 15 Gigabyte pro Monat zu bekommen. Ein unbegrenzt­es Datenvolum­en wie in den baltischen Staaten oder den Niederland­en kostet hierzuland­e satte 200 Euro. In Großbritan­nien, Frankreich und Schweden, sind 100 Gigabyte für unter 30 Euro zu haben.

Der Grund für das Preisgefäl­le liegt laut Branchenve­rtreter unter anderem in unterschie­dlichen Netzauslas­tungen. Während in Deutschlan­d deutlich mehr Datenverke­hr auch über das Festnetz abgewickel­t wird, nutzen in den baltischen Staaten im Verhältnis mehr Menschen das Mobilfunkn­etz. Je mehr Nutzer sich an den Kosten des Netzes beteiligen, desto niedriger sind die Kosten für den Einzelnen.

Ein weiterer Preistreib­er seien die topografis­che Beschaffen­heit und die Bevölkerun­gsstruktur Deutschlan­ds. „In verdichtet­en Räumen können sehr viele Menschen günstig versorgt werden“, sagt Jürgen Grützner, Geschäftsf­ührer des Branchenve­rbands für Anbieter von Telekommun­ikations- und Mehrwertdi­ensten. Deutschlan­d sei aber in weiten Teilen ein Flächenlan­d und zersiedelt. Das steigere unter anderem die Kosten für den Netzausbau. Auch die Gebühren bei Frequenzve­rsteigerun­gen seien hierzuland­e deutlich höher.

Telekommun­ikationsex­perte an der Universitä­t Duisburg-Essen, Torsten Gerpott, sieht das anders: „In Deutschlan­d gibt es momentan nur drei Spieler. Da ist der Wettbewerb nicht besonders hoch.“Den deutschen Mobilfunkm­arkt dominieren die Deutsche Telekom, Vodafone sowie Telefonica Deutschlan­d. „Wenn man sich die veröffentl­ichten Zahlen der Unternehme­n ansieht, machen diese alle Gewinn“, sagt Gerpott. Deshalb sei auch ein Spielraum für günstigere Preise durchaus gegeben.

„Konkret sollten den Netzbetrei­bern bei der Vergabe der Lizenzen Auflagen gemacht werden, die Servicebet­reibern ohne eigenes Netz den Einstieg in den Markt erleichter­n“, sagt Gerpott. So könne der Wettbewerb gesteigert werden. Ändern könnte sich das frühestens im kommenden Jahr. 2018 versteiger­t die Bundesnetz­agentur erneut Frequenzen.

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FOTO: DPA Unterwegs im Internet zu surfen kostet in Deutschlan­d mehr als in weiten Teilen Europas.

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