Schöffengericht ermittelt jugendlichen Drogenbesitzer
Ein Auto, vier Jugendliche und rund 80 Gramm Marihuana: Prozess endet mit Jugendhaft
LINDAU - In einem Prozess am Lindauer Amtsgericht wollte niemand der Besitzer einer schwarzen Tasche sein. Denn sie enthielt rund 80 Gramm Marihuana. Der 20-jährige Angeklagte verleugnete sie bis zum Schluss – trotz erheblicher Beweislast.
Die Polizei hatte einen Hinweis erhalten: Jugendliche sollten gerade auf einem Parkplatz in Kaufbeuren Drogen nehmen. Zwei Beamte fuhren dorthin und entdeckten vier Jugendliche, die in einem Auto rauchten. Die Polizisten klopften an die Scheibe und öffnen die Türen. Ihnen strömte ein süßlicher Geruch entgegen, vermutlich Cannabis. Sie durchsuchten die Jugendlichen und das Auto. In einer schwarzen Tasche im Fußraum des Beifahrers fanden die Polizisten rund 80 Gramm Marihuana, im Geldbeutel eines Jugendlichen rund drei Gramm der Droge. Im Prozess beschreibt so einer der Polizisten die Tat.
Auf der Anklagebank des Lindauer Amtsgerichts sitzt der junge Mann, der im vergangenen Dezember auf dem Platz des Beifahrers gesessen hatte. Denn inzwischen ist er von Kaufbeuren nach Lindau gezogen. Aufgrund der Menge geht die Staatsanwaltschaft in ihrer Anklage davon aus, dass der 20-Jährige das Marihuana nicht nur selbst konsumierte, sondern auch damit handelte.
Der Angeklagte will sich zu Beginn der Verhandlung nicht zu den Vorwürfen äußern. Nun sollen die Zeugenaussagen klären, wem die Drogen gehören. Dabei sind die drei anderen Jugendlichen aus dem Auto keine große Hilfe. Einer gibt an, nichts zu wissen, da er später dazukam. Ein anderer erklärt, nichts gehört oder gesehen zu haben. Trotz der Androhung von Beugehaft kann Richterin Brigitte Grenzstein nichts aus ihm herausholen.
Richterin und Schöffen sehen sich die Tüte aus dem Geldbeutel und die Tüten aus der schwarzen Tasche an: Sie sehen gleich aus. Der dritte Jugendliche gibt schließlich zu, eine Tüte Marihuana beim Angeklagten gekauft zu haben. Drei Gramm habe er für 40 Euro beim Angeklagten gekauft und in seinen Geldbeutel gesteckt. Einen weiteren Beweis, dass die Tasche wirklich dem Angeklagten gehört, bringt einer der Polizisten des Tatorts vor: Er habe sie, während er auf das Auto zulief, auf dem Schoß des Angeklagten gesehen.
Damit ist für die Richterin die Beweislage klar. Sie drängt den Angeklagten, ein Geständnis abzulegen. Dieser will sich selbst nach der Besprechung mit seinem Anwalt nicht zur Tat äußern. Die Richterin sagt, der junge Mann sei bereits im vergangenen Jahr wegen des Besitzes von Betäubungsmitteln auffällig gewesen. Bei verpflichtenden Drogentests habe er versucht, mit einem Ballon mit Fremdurin zu betrügen. Außerdem bestand er den Test zwei Mal nicht: Zwei Mal musste er für zwei Wochen in den Jugendarrest. Die Angebote der Jugendhilfe habe er nicht angenommen.
Der Angeklagte sei tief in der Betäubungsmittelszene versunken, habe bis vor Kurzem noch Drogen konsumiert, sein Zustand sei desolat, erklärt die Richterin. Er sei vorverurteilt und habe alle Hilfsangebote in den Wind geschlagen. „Daher sehe ich eine Jugendhaftstrafe als erzieherisch erforderlich“, sagt Richterin Grenzstein. Sie verurteilt den Angeklagten zu einer Jugendhaftstrafe von einem Jahr. Außerdem muss der 20-Jährige die Kosten des Verfahrens tragen.