Söders Stühlerücken
Wer wird was im neuen Kabinett? – Neben Lokalproporz ist die Frauenquote ein Faktor
MÜNCHEN (lby) - Ein neuer Ministerpräsident bedeutet auch automatisch ein neues Kabinett. Die Amtsübergabe von Horst Seehofer an Markus Söder bei der CSU könnte deshalb die Staatsregierung massiv durcheinander wirbeln.
Am Tag nach dem CSU-Erbfolgewunder war für Seehofer und Söder fast wieder Regierungsalltag angesagt: Die beiden Ministerpräsidenten, der alte und der designierte, saßen sich am ovalen Kabinettstisch in der Staatskanzlei quasi direkt gegenüber. Nach einem demonstrativen Händeschütteln der Alphatiere nahm Seehofer Platz auf seinem Chefsessel – noch. Nachfolger Söder zog es auf seinen Stammplatz als Finanzminister – noch.
Im Frühjahr wird er in der Staatskanzlei Hausherr sein und Seehofers Büro übernehmen, so haben es CSULandtagsfraktion und Parteivorstand entschieden. Ob er das Gebäude deshalb jetzt mit einem anderen Gefühl betritt? „Nein, ich gehe als Minister heute rein“, sagte Söder. „Und Horst Seehofer ist Ministerpräsident.“
Im Frühjahr wird Söder den Platz wechseln. Doch es muss mehr passieren – das verlangt die Verfassung: „Der Rücktritt des Ministerpräsidenten hat den Rücktritt der Staatsregierung zur Folge“, heißt es in Artikel 44. Am Tag seines Triumphs hat der Franke aber keinen Gedanken daran verschwendet: „Mit solchen Fragen beschäftigt sich heute noch keiner“, sagte Söder.
Trotzdem deuten sich schon viele Veränderungen für das Kabinett der Zukunft an. Auch, weil die Liste derer, die auf eine Belohnung für ihre bisherige Treue warten, sehr lang ist.
Zweifelsohne an gleicher Stelle wieder am Kabinettstisch Platz nehmen wird Innenminister Joachim Herrmann. Nach seinem nur halbfreiwilligen Verzicht (zugunsten der Partei) auf die Spitzenkandidatur (zugunsten Söders) und einen möglichen Wechsel nach Berlin (zugunsten Seehofers) ist der 61-jährige Franke gesetzt. Er kann nicht nur auf eine große Erfahrung verweisen, Partei und Fraktion sind ihm auch was schuldig. Söder selbst spricht schon von einer „absoluten Stärkung“. Ob das Trostpflaster reicht, um Herrmanns Wunden zu heilen, ist offen.
Einen Ministerplatz dürfte auch Söders Staatssekretär Albert Füracker sicher haben. Der Oberpfälzer gilt als treuer Unterstützer Söders, außerdem kennt er das Haus bereits bestens. Fürackers Minister-Perspektive dürfte jedoch die Chancen von Emilia Müller senken, erneut als Sozialministerin im Kabinett vertreten zu sein. Über den Verbleib der Oberpfälzerin wurde schon im Zuge von Seehofers angekündigter Kabinettsumbildung viel spekuliert.
Aigner ist doppelt im Gespräch
Letztlich könnte ihr aber die schon jetzt sehr geringe Zahl an Frauen zugutekommen, denn auch hinter Wirtschaftsministerin Ilse Aigner steht ein Fragezeichen. Die Oberbayerin und ausgewiesene SöderKritikerin dürfte ohne Frage gesetzt sein, sofern sich nicht andere Gerüchte aus Berlin bestätigen – denn in Berlin wird Aigner bereits wieder für einen Ministerposten gehandelt. Und in München als potenzielle neue Landtagspräsidentin.
Sollte dies so geschehen, würde es beinahe Jobgarantien für die Oberfränkin und sogar schon für Söders Grippeimpfungen zuständige Melanie Huml (Gesundheitsministerin), die Oberbayerin Ulrike Scharf (Umwelt) und die Schwäbin Beate Merk (Europa) bedeuten. Denn neben dem Lokalproporz als ungeschriebenes Gesetz ist auch die Frauenquote im Kabinett ein wichtiger Faktor.
Und die anderen Minister? Staatskanzleiminister Marcel Huber (Oberbayern) gilt als emsiger Arbeiter, der das Haus bestens im Griff hat. Dies dürfte Söder gut passen, da er sich im Wahlkampf nicht immer persönlich um alles kümmern kann. Justizminister Winfried Bausback (Unterfranken) gilt auch als unauffälliger Arbeiter, sein Vorteil ist zudem, dass geeignete Juristen generell rar in der CSU gesät sind.
Bleiben noch Helmut Brunner (Agrar) und Ludwig Spaenle (Kultus). Sollte sich der 63-jährige Brunner gegen eine weitere Amtszeit entscheiden, müsste Söder nach einem anderen Niederbayern Ausschau halten – eine besonders schwere Aufgabe. Beim Münchner Spaenle ist das anders – hinter ihm lauert aber mit dem auch aus München stammenden Georg Eisenreich einer der größten Seehofer-Kritiker auf eine Beförderung.