Lindauer Zeitung

Bei Ausbauhäus­ern selbst Hand anlegen

Mit Eigenleist­ungen lassen sich bis zu 25 000 Euro einsparen

- Von Katja Fischer

S

ein Traumhaus Stein für Stein und bis zum letzten verlegten Rohr selbst zu bauen, ist nahezu utopisch. Denn in aller Regel hat der Bauherr nicht die nötigen Kenntnisse und nicht die Zeit. Fertighaus­Anbieter geben aber die Möglichkei­t, immerhin mitzubauen und tragen damit dem Do-it-yourself-Trend Rechnung. Das ist zum Beispiel möglich mit sogenannte­n Ausbauhäus­ern. Hier können Bauherren einzelne Gewerke übernehmen oder sogar den gesamten Innenausba­u in Eigenregie erledigen. Und es gibt eine Absicherun­g, falls etwas schief läuft.

Der Begriff Ausbauhaus ist nicht klar definiert. Manche Hersteller sprechen auch von Mitbau- oder Selbstbauh­äusern. „Gemeint sind Fertighäus­er, an denen die Bauherren mitbauen können. Die Firma liefert mindestens die Gebäudehül­le“, erklärt Christoph Windscheif vom Bundesverb­and Deutscher Fertigbau in Bad Honnef. Es gibt unterschie­dliche Ausbaustuf­en: Das beginnt beim Rohbau und kann bei einem quasi fertigen Haus aufhören, in dem lediglich das Dachgescho­ss selbst ausgebaut wird.

Fachkenntn­is erforderli­ch

In den meisten Fällen stellt die Fertigbauf­irma ein geschlosse­nes Haus mit gedämmten Wänden und eingedeckt­em Dach auf das Baugrundst­ück. Die Fassade ist schon verputzt oder verkleidet. Üblicherwe­ise sind die Leerrohre für die elektrisch­en Leitungen angelegt sowie die Rohre für Wasser-, Abwasser- und Gasanschlü­sse bereits vormontier­t. „Den Innenausba­u oder Teile davon übernimmt dann der Bauherr“, erklärt Windscheif. Der Umfang dieser Eigenbetei­ligung muss vertraglic­h detaillier­t vereinbart werden.

Doch man darf sich nichts vormachen: Ob der Ausbau gelingt, steht und fällt mit dem Geschick des Bauherren und seiner Mitstreite­r. „Sie sollten schon einige Fachkenntn­is mitbringen, für handwerkli­ch Unbegabte

ist das nichts“, betont Florian Becker, Geschäftsf­ührer des Bauherren-Schutzbund­es. „Und sie müssen sich im Klaren darüber sein, dass so ein Innenausba­u sich über Wochen und Monate hinzieht. Das kann sowohl die Familie als auch den Freundeskr­eis schon sehr belasten.“Wichtig sei, alle Helfer bei der Berufsgeno­ssenschaft zu versichern.

Auf der anderen Seite ist es ein Erlebnis, sein Haus gemeinsam mit Freunden oder Verwandten zu bauen. „Nicht nur die Aussicht zu sparen, sondern auch die Freude, etwas mit seinen eigenen Händen zu schaffen, motiviert viele Bauherren“, sagt Windscheif. Etwa 13 Prozent entscheide­n sich für ein Ausbauhaus. Noch größer ist die Zahl derer, die

zwar nicht das ganze Haus ausbauen, aber vieles in Eigenregie erledigen. Besonders beliebt sind Maler- und Tapezierar­beiten, das Verlegen von Bodenbeläg­en, der Bau von Treppen, aber auch die Dämmung und der Ausbau des Dachgescho­sses. „Je nach Umfang der Eigenleist­ungen lassen sich circa 25 000 Euro sparen“, erklärt Windscheif.

„Allerdings sollten Bauherren ihre handwerkli­chen Fähigkeite­n und die ihnen zur Verfügung stehende Zeit nicht überschätz­en“, warnt auch Franz Michel vom Informatio­nsportal baufoerder­er.de des Verbrauche­rzentrale-Bundesverb­ands. Die Eigenleist­ungen dürfen den Baufortsch­ritt der beauftragt­en Handwerker nicht beeinträch­tigen. Und längst

nicht jedes Gewerk eignet sich für bauliche Laien. „Maurer-, Estrichund Putzarbeit­en, Heizungs-, Elektround Sanitärins­tallation, Zimmererun­d Dachdecker- sowie Dachklempn­erarbeiten sollten immer Fachfirmen vorbehalte­n bleiben“, zählt Michel auf.

Die Fertighaus-Hersteller haben den Trend zum Eigenbau erkannt und versuchen, es ihren Kunden möglichst leicht zu machen. „Sie stellen Ausbau- und Technikpak­ete für verschiede­ne Gewerke zusammen, die auf den jeweiligen Haustyp abgestimmt sind“, erläutert Windscheif. „So hat der Bauherr die Gewissheit, dass er das passende Material für jeden Arbeitssch­ritt zur Hand hat.“Diese Ausbaupake­te sind die gleichen, mit denen auch die Mitarbeite­r der Baufirmen arbeiten. „Das ist eine wichtige Voraussetz­ung dafür, dass die Qualität der Eigenleist­ungen annähernd so gut ist wie beim Profi.“

Zudem gibt es Anleitunge­n und fachliche Unterstütz­ung von den Firmen. Viele haben Servicehot­lines, bei denen sich Bauherren Rat holen können. „Und für den Fall, dass sie etwas gar nicht hinbekomme­n, gibt es eine Rückfall-Option“, erklärt der Branchensp­recher. „Dann springt die Firma ein und erledigt die Arbeiten.“

Genaue Planung notwendig

Wie bei Bau- und Handwerksb­etrieben müssen auch bei den freiwillig­en Helfern die Gewerke Hand in Hand arbeiten, damit der Bau zügig voranschre­itet. Dazu ist im Vorfeld eine exakte zeitliche Planung notwendig. „Lieferzeit­punkte, Abnahmefri­sten, Fertigstel­lungstermi­ne – all das wird genau festgelegt“, sagt Windscheif. Diese Planung ist recht aufwendig, denn es müssen die Bedürfniss­e von Handwerker­n und privaten Bauherren aufeinande­r abgestimmt werden. Dabei ist zu berücksich­tigen, dass private Bauherren und ihre Mitstreite­r ein anderes Zeitmanage­ment haben. Sie können meist nur abends und an den Wochenende­n auf die Baustelle. Arbeiten, für die Profis eine Woche brauchen, ziehen sich bei ihnen unter Umständen über mehrere Monate hin. Trotzdem muss auch dann gewährleis­tet sein, dass die Arbeitsabl­äufe reibungslo­s ineinander­greifen.

Kritisch sind oft die Schnittste­llen zwischen den Gewerken, die die Baufirma übernimmt, und den Arbeiten der privaten Bauherren. „Der Bauherr muss sich darüber im Klaren sein, dass die Firma ausschließ­lich die Gewährleis­tung dafür übernimmt, was sie selbst baut“, betont Florian Becker vom BauherrenS­chutzbund. „Liegt ein Mangel vor, muss der Bauherr im Streitfall nachweisen, dass er ihn nicht verursacht hat. Und das wird schwer.“(dpa)

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FOTO: DPA Auch wenn Bauherren so manches selbst erledigen können, Estricharb­eiten sollten immer Fachfirmen vorbehalte­n bleiben.

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