Stadtrat lehnt Edeka-Bürgerbeghren ab
Räte folgen bei einer Gegenstimme der Rechtsmeinung der Verwaltung – Edeka will klagen
LINDAU - Mit großer Mehrheit hat der Stadtrat am Donnerstagabend das Bürgerbegehren für einen Edekamarkt im Gewerbegebiet als unzulässig abgelehnt. Die Räte kritisierten den Konzern scharf. Edeka seinerseits bereitet wohl eine Klage gegen die Stadtratsentscheidung vor.
Lange sah es nicht so aus, als ob die Mehrheit im Stadtrat so groß würde. Denn Jürgen Müller (LI), der das Bürgerbegehren selbst auch unterschrieben hat, wollte einen rechtlichen Weg finden, damit die Lindauer doch darüber abstimmen dürfen, ob ein Investor für Edeka auf einem Grundstück im früheren Bahlsengelände bauen darf. Man könne das ein oder andere etwas anders interpretieren und dann zu einem Ergebnis kommen, das dem Wunsch der mehr als 2500 Wahlberechtigten entspricht, die bei Edeka unterschrieben haben: „Man kann als Jurist eigentlich fast alles begründen.“
Doch nach einigen Diskussionen, in die sich auch andere Juristen im Stadtrat einschalteten, war Müller überzeugt, dass Stadtjuristin Tanja Bohnert Recht und dies überzeugend erklärt hat: Das Bürgerbegehren ist rechtlich nicht zulässig, deshalb muss der Stadtrat ablehnen.
Da half auch ein zu Wochenbeginn eingesandter gegenläufiger Brief einer Münchner Rechtsanwaltskanzlei nicht, der nach eigenen Worten für die Bürgerinitiative aus EdekaMitarbeitern arbeitet. Demnach müsse der Stadtrat das Bürgerbegehren zulassen, weil es sich an die Vorgaben halte, welche die Stadt gar nicht zu eng auslegen dürfe.
Während Bohnert durch das Bürgerbegehren den Abwägungsspielraum des Stadtrats unzulässig eingeschränkt sieht, hält der Anwalt dem entgegen, dass das Bürgerbegehren nur das Einleiten eines Verfahrens verlange, in dem der Stadtrat Baurecht für Edeka schaffen soll. Wenn die Stadträte in dem Verfahren zu der Meinung kommen, dass sie dies nicht wollen, dann könnten diese das Verfahren natürlich wieder beenden. Auch Bohnerts Auch Roland Freiberg (BU) störts sich am Vorgehen des Edeka-Konzerns. weitere Argumente lässt der EdekaAnwalt nicht gelten.
„Für uns ändert sich an der Beurteilung nichts“, erwiderte Bohnert – und dies galt offensichtlich auch für die Stadträte. Lediglich Ulrich Jöckel (FDP) störte sich an dem strikten nein. Er forderte, Stadtrat und Verwaltung sollten Edeka ein Entgegenkommen zeigen, um rechtlich einen Weg zu suchen, der den Neubau doch möglich macht.
Diese Forderung nach Sonderbehandlung stieß bei einigen Rednern auf Empörung. Denn das Recht müsse für alle gleich sein, Lindau dürfe dem Druck eines Konzerns nicht nachgeben, nur weil dieser groß ist. Kathrin Dorfmüller, Uwe Birk (beide SPD), Thomas Hummler, Karl Schiober (beide CSU), Roland Freiberg (BU) sowie die Bunten äußerten Verständnis für die Mitarbeiter, die Angst haben, weil sie im Frühjahr ohne Arbeitgeber dastehen. Die Räte stellten aber klar, dass dafür nicht die Stadt verantwortlich sei, sondern Edeka. OB Gerhard Ecker ergänzte auf Nachfrage, dass die Verantwortlichen von Edeka schon kurz nach seinem Amtsantritt den Neubau auf dem Bahlsengelände gefordert haben und trotz mehrfacher Ablehnung darauf bis heute beharren. Mit anderen geeigneten Grundstücken habe sich Edeka dagegen offenbar nicht befasst. „Und jetzt werden die Mitarbeiter vor den Karren gespannt“, schimpfte Freiberg: „Aber ich will hier keine Lex Edeka.“
Edeka dagegen verweist auf die große Zahl Lindauer, die durch ihre Unterschrift zeigten, dass sie Edeka auf dem Bahlsengelände wollen. „Entsprechend bedauern wir die Entscheidung des Stadtrates sehr, die Lindauer darüber nicht im Rahmen eines Bürgerentscheids abstimmen zu lassen“, antwortet Regina Jud von der Pressestelle der Edeka Handelsgesellschaft Südbayern mbH. Jud schreibt auf Anfrage der LZ außerdem, dass Edeka keine Alternative sehe: „Andere geeignete Standorte mit entsprechendem Baurecht stehen – nach eingehender Prüfung – nicht zur Verfügung.“Eine Nachfrage nach rechtlichen Schritten beantwortet Jud nur indirekt: „Selbstverständlich werden wir die Bürgerinitiative bei möglichen weiteren Schritten unterstützen.“Es wird also wohl eine Klage gegen den Beschluss geben.
Bunte fordern strengere Regeln für Bürgerbegehren
Alexander Kiss (BL) und andere Bunte räumten ein, dass sie eigentlich für direkte Demokratie und deshalb für Bürgerbegehren sind. Das gelte aber nicht, wenn ein Konzern dieses Instrument so offensichtlich missbrauchen wolle. Matthias Kaiser fürchtet gar, Bürgerbegehren könnten durch dieses Vorgehen von Edeka Schaden nehmen. Er forderte die Staatsregierung auf, durch gesetzliche Regelungen solches Einwirken eines Unternehmens auf die Bauleitplanung der Städte einzuschränken.
Uwe Birk forderte, Edeka solle das Geld nicht in Kinospots, Plakate und ähnliche Maßnahmen stecken, sondern in Übergangsgeld für die etwa 50 Mitarbeiter: „Für mich ist das ein Armutzeugnis, dass ein Konzern wie Edeka uns hier zwingt, uns mit einem unzulässigen Bürgerbegehren zu befassen. Es ist ein Skandal, was Edeka hier veranstaltet.“
„Jetzt werden die Mitarbeiter vor den Karren gespannt.“