Jüngste Preisträgerin aller Zeiten
Sozialistenhut: SPD-Kreisverband zeichnet Johanna Uekermann aus
LINDENBERG - Der Laudator war zwar nicht anwesend, aber dennoch für alle gut zu sehen und zu hören. Bei der Sozialistenhutverleihung des SPD-Kreisverbandes in Lindenberg wurde Ralf Stegner per Internet-Video-Telefonat live aus Berlin zugeschaltet. Wegen der Groko-Gespräche der SPD-Bundesspitze war der Vorjahrespreisträger in der Hauptstadt kurzfristig unabkömmlich.
„Eine Präsidiumssitzung ist doch a bissl wichtiger als der Sozialistenhut“, räumte SPD-Kreisvorsitzender Leo Wiedemann ein. Dafür versprach Stegner, nächstes Jahr im Landtagswahlkampf nach Lindenberg zu kommen. Dem feierlichen Rahmen tat seine Abwesenheit aber keinen Abbruch: Die Übertragung funktionierte einwandfrei.
Und irgendwie passte der Einsatz der modernen Technik ja auch zu der Tatsache, dass heuer die jüngste Sozialistenhutträgerin aller Zeiten gekürt wurde: Johanna Uekermann, 30 Jahre alt, Lehrertochter aus Straubing, bis vor Kurzem Bundesvorsitzende der Jusos, stellvertretende Vorsitzende der Bayern-SPD – und ambitioniert, demnächst einen Platz im Bundesvorstand der Sozialdemokraten einzunehmen.
Wenn es nach Ralf Stegner geht, dann wird sich dieses Vorhaben auch erfüllen: „Du bist eine tolle junge Frau mit Mut und Entschlossenheit, eine Kämpfernatur, der ohne Wenn und Aber die Zukunft gehört in der deutschen Sozialdemokratie. Wir können dich besonders gut in der Parteiführung brauchen in einer Zeit, in der es darauf ankommt.“Wer in Bayern als Sozialdemokrat politisch sozialisiert werde, der sei „gestählt fürs Leben“– und das treffe auf Uekermann in besonderem Maße zu. Sie habe nicht nur vier Jahre lang die 70 000 Jusos erfolgreich geführt, sondern immer Haltung bewahrt und auch den Mut gehabt, sich mit denen anzulegen, die mehr Macht haben – zum Beispiel 2015 mit dem damaligen Parteichef Sigmar Gabriel. „Die Jusos müssen uns Dampf machen und ab und zu der Mutterpartei in den Hintern treten“, hob Stegner hervor und ergänzte: „Du stehst für gute, linke Politik.“
Für welche Politik sie steht, machte Uekermann, die extra mit dem Zug aus Berlin nach Lindenberg gekommen ist, anschließend mit klaren Worten deutlich. Sie geißelte die Entlassungen, die Firmen wie Siemens trotz Milliardengewinnen anordnen, als „verantwortungslos“und forderte eine gerechte Bildungspolitik, in der Kinder aus allen Schichten die gleiche Chance haben müssen. Nach den gescheiterten JamaikaSondierungsgesprächen attestierte sie Christian Lindner, „noch showgeiler als machtgeiler“zu sein und sagte: „Frau Merkel ist gescheitert.“Die 30-Jährige, die dem linken Flügel der SPD zuzurechnen ist, sprach sich entschieden gegen eine erneute Auflage der Großen Koalition aus. Sie plädiert stattdessen dafür „andere Wege auszuprobieren“und eine Minderheitenregierung zu wagen. Das sei eine Chance für alle Parteien, auch mal wieder um politische Positionen zu streiten. Zumal die SPD nicht der AfD die Oppositionsführerschaft überlassen könne, wie es bei einer Groko der Fall wäre. „Mich schockt es heute noch, dass Rassisten und Faschisten im Bundestag sitzen.“
Die gut 100 Besucher auf dem Kulturboden erfuhren aber auch, dass Renate Schmitt ihr erstes politisches Vorbild war („die fand ich immer richtig cool“), sie früher „lieber zu SPD-Veranstaltungen als zu Kindergeburtstagen gegangen“ist und aus Protest gegen die Studiengebühren der SPD beigetreten ist.