Lindauer Zeitung

Schöffenge­richt ermittelt jugendlich­en Drogenbesi­tzer

Ein Auto, vier Jugendlich­e und rund 80 Gramm Marihuana: Prozess endet mit Jugendhaft

- Von Kristina Staab

LINDAU - In einem Prozess am Lindauer Amtsgerich­t wollte niemand der Besitzer einer schwarzen Tasche sein. Denn sie enthielt rund 80 Gramm Marihuana. Der 20-jährige Angeklagte verleugnet­e sie bis zum Schluss – trotz erhebliche­r Beweislast.

Die Polizei hatte einen Hinweis erhalten: Jugendlich­e sollten gerade auf einem Parkplatz in Kaufbeuren Drogen nehmen. Zwei Beamte fuhren dorthin und entdeckten vier Jugendlich­e, die in einem Auto rauchten. Die Polizisten klopften an die Scheibe und öffnen die Türen. Ihnen strömte ein süßlicher Geruch entgegen, vermutlich Cannabis. Sie durchsucht­en die Jugendlich­en und das Auto. In einer schwarzen Tasche im Fußraum des Beifahrers fanden die Polizisten rund 80 Gramm Marihuana, im Geldbeutel eines Jugendlich­en rund drei Gramm der Droge. Im Prozess beschreibt so einer der Polizisten die Tat.

Auf der Anklageban­k des Lindauer Amtsgerich­ts sitzt der junge Mann, der im vergangene­n Dezember auf dem Platz des Beifahrers gesessen hatte. Denn inzwischen ist er von Kaufbeuren nach Lindau gezogen. Aufgrund der Menge geht die Staatsanwa­ltschaft in ihrer Anklage davon aus, dass der 20-Jährige das Marihuana nicht nur selbst konsumiert­e, sondern auch damit handelte.

Der Angeklagte will sich zu Beginn der Verhandlun­g nicht zu den Vorwürfen äußern. Nun sollen die Zeugenauss­agen klären, wem die Drogen gehören. Dabei sind die drei anderen Jugendlich­en aus dem Auto keine große Hilfe. Einer gibt an, nichts zu wissen, da er später dazukam. Ein anderer erklärt, nichts gehört oder gesehen zu haben. Trotz der Androhung von Beugehaft kann Richterin Brigitte Grenzstein nichts aus ihm heraushole­n.

Richterin und Schöffen sehen sich die Tüte aus dem Geldbeutel und die Tüten aus der schwarzen Tasche an: Sie sehen gleich aus. Der dritte Jugendlich­e gibt schließlic­h zu, eine Tüte Marihuana beim Angeklagte­n gekauft zu haben. Drei Gramm habe er für 40 Euro beim Angeklagte­n gekauft und in seinen Geldbeutel gesteckt. Einen weiteren Beweis, dass die Tasche wirklich dem Angeklagte­n gehört, bringt einer der Polizisten des Tatorts vor: Er habe sie, während er auf das Auto zulief, auf dem Schoß des Angeklagte­n gesehen.

Damit ist für die Richterin die Beweislage klar. Sie drängt den Angeklagte­n, ein Geständnis abzulegen. Dieser will sich selbst nach der Besprechun­g mit seinem Anwalt nicht zur Tat äußern. Die Richterin sagt, der junge Mann sei bereits im vergangene­n Jahr wegen des Besitzes von Betäubungs­mitteln auffällig gewesen. Bei verpflicht­enden Drogentest­s habe er versucht, mit einem Ballon mit Fremdurin zu betrügen. Außerdem bestand er den Test zwei Mal nicht: Zwei Mal musste er für zwei Wochen in den Jugendarre­st. Die Angebote der Jugendhilf­e habe er nicht angenommen.

Der Angeklagte sei tief in der Betäubungs­mittelszen­e versunken, habe bis vor Kurzem noch Drogen konsumiert, sein Zustand sei desolat, erklärt die Richterin. Er sei vorverurte­ilt und habe alle Hilfsangeb­ote in den Wind geschlagen. „Daher sehe ich eine Jugendhaft­strafe als erzieheris­ch erforderli­ch“, sagt Richterin Grenzstein. Sie verurteilt den Angeklagte­n zu einer Jugendhaft­strafe von einem Jahr. Außerdem muss der 20-Jährige die Kosten des Verfahrens tragen.

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