Szydlos Nachfolger ist auch nur eine Marionette Kaczynskis
Nur zwei Jahre regierte Beata Szydlo in Polen. Nach einer wochenlangen öffentlichen Debatte über ihren Rücktritt warf die Exbürgermeisterin einer Kleinstadt in Oberschlesien das Handtuch.
Zwar dankten der 54-Jährigen Parteivorstand und Abgeordnete der nationalpopulistischen Recht und Gerechtigkeit (PiS) überschwänglich für die „gute Arbeit“, ernannten aber sofort ihren Nachfolger. Schon Ende nächster Woche könnte Mateusz Morawiecki, der bisherige Minister für Wirtschaftsentwicklung und Finanzen, den Posten von Szydlo übernehmen. Bei der Gelegenheit wird der 49Jährige auch gleich ein paar Minister entlassen und neue ernennen – auf Ansage von Parteichef Jaroslaw Kaczynski. Kaum jemand in Polen gibt sich der Illusion hin, Morawiecki könnte etwas anderes sein als eine Marionette Kaczynskis.
Warum Szydlo überhaupt gehen muss, ist unklar. Als brave Parteisoldatin zerstörte sie auf Anweisung Kaczynskis und gemeinsam mit Staatspräsident Andrzej Duda Polens Rechtsstaat. Zurzeit debattieren Polens Abgeordnete die Demontage des letzten Pfeilers der Gewaltenteilung: Die Richter sollen nicht mehr unabhängig sein, sondern der Kontrolle der „demokratisch gewählten Volksvertreter“unterliegen. Da bei den Parlamentswahlen 2015 die PiS mit einem Stimmenergebnis von gerade mal 37 Prozent die absolute Mehrheit im Parlament und Senat eroberte, heißt das: „Staatanwälte und Richter unterliegen der Parteikontrolle.“Zu dem seltsamen Kräfteverhältnis im Parlament kam es durch das Wahlsystem, das den Sieger einseitig bevorzugt: Da es vier Parteien nicht über die Fünf- bzw Achtprozenthürde (für Parteienbündnisse) schafften, gingen deren Sitze nach dem Prinzip „The winner takes it all“an die PiS.
Im Ausland angeeckt
Bei den meisten Polen war Szydlo aufgrund der üppigen Sozialprogramme, insbesondere des monatlichen Kindergelds in Höhe von 125 Euro ab dem zweiten Kind, beliebt. Viele nervte aber auch ihre Ergebenheit gegenüber Parteichef Kaczynski. Im Ausland eckte sie mit ihrer ruppig-beleidigenden Art an. Zudem nahm man ihr die Lügen über die angebliche Aufnahme von Hunderttausenden Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine übel. So fällt ihre Bilanz fatal aus: Proteste im Land gegen die Demontage der Demokratie, Isolierung Polens in der EU, mehrere Rechtsverfahren und Klagen vor dem Europäischen Gerichtshof. Doch die Partei will Szydlo nicht fallen lassen. In der neuen Regierung soll sie einen Posten bekommen.
Morawiecki wird als „Wunderkind der PiS“gehandelt, obwohl er der Partei erst 2016 beitrat. Der studierte Historiker schlug nach einem Praktikum bei der Deutschen Bundesbank eine Karriere als Banker ein. 2014 stand er an der Spitze der drittgrößten Bank Polens und verdiente umgerechnet 425 000 Euro. Politisch war Morawiecki bislang weniger an Parteiprogrammen, denn an der Macht interessiert. So gehörte er ab 2010 zum Beraterstab des damaligen Premiers Donald Tusk von der liberalkonservativen Bürgerplattform (PO). Nach dem Regierungswechsel in Polen 2015 vollzog Morawiecki den fliegenden Wechsel. Er soll für die PiS vor allem dafür sorgen, dass die EU die milliardenschweren Direktbeihilfen an Polen nicht an die Einhaltung rechtsstaatlicher Grundprinzipien bindet.