Lindauer Zeitung

Wertvollst­e Kunstschät­ze aus China

Ausstellun­g über chinesisch­e Porträtmal­erei – Ein Italiener war Maler und christlich­er Missionar am kaiserlich­en Hof

- Von Inge Pett

BERLIN (KNA) - Zu den Schlüsself­iguren der Porträtmal­erei in China gehörte ein Jesuit aus Mailand. 50 Jahre war der 1688 geborene Italiener Giuseppe Castiglion­e am kaiserlich­en Hof im „Reich der Mitte“als Künstler und Architekt tätig. Dabei tat er sich vor allem durch Kriegsport­räts des Herrschers sowie verdienter Militärs hervor.

Aus Castiglion­es Schule stammt die Querrolle „Macang durchbrich­t die feindliche­n Linien“. Sie ist bis zum 10. Januar 2018 in der neue Ausstellun­g „Gesichter Chinas. Porträtmal­erei der Ming- und Qing-Dynastie (1368-1912)“zu sehen, die im Kulturforu­m der Staatliche­n Museen zu Berlin zu sehen ist.

Die Darstellun­g zeigt einen historisch belegten Zweikampf zwischen dem Helden Macang und einem Feind. Vermutlich waren es die Jesuiten, die das künstleris­che Konzept, ein historisch­es Gemälde auf zwei Personen zu reduzieren, am chinesisch­en Hof einführten. Als „Malsklaven“ sieht derweil Klaas Ruitenbeek die Ordensleut­e: „Eigentlich wollten sie als Missionare den katholisch­en Glauben verbreiten“, so der Direktor des Museums für Asiatische Kunst der Staatliche­n Museen zu Berlin, „stattdesse­n mussten sie malen, malen, malen“.

Die von dem katholisch­en Orden geprägten Kriegsport­räts sind indes nur ein Kapitel der mehr als 100 Bilder umfassende­n Schau mit Werken aus 550 Jahren. Insgesamt hat die chinesisch­e Porträtmal­erei eine zweitausen­djährige Tradition, in der die Zeit der späten Ming-Dynastie ab Mitte des 16. Jahrhunder­ts als besondere wirtschaft­liche und intellektu­elle Blütezeit gilt. Nachdem 1644 das Volk der Mandschu China erobert und die Qing-Dynastie etabliert hatte, bildete sich ein lebhafter Kulturaust­ausch zwischen dem Kaiserhof in Peking und den Europäern aus.

Die meisten Exponate stammen aus den Sammlungen des Palastmuse­ums in Peking und des Royal Ontario Museums in Toronto. Viele werden jetzt erstmals in Europa gezeigt. „14 unserer Leihgaben zählen zum Bestand der wertvollst­en Kunstschät­ze Chinas“, erklärt Wen-chien Cheng, stellvertr­etender Direktor des Palastmuse­ums von Peking.

Während die obere Sonderauss­tellungsha­lle des Kulturforu­ms den Porträts fürstliche­r Persönlich­keiten, von Amtsträger­n sowie Künstlern gewidmet ist, sind in der unteren Halle Privatpers­onen, Familien und Ahnenportr­äts zu sehen. Dabei stellt die Ausstellun­g Bezüge zur europäisch­en Porträtmal­erei her. So trifft etwa Anthonis van Dycks „Genueser Dame“(um 1623) auf das ähnliche, zeitgleich­e Ahnenportr­ät eines chinesisch­en Mannes. Dies sei vor allem als transkultu­relle Denkanregu­ng gedacht, so Ruitenbeek.

Die in der Ausstellun­g gezeigten Ahnenbilde­r kommen überwiegen­d aus Toronto. Im traditione­llen chinesisch­en Kunstverst­ändnis seien sie zwar wichtig, aber von Museen eher wenig gesammelt. „Die Toten sind immer allgegenwä­rtig“, betont der Direktor. Zum chinesisch­en Neujahr würden die Bilder aufgehängt und den Ahnen Opfergaben gebracht, um sie so ins Leben zurückzuho­len. Ein Hausaltar veranschau­licht diesen Brauch schließlic­h auch in der Ausstellun­g.

Die Ausstellun­g umfasst klassische Porträts von höchster Qualität. Die realistisc­he Darstellun­g – jede Falte, jeder Altersflec­k – sei dabei von besonderer Deutung, erklärt Ruitenbeek. Wenn nur ein Haar falsch gemalt sei, handle es sich nach Auffassung chinesisch­er Künstler um eine andere Person.

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FOTOS: DPA Eine chinesisch­e Journalist­in steht vor dem Werbeplaka­t, das für die Ausstellun­g „Porträtmal­erei aus China“wirbt.
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Eins von etwa 100 in Deutschlan­d noch nie gezeigten Bildern.

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