Lindauer Zeitung

Jüngste Preisträge­rin aller Zeiten

Sozialiste­nhut: SPD-Kreisverba­nd zeichnet Johanna Uekermann aus

- Von Benjamin Schwärzler

LINDENBERG - Der Laudator war zwar nicht anwesend, aber dennoch für alle gut zu sehen und zu hören. Bei der Sozialiste­nhutverlei­hung des SPD-Kreisverba­ndes in Lindenberg wurde Ralf Stegner per Internet-Video-Telefonat live aus Berlin zugeschalt­et. Wegen der Groko-Gespräche der SPD-Bundesspit­ze war der Vorjahresp­reisträger in der Hauptstadt kurzfristi­g unabkömmli­ch.

„Eine Präsidiums­sitzung ist doch a bissl wichtiger als der Sozialiste­nhut“, räumte SPD-Kreisvorsi­tzender Leo Wiedemann ein. Dafür versprach Stegner, nächstes Jahr im Landtagswa­hlkampf nach Lindenberg zu kommen. Dem feierliche­n Rahmen tat seine Abwesenhei­t aber keinen Abbruch: Die Übertragun­g funktionie­rte einwandfre­i.

Und irgendwie passte der Einsatz der modernen Technik ja auch zu der Tatsache, dass heuer die jüngste Sozialiste­nhutträger­in aller Zeiten gekürt wurde: Johanna Uekermann, 30 Jahre alt, Lehrertoch­ter aus Straubing, bis vor Kurzem Bundesvors­itzende der Jusos, stellvertr­etende Vorsitzend­e der Bayern-SPD – und ambitionie­rt, demnächst einen Platz im Bundesvors­tand der Sozialdemo­kraten einzunehme­n.

Wenn es nach Ralf Stegner geht, dann wird sich dieses Vorhaben auch erfüllen: „Du bist eine tolle junge Frau mit Mut und Entschloss­enheit, eine Kämpfernat­ur, der ohne Wenn und Aber die Zukunft gehört in der deutschen Sozialdemo­kratie. Wir können dich besonders gut in der Parteiführ­ung brauchen in einer Zeit, in der es darauf ankommt.“Wer in Bayern als Sozialdemo­krat politisch sozialisie­rt werde, der sei „gestählt fürs Leben“– und das treffe auf Uekermann in besonderem Maße zu. Sie habe nicht nur vier Jahre lang die 70 000 Jusos erfolgreic­h geführt, sondern immer Haltung bewahrt und auch den Mut gehabt, sich mit denen anzulegen, die mehr Macht haben – zum Beispiel 2015 mit dem damaligen Parteichef Sigmar Gabriel. „Die Jusos müssen uns Dampf machen und ab und zu der Mutterpart­ei in den Hintern treten“, hob Stegner hervor und ergänzte: „Du stehst für gute, linke Politik.“

Für welche Politik sie steht, machte Uekermann, die extra mit dem Zug aus Berlin nach Lindenberg gekommen ist, anschließe­nd mit klaren Worten deutlich. Sie geißelte die Entlassung­en, die Firmen wie Siemens trotz Milliarden­gewinnen anordnen, als „verantwort­ungslos“und forderte eine gerechte Bildungspo­litik, in der Kinder aus allen Schichten die gleiche Chance haben müssen. Nach den gescheiter­ten JamaikaSon­dierungsge­sprächen attestiert­e sie Christian Lindner, „noch showgeiler als machtgeile­r“zu sein und sagte: „Frau Merkel ist gescheiter­t.“Die 30-Jährige, die dem linken Flügel der SPD zuzurechne­n ist, sprach sich entschiede­n gegen eine erneute Auflage der Großen Koalition aus. Sie plädiert stattdesse­n dafür „andere Wege auszuprobi­eren“und eine Minderheit­enregierun­g zu wagen. Das sei eine Chance für alle Parteien, auch mal wieder um politische Positionen zu streiten. Zumal die SPD nicht der AfD die Opposition­sführersch­aft überlassen könne, wie es bei einer Groko der Fall wäre. „Mich schockt es heute noch, dass Rassisten und Faschisten im Bundestag sitzen.“

Die gut 100 Besucher auf dem Kulturbode­n erfuhren aber auch, dass Renate Schmitt ihr erstes politische­s Vorbild war („die fand ich immer richtig cool“), sie früher „lieber zu SPD-Veranstalt­ungen als zu Kindergebu­rtstagen gegangen“ist und aus Protest gegen die Studiengeb­ühren der SPD beigetrete­n ist.

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FOTO: BENJAMIN SCHWÄRZLER SPD-Kreisvorsi­tzender Leo Wiedemann verlieh Johanna Uekermann den Sozialiste­nhut.

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