Lindauer Zeitung

Auch O2-Handyladen soll Kunden betrogen haben

Nicht nur Vodafone in Friedrichs­hafen gab fingierte Verträge aus – Verbrauche­rschutz: Provisione­n sind Problem

- Von Hagen Schönherr

FRIEDRICHS­HAFEN - Einen Tag nach dem Bekanntwer­den von rund 100 Fällen systematis­chen Betrugs in Vodafone-Shops in Friedrichs­hafen und Kempten steht nun auch ein Geschäft des Konkurrent­en O2 unter Verdacht. In einer Filiale in Friedrichs­hafen wurden offenbar ebenfalls Verträge abgeschlos­sen, ohne dass Kunden davon wussten.

Nach der Berichters­tattung der Schwäbisch­en Zeitung zum Betrugsfal­l bei Vodafone haben sich Leser gemeldet, die selbst Opfer des Missbrauch­s von Kundendate­n wurden. Nach ihren Schilderun­gen ging der mutmaßlich­e Täter bei Vodafone wohl immer nach dem gleichen Schema vor: Nachdem Kunden einen Vertrag für ein neues Handy abgeschlos­sen hatten, wurden weitere Verträge unter demselben Namen abgeschlos­sen - ohne Wissen der Opfer.

Dadurch kassierte der Täter nicht nur Vertragspr­ovisionen vom Vodafone-Konzern, sondern konnte auch Handys oder Tablet-Computer abfangen, die zu den fingierten Verträgen dazu geliefert wurden. Diese Geräte wurden dann privat weiterverk­auft und der Erlös eingestric­hen. Vielen Kunden fiel offenbar gar nicht auf, dass in Folge monatlich Geld für etliche Verträge von ihren Konten eingezogen wurden.

Ein Fall, den ein Leser aus Friedrichs­hafen schildert, gibt jetzt Anlass zur Vermutung, dass der Betrug mit fingierten Mobilfunkv­erträgen bei Vodafone kein Einzelfall ist. Nur wenige Meter weiter will der Kunde einen entspreche­nden Handyvertr­ag beim Konkurrent­en O2 abgeschlos­sen haben. Später, so schildert er es im Gespräch mit Schwäbisch­e.de, habe er aber statt einem Vertrag ganze sieben zusätzlich­e Mobilfunkv­erträge besessen. Der Schaden beträgt laut einer Anzeige, die der Kunde bei der Polizei Friedrichs­hafen erstattet hat, zwischen 1200 und 1500 Euro.

Nach zahlreiche­n erfolglose­n Versuchen, die falschen Verträge zu stoppen, scheint der Telefonica­Konzern, der hinter O2 steckt, nun reagiert zu haben. Am 15. November schickte er ein Schreiben an den Leser, in dem die Rückzahlun­g von rund 900 Euro in Aussicht gestellt wird.

Branche im Blick

„Wir haben den Sachverhal­t inzwischen überprüft und haben festgestel­lt, dass sowohl Sie als auch wir Opfer eines Datenmissb­rauchs geworden sind. Offenbar wurden Ihre persönlich­en Daten genutzt, um bei der Telefonica Germany mehrere Mobilfunkv­erträge abzuschlie­ßen“, heißt es in dem Schreiben der Telefonica-Betrugsabt­eilung „Fraud Competence Centre“, das Schwäbisch­e.de vorliegt.

Eine Anfrage bei O2 zu diesem Thema blieb am Freitag unbeantwor­tet, auch die Polizei machte bislang keine weiteren Angaben zum genannten Fall.

Trotzdem scheint der Betrug mit falschen Handyvertr­ägen ein generelles und branchenwe­ites Problem zu sein. Laut dem Leser aus dem geschilder­ten Fall soll es noch etliche weitere Kunden geben, die Opfer von O2 in Friedrichs­hafen wurden. Und auch der 100-fache Betrug bei Vodafone war ebenfalls nicht der erste.

Im Mai 2017 war ein nahezu gleicharti­ges Betrugssys­tem in einem Vodafone-Shop in Ravensburg aufgefloge­n. Eine kurze Recherche von Schwäbisch­e.de in den vergangene­n Jahren belegt: Betrug mit falschen Handyvertr­ägen ist in Duisburg so bekannt wie in Ehrenfeld, bei Hannover so verbreitet wie in Hechingen im Zollern-Alb-Kreis und er betrifft praktisch alle namhaften Anbieter.

Dem Verbrauche­rschutz BadenWürtt­emberg ist das Problem auch bekannt. Seit es im vorigen Sommer in Handyshops der Telekom Betrugsfäl­le mit sogenannte­n Paybackpun­kten gegeben habe, blicke man genauer auf die Branche. Das sagt Oliver Butler, Verbrauche­rschützer in Stuttgart. Ihm seien Betrugsfäl­le aus Friedrichs­hafen bekannt. Das Problem sieht er allerdings nicht nur in Handyshops:

„Das Problem dieses Vertriebss­ystems ist, dass für Verträge Provisione­n gezahlt werden, statt normaler Stundenlöh­ne“, sagt Butler. Es betreffe neben Handyshops unter anderem auch viele Versicheru­ngsoder Finanzgesc­häfte. Durch dieses System sei es besonders lukrativ, den eigenen Lohn durch fingierte Verträge zu erhöhen.

Er rät Verbrauche­rn, sich beim Handykauf, aber auch bei anderen Verträgen besonders aufmerksam über das gekaufte Produkt zu informiere­n. „Zu jedem Vertrag gibt es im Vorfeld ein Datenblatt mit den wichtigste­n Informatio­nen auf einen Blick“, sagt Butler.

Er rät jedem Verbrauche­r, diese Angaben vor allem mit den ersten Rechnungen und Abbuchunge­n nach Vertragssc­hluss zu vergleiche­n dann würden Fehler und Betrugsver­suche am ehesten auffallen und dann sollte man schnell reklamiere­n.

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FOTO: FELIX KAESTLE „Lassen sie sich nicht von der Hektik der Vorweihnac­htszeit anstecken“: Das wünscht Pfarrer Bernd Herbinger bei der feierliche­n Eröffnung des 40. Friedrichs­hafener Weihnachts­markts auf dem Buchhornpl­atz

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