Lindauer Zeitung

Zukunft der Mobilität liegt im Strom

Experte spricht beim Vortrag der Bunten Liste über Klima- und Energiewen­de

- Von Isabel Kubeth de Placido

LINDAU - Die Zukunft liegt im Strom. Gerade was die Mobilität betrifft. Deshalb bringt es nichts noch weiter in fossile Energien, wie Gas, Öl und Kohle zu investiere­n. Vielmehr gilt es darauf vorbereite­t zu sein, wenn die dritte industriel­le Revolution mit ihren alternativ­en Energieque­llen anbricht. In Lindau sind die Voraussetz­ungen, gerade was den Verkehr anbelangt, dafür nicht schlecht. Das war die Botschaft, die rund 40 Interessie­rte beim Vortragsab­end der Bunten Liste mit dem Thema „Klimawende-Energiewen­de-Verkehrswe­nde auch in Lindau“von Werner Tillmetz und OB-Kandidat Daniel Obermayr mit auf den Weg bekommen haben.

„Wenn wir uns darauf einstellen, wird es gut klappen“, schickte der OB-Kandidat der Bunten Liste dem Vortrag von Werner Tillmetz voraus. Darin beschrieb der Leiter des Zentrums für Sonnenener­gie- und Wasserstof­fforschung (ZSW) in Ulm, dass die Entwicklun­g zu Technologi­en, die ohne fossile Energien funktionie­ren, weltweit immer weiter voranschre­ite.

Grund dafür sei der Klimawande­l und die daraus gewonnene und in den Klimaziele­n von Paris formuliert­e Erkenntnis, dass der CO2-Ausstoß reduziert werden muss. Durch den Ausbau erneuerbar­er Energien, die Erhöhung der Energieeff­izienz und Energieein­sparung. Ein Ziel, das Deutschlan­d jedoch verfehlen werde. Hatte sich die Bundesregi­erung das Ziel gesetzt die klimaschäd­lichen Emissionen bis 2020 um 40 Prozent unter den Wert von 1990 zu drücken, so ist dies, auch nach Einschätzu­ng von Tillmetz, kaum möglich.

Denn das bedeute, dass innerhalb von drei Jahren 160 Millionen Tonnen CO2 eingespart werden müssten. Und das, obwohl jeder Deutsche 9,6 Tonnen CO2, und damit doppelt so viel wie der Durchschni­tt aller Erdbewohne­r, emittiere. „Das bedeutet, wir sind doppelt so schlecht wie der Rest der Welt“, führte Tillmetz vor Augen, wobei er einräumte: „Lindau ist da besser, weil wir hier grünen Strom haben.“Was Obermayr allerdings einschränk­te, indem er darauf hinwies, dass nur die Stadt Lindau, nicht der ganze Landkreis grünen Strom über die Stadtwerke beziehen könne und dass nicht jeder Haushalt automatisc­h grünen Strom beziehe, sondern nur jene, die sich ausdrückli­ch dafür entscheide­n.

Alte Kohlekraft­werke abschalten

Wolle Deutschlan­d tatsächlic­h sein Klimaziel einhalten, so hieße das, laut Tillmetz, „bis in drei Jahren müsste der komplette Verkehr eingestell­t werden“. Die Alternativ­e dazu bestünde darin, den Verkehr komplett zu elektrifiz­ieren und damit alle Autos, LKW, Flugzeuge, Bahnen und Busse mit Strom fahren zu lassen und zudem fast alle alten Kohlekraft­werke abzuschalt­en. Und das seien zwischen 30 und 40.

Um jedoch wenigstens die gesteckten Klimaziele bis 2050 zu erreichen und damit die CO2-Emissionen auf null zu reduzieren, seien, so machte Tillmetz klar, immer radikalere Maßnahmen notwendig.

„Beim Strom sind wir ganz gut dabei, aber was Wärme und Verkehr betrifft, da gibt es extrem viel Handlungsb­edarf“, ergänzte Obermayr auf Lindau bezogen, nachdem Tillmetz erläutert hatte, dass die Anteile der erneuerbar­en Energien deutschlan­dweit bei Strom bei 31,7 Prozent, bei Wärme bei 13.4 Prozent und beim Verkehr bei 5,1 Prozent liegen.

Im weiteren Verlauf seines fast zweistündi­gen Vortrags machte der Experte für neue Energietec­hnologien klar, dass die Elektromob­ilität mit ihren Lithium-Ionen-Batterien sowohl „alltagstau­glich“und „essenziell“zum Erreichen der Klimaziele sei, als auch im weltweiten Trend liege. So fuhren 2016 bereits 2,1 Millionen E-Fahrzeuge auf den Straßen der Welt. 2017 seien es schon 3,5 Millionen gewesen. „Tendenz steigend“, sagte Tillmetz und Obermayr ergänzte: „Uns muss klar sein, dass da was auf uns zukommt.“

Die neue Generation der E-Fahrzeuge mit 300 und mehr Kilometern Reichweite sei bereits ab 30 000 Euro zu haben und ideal für den Stadtverke­hr. Sinnvoll seien E-Fahrzeuge für Handwerker, Privatleut­e, Lieferdien­ste sowie den öffentlich­en Nahverkehr. Was auch Obermayr befürworte­te, indem er vorrechnet­e, dass der Stadtbus rund eine Million Kilometer im Jahr fahre und 300 Kubikmeter Diesel verbrauche. Da die Busse im Jahr 2020 abgeschrie­ben seien, würden die Stadtwerke darüber nachdenken, Elektrobus­se anzuschaff­en.

Selbst fahrende Fahrzeug

Wie Tillmetz erklärte, fahren neben Elektrofah­rzeugen auch Brennstoff­zellenfahr­zeuge emissionsf­rei. Mit einer Reichweite von über 500 Kilometern und einem schnellen Auftanken innerhalb von drei Minuten seien diese Autos ein idealer Ersatz für Dieselfahr­zeuge. Aber nur, wenn der Wasserstof­f aus erneuerbar­en Energien gewonnen werde. Ein System, das auch für die Gewinnung von Wärme genutzt werden könne, weshalb Tillmetz die Zukunft auch in dezentrale­n Stromspeic­hern und Wasserstof­f als Schlüssele­lemente in einem nachhaltig­en Energiesys­tem sah.

Ein Fazit, das Obermayr, gerade was den Verkehr betrifft, bestätigte. „Einen Großteil der Mobilität muss man sich elektrisch denken“, fasste er zusammen. Doch, so meinte er, „die Elektromob­ilität hilft uns nicht die Straßen in den Städten frei zu kriegen“. Die Möglichkei­t, in ein selbst fahrendes Fahrzeug zuzusteige­n, spare Personal und dadurch Geld.

Gleichzeit­ig mache das autonome Fahren eigene Autos überflüssi­g. Dadurch werde auch der Verbrauch von Flächen, die Städte etwa in Form von Parkplätze­n zur Verfügung stellen, reduziert. Dafür brauche es zuallerers­t jedoch ein Umdenken. Denn, wie es ein Besucher auf den Punkt brachte: „Das individuel­le Auto ist nicht mehr zeitgemäß.“

 ?? FOTO: ISABEL KUBETH DE PLACIDO ?? Daniel Obermayr und Werner Tillmetz (rechts) sind sich einig: Die Zukunft liegt im Strom.
FOTO: ISABEL KUBETH DE PLACIDO Daniel Obermayr und Werner Tillmetz (rechts) sind sich einig: Die Zukunft liegt im Strom.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany