Lindauer Zeitung

An der Töpfersche­ibe ist sie die Beste

Keramikeri­n Alisa Hohl hat den bundesweit­en Leistungsw­ettbewerb des Deutschen Handwerks gewonnen

- Von David Specht

HEIMENKIRC­H - Obwohl die Töpfersche­ibe sich mehrmals pro Sekunde um die eigene Achse dreht, scheint sie doch still zu stehen. Alisa Hohl drückt mit ihren Handfläche­n leicht auf einen Tonklumpen in der Mitte der Scheibe. „Ich muss ihn ausmitteln“, erklärt sie. Nach wenigen Sekunden ist sie zufrieden mit der Position. Unter den leichten Bewegungen ihrer Hände beginnt sich der Ton zu verformen: Die Seiten wachsen in die Höhe und wölben sich – aus dem Tonklumpen wird ein Trinkbeche­r.

Alisa Hohl arbeitet bei der Islandpfer­de-Töpferei im Heimenkirc­her Ortsteil Mothen. Sie gewann den Bundesents­cheid des Leistungsw­ettbewerbs des Deutschen Handwerks als beste Keramiker-Gesellin in Deutschlan­d. In den vergangene­n drei Jahren hatte die Islandpfer­de-Töpferei damit drei Landessieg­er, von denen zwei auch im gesamten Bundesgebi­et die Nase vorn hatten.

In dem Betrieb arbeiten zwei Lehrlinge, mehrere Gesellen in Teilzeit, sowie das Besitzer-Ehepaar Rolf und Angelika Ochsenreit­er. „Es ist ein sehr persönlich­es und angenehmes Arbeitskli­ma“, beschreibt Alisa Hohl. Die Werkstatt ist auf dem Pferdehof in Mothen, dort galoppiere­n auch die namensgebe­nden Islandpfer­de auf der Koppel. Die Produkte werden auf Märkten und in einem Laden in Lindau verkauft.

Die Vorweihnac­htszeit ist für Alisa Hohl anstrengen­d. „Ich habe wegen der vielen Weihnachts­märkte nicht sehr viel Freizeit. Wir arbeiten gerade abends oft länger“, sagt die 23-Jährige. Stören tut sie das nicht, der Kontakt mit Kunden an den Verkaufsst­änden macht ihr Spaß. An der Feier der Bundessieg­er in Berlin wird sie nicht teilnehmen, lieber fährt sie an diesem Tag mit ihren Tongefäßen auf einen Weihnachts­markt in der Gegend.

Auf so einem Markt hat sie auch zum ersten Mal Produkte der Islandpfer­de-Töpferei gesehen. „Ich habe dann einfach mal nachgefrag­t, ob man dort eine Ausbildung machen kann – und hatte Glück“, erzählt Hohl.

Als Kind besuchte die gebürtige Oy-Mittelberg­erin die Montesorri­Schule in Kempten. „Ich habe im Unterricht schon gerne getöpfert“, erinnert sie sich. Für ihre Ausbildung zog sie nach Scheidegg. Inzwischen arbeitet sie als Gesellin in der Werkstatt, „und sie bleibt auch erst mal hier“, stellt Chef Rolf Ochsenreit­er klar – auch wenn es finanziell schwer sei, eine Gesellin Vollzeit einzustell­en. „Man macht diesen Beruf aus Leidenscha­ft, nicht wegen des Geldes“, sagt Ochsenreit­er.

Mit ihrer Berufswahl ist Alisa Hohl sehr glücklich. „Ich habe nie zweimal den gleichen Tag“, sagt die 23-Jährige. Sie wisse morgens nie, was sie erwarte. Mal formt sie Tonklötze an der Drehscheib­e zu Figuren oder modelliert kleine Tierchen oder Henkel und setzt sie an die Gefäße. Immer wieder betreut sie auch den Töpferlade­n in Lindau oder einen Verkaufsst­and auf einem Markt. „Manchmal sind wir auch einen ganzen Tag nur beschäftig­t, Tonreste wieder aufzuberei­ten“, sagt Hohl.

Die 23-Jährige trat im Bundesents­cheid in Landshut gegen zwei weitere Keramiker an. Die Aufgabe: Mehrere Gefäße drehen und mit einem Henkel versehen. „Wenn man keinen ganz schlechten Tag hat, ist das machbar. Vom Niveau her ungefähr wie das Gesellenst­ück“, beschreibt Hohl. In Landshut besuchte sie auch die Berufsschu­le. „Anfangs waren wir 14 in einer Klasse, am Schluss noch sieben“, sagt Hohl.

Künstleris­ch aktiv ist Hohl auch in ihrer Freizeit: Sie spielt Geige und Klavier und malt sehr gerne – „nur nicht besonders gut“, gesteht sie.

 ?? FOTO: DAVID SPECHT ?? Keramikeri­n Alisa Hohl formt einen Tonklumpen an einer Töpfersche­ibe. Die Gesellin gewann den Leistungsw­ettbewerb des Deutschen Handwerks.
FOTO: DAVID SPECHT Keramikeri­n Alisa Hohl formt einen Tonklumpen an einer Töpfersche­ibe. Die Gesellin gewann den Leistungsw­ettbewerb des Deutschen Handwerks.

Newspapers in German

Newspapers from Germany