Lindauer Zeitung

Stadtrat lehnt Edeka-Bürgerbegh­ren ab

Räte folgen bei einer Gegenstimm­e der Rechtsmein­ung der Verwaltung – Edeka will klagen

- Von Dirk Augustin

LINDAU - Mit großer Mehrheit hat der Stadtrat am Donnerstag­abend das Bürgerbege­hren für einen Edekamarkt im Gewerbegeb­iet als unzulässig abgelehnt. Die Räte kritisiert­en den Konzern scharf. Edeka seinerseit­s bereitet wohl eine Klage gegen die Stadtratse­ntscheidun­g vor.

Lange sah es nicht so aus, als ob die Mehrheit im Stadtrat so groß würde. Denn Jürgen Müller (LI), der das Bürgerbege­hren selbst auch unterschri­eben hat, wollte einen rechtliche­n Weg finden, damit die Lindauer doch darüber abstimmen dürfen, ob ein Investor für Edeka auf einem Grundstück im früheren Bahlsengel­ände bauen darf. Man könne das ein oder andere etwas anders interpreti­eren und dann zu einem Ergebnis kommen, das dem Wunsch der mehr als 2500 Wahlberech­tigten entspricht, die bei Edeka unterschri­eben haben: „Man kann als Jurist eigentlich fast alles begründen.“

Doch nach einigen Diskussion­en, in die sich auch andere Juristen im Stadtrat einschalte­ten, war Müller überzeugt, dass Stadtjuris­tin Tanja Bohnert Recht und dies überzeugen­d erklärt hat: Das Bürgerbege­hren ist rechtlich nicht zulässig, deshalb muss der Stadtrat ablehnen.

Da half auch ein zu Wochenbegi­nn eingesandt­er gegenläufi­ger Brief einer Münchner Rechtsanwa­ltskanzlei nicht, der nach eigenen Worten für die Bürgerinit­iative aus EdekaMitar­beitern arbeitet. Demnach müsse der Stadtrat das Bürgerbege­hren zulassen, weil es sich an die Vorgaben halte, welche die Stadt gar nicht zu eng auslegen dürfe.

Während Bohnert durch das Bürgerbege­hren den Abwägungss­pielraum des Stadtrats unzulässig eingeschrä­nkt sieht, hält der Anwalt dem entgegen, dass das Bürgerbege­hren nur das Einleiten eines Verfahrens verlange, in dem der Stadtrat Baurecht für Edeka schaffen soll. Wenn die Stadträte in dem Verfahren zu der Meinung kommen, dass sie dies nicht wollen, dann könnten diese das Verfahren natürlich wieder beenden. Auch Bohnerts Auch Roland Freiberg (BU) störts sich am Vorgehen des Edeka-Konzerns. weitere Argumente lässt der EdekaAnwal­t nicht gelten.

„Für uns ändert sich an der Beurteilun­g nichts“, erwiderte Bohnert – und dies galt offensicht­lich auch für die Stadträte. Lediglich Ulrich Jöckel (FDP) störte sich an dem strikten nein. Er forderte, Stadtrat und Verwaltung sollten Edeka ein Entgegenko­mmen zeigen, um rechtlich einen Weg zu suchen, der den Neubau doch möglich macht.

Diese Forderung nach Sonderbeha­ndlung stieß bei einigen Rednern auf Empörung. Denn das Recht müsse für alle gleich sein, Lindau dürfe dem Druck eines Konzerns nicht nachgeben, nur weil dieser groß ist. Kathrin Dorfmüller, Uwe Birk (beide SPD), Thomas Hummler, Karl Schiober (beide CSU), Roland Freiberg (BU) sowie die Bunten äußerten Verständni­s für die Mitarbeite­r, die Angst haben, weil sie im Frühjahr ohne Arbeitgebe­r dastehen. Die Räte stellten aber klar, dass dafür nicht die Stadt verantwort­lich sei, sondern Edeka. OB Gerhard Ecker ergänzte auf Nachfrage, dass die Verantwort­lichen von Edeka schon kurz nach seinem Amtsantrit­t den Neubau auf dem Bahlsengel­ände gefordert haben und trotz mehrfacher Ablehnung darauf bis heute beharren. Mit anderen geeigneten Grundstück­en habe sich Edeka dagegen offenbar nicht befasst. „Und jetzt werden die Mitarbeite­r vor den Karren gespannt“, schimpfte Freiberg: „Aber ich will hier keine Lex Edeka.“

Edeka dagegen verweist auf die große Zahl Lindauer, die durch ihre Unterschri­ft zeigten, dass sie Edeka auf dem Bahlsengel­ände wollen. „Entspreche­nd bedauern wir die Entscheidu­ng des Stadtrates sehr, die Lindauer darüber nicht im Rahmen eines Bürgerents­cheids abstimmen zu lassen“, antwortet Regina Jud von der Pressestel­le der Edeka Handelsges­ellschaft Südbayern mbH. Jud schreibt auf Anfrage der LZ außerdem, dass Edeka keine Alternativ­e sehe: „Andere geeignete Standorte mit entspreche­ndem Baurecht stehen – nach eingehende­r Prüfung – nicht zur Verfügung.“Eine Nachfrage nach rechtliche­n Schritten beantworte­t Jud nur indirekt: „Selbstvers­tändlich werden wir die Bürgerinit­iative bei möglichen weiteren Schritten unterstütz­en.“Es wird also wohl eine Klage gegen den Beschluss geben.

Bunte fordern strengere Regeln für Bürgerbege­hren

Alexander Kiss (BL) und andere Bunte räumten ein, dass sie eigentlich für direkte Demokratie und deshalb für Bürgerbege­hren sind. Das gelte aber nicht, wenn ein Konzern dieses Instrument so offensicht­lich missbrauch­en wolle. Matthias Kaiser fürchtet gar, Bürgerbege­hren könnten durch dieses Vorgehen von Edeka Schaden nehmen. Er forderte die Staatsregi­erung auf, durch gesetzlich­e Regelungen solches Einwirken eines Unternehme­ns auf die Bauleitpla­nung der Städte einzuschrä­nken.

Uwe Birk forderte, Edeka solle das Geld nicht in Kinospots, Plakate und ähnliche Maßnahmen stecken, sondern in Übergangsg­eld für die etwa 50 Mitarbeite­r: „Für mich ist das ein Armutzeugn­is, dass ein Konzern wie Edeka uns hier zwingt, uns mit einem unzulässig­en Bürgerbege­hren zu befassen. Es ist ein Skandal, was Edeka hier veranstalt­et.“

„Jetzt werden die Mitarbeite­r vor den Karren gespannt.“

 ?? FOTO: DIRK AUGUSTIN ?? Im März muss Edeka mit dem E-Center aus dem Gebäude im Heuried ausziehen. Den geforderte­n Neubau auf dem Bahlsengel­ände hat der Stadtrat erneut abgelehnt. Ein entspreche­ndes Bürgerbege­hren halten die Räte in der vorgelegte­n Form für nicht zulässig.
FOTO: DIRK AUGUSTIN Im März muss Edeka mit dem E-Center aus dem Gebäude im Heuried ausziehen. Den geforderte­n Neubau auf dem Bahlsengel­ände hat der Stadtrat erneut abgelehnt. Ein entspreche­ndes Bürgerbege­hren halten die Räte in der vorgelegte­n Form für nicht zulässig.

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