Zukunft der Mobilität liegt im Strom
Experte spricht beim Vortrag der Bunten Liste über Klima- und Energiewende
LINDAU - Die Zukunft liegt im Strom. Gerade was die Mobilität betrifft. Deshalb bringt es nichts noch weiter in fossile Energien, wie Gas, Öl und Kohle zu investieren. Vielmehr gilt es darauf vorbereitet zu sein, wenn die dritte industrielle Revolution mit ihren alternativen Energiequellen anbricht. In Lindau sind die Voraussetzungen, gerade was den Verkehr anbelangt, dafür nicht schlecht. Das war die Botschaft, die rund 40 Interessierte beim Vortragsabend der Bunten Liste mit dem Thema „Klimawende-Energiewende-Verkehrswende auch in Lindau“von Werner Tillmetz und OB-Kandidat Daniel Obermayr mit auf den Weg bekommen haben.
„Wenn wir uns darauf einstellen, wird es gut klappen“, schickte der OB-Kandidat der Bunten Liste dem Vortrag von Werner Tillmetz voraus. Darin beschrieb der Leiter des Zentrums für Sonnenenergie- und Wasserstoffforschung (ZSW) in Ulm, dass die Entwicklung zu Technologien, die ohne fossile Energien funktionieren, weltweit immer weiter voranschreite.
Grund dafür sei der Klimawandel und die daraus gewonnene und in den Klimazielen von Paris formulierte Erkenntnis, dass der CO2-Ausstoß reduziert werden muss. Durch den Ausbau erneuerbarer Energien, die Erhöhung der Energieeffizienz und Energieeinsparung. Ein Ziel, das Deutschland jedoch verfehlen werde. Hatte sich die Bundesregierung das Ziel gesetzt die klimaschädlichen Emissionen bis 2020 um 40 Prozent unter den Wert von 1990 zu drücken, so ist dies, auch nach Einschätzung von Tillmetz, kaum möglich.
Denn das bedeute, dass innerhalb von drei Jahren 160 Millionen Tonnen CO2 eingespart werden müssten. Und das, obwohl jeder Deutsche 9,6 Tonnen CO2, und damit doppelt so viel wie der Durchschnitt aller Erdbewohner, emittiere. „Das bedeutet, wir sind doppelt so schlecht wie der Rest der Welt“, führte Tillmetz vor Augen, wobei er einräumte: „Lindau ist da besser, weil wir hier grünen Strom haben.“Was Obermayr allerdings einschränkte, indem er darauf hinwies, dass nur die Stadt Lindau, nicht der ganze Landkreis grünen Strom über die Stadtwerke beziehen könne und dass nicht jeder Haushalt automatisch grünen Strom beziehe, sondern nur jene, die sich ausdrücklich dafür entscheiden.
Alte Kohlekraftwerke abschalten
Wolle Deutschland tatsächlich sein Klimaziel einhalten, so hieße das, laut Tillmetz, „bis in drei Jahren müsste der komplette Verkehr eingestellt werden“. Die Alternative dazu bestünde darin, den Verkehr komplett zu elektrifizieren und damit alle Autos, LKW, Flugzeuge, Bahnen und Busse mit Strom fahren zu lassen und zudem fast alle alten Kohlekraftwerke abzuschalten. Und das seien zwischen 30 und 40.
Um jedoch wenigstens die gesteckten Klimaziele bis 2050 zu erreichen und damit die CO2-Emissionen auf null zu reduzieren, seien, so machte Tillmetz klar, immer radikalere Maßnahmen notwendig.
„Beim Strom sind wir ganz gut dabei, aber was Wärme und Verkehr betrifft, da gibt es extrem viel Handlungsbedarf“, ergänzte Obermayr auf Lindau bezogen, nachdem Tillmetz erläutert hatte, dass die Anteile der erneuerbaren Energien deutschlandweit bei Strom bei 31,7 Prozent, bei Wärme bei 13.4 Prozent und beim Verkehr bei 5,1 Prozent liegen.
Im weiteren Verlauf seines fast zweistündigen Vortrags machte der Experte für neue Energietechnologien klar, dass die Elektromobilität mit ihren Lithium-Ionen-Batterien sowohl „alltagstauglich“und „essenziell“zum Erreichen der Klimaziele sei, als auch im weltweiten Trend liege. So fuhren 2016 bereits 2,1 Millionen E-Fahrzeuge auf den Straßen der Welt. 2017 seien es schon 3,5 Millionen gewesen. „Tendenz steigend“, sagte Tillmetz und Obermayr ergänzte: „Uns muss klar sein, dass da was auf uns zukommt.“
Die neue Generation der E-Fahrzeuge mit 300 und mehr Kilometern Reichweite sei bereits ab 30 000 Euro zu haben und ideal für den Stadtverkehr. Sinnvoll seien E-Fahrzeuge für Handwerker, Privatleute, Lieferdienste sowie den öffentlichen Nahverkehr. Was auch Obermayr befürwortete, indem er vorrechnete, dass der Stadtbus rund eine Million Kilometer im Jahr fahre und 300 Kubikmeter Diesel verbrauche. Da die Busse im Jahr 2020 abgeschrieben seien, würden die Stadtwerke darüber nachdenken, Elektrobusse anzuschaffen.
Selbst fahrende Fahrzeug
Wie Tillmetz erklärte, fahren neben Elektrofahrzeugen auch Brennstoffzellenfahrzeuge emissionsfrei. Mit einer Reichweite von über 500 Kilometern und einem schnellen Auftanken innerhalb von drei Minuten seien diese Autos ein idealer Ersatz für Dieselfahrzeuge. Aber nur, wenn der Wasserstoff aus erneuerbaren Energien gewonnen werde. Ein System, das auch für die Gewinnung von Wärme genutzt werden könne, weshalb Tillmetz die Zukunft auch in dezentralen Stromspeichern und Wasserstoff als Schlüsselelemente in einem nachhaltigen Energiesystem sah.
Ein Fazit, das Obermayr, gerade was den Verkehr betrifft, bestätigte. „Einen Großteil der Mobilität muss man sich elektrisch denken“, fasste er zusammen. Doch, so meinte er, „die Elektromobilität hilft uns nicht die Straßen in den Städten frei zu kriegen“. Die Möglichkeit, in ein selbst fahrendes Fahrzeug zuzusteigen, spare Personal und dadurch Geld.
Gleichzeitig mache das autonome Fahren eigene Autos überflüssig. Dadurch werde auch der Verbrauch von Flächen, die Städte etwa in Form von Parkplätzen zur Verfügung stellen, reduziert. Dafür brauche es zuallererst jedoch ein Umdenken. Denn, wie es ein Besucher auf den Punkt brachte: „Das individuelle Auto ist nicht mehr zeitgemäß.“