Schillernd, schaurig, schön
Märchen, vor allem die der Brüder Grimm, können grausam sein. Für Kinder nicht geeignet, möchte man warnen. Ähnlich verhält es sich mit den Bildern des Illustrators Nikolaus Heidelbach. Warum also nicht beides in einem Buch zusammenfassen, dachte sich der Verlag Beltz & Gelberg mit seinem kongenialen Herausgeber Hans-Joachim Gelberg. Drei Mal hatte dieses Konzept schon Erfolg. Auch beim vierten Mal geht die Idee auf. Der großformatige Band „Die schönsten Märchen“, der rechtzeitig vor dem Weihnachtseinkaufsrummel erschienen ist, verbindet einmal mehr Heidelbachs hintergründige Bilder mit den bekanntesten und reizvollsten Märchen.
Dabei räumt Heidelbach mit romantischen Märchenfantasien gründlich auf. Der edle Prinz des Aschenputtels neigt zu Übergewicht, das tapfere Schneiderlein hat abstehende Ohren, Rumpelstilzchen erinnert an einen komischen Folkloretänzer und die Prinzessinnen haben nicht selten einen verschlagenen Gesichtsausdruck. Mit hinreißenden grafischen Einfällen und einer großen Liebe zum Detail gelingt es Nikolaus Heidelbach bestens, poetische Stimmungen einzufangen und in eine Märchenwelt (für Erwachsene) zu entführen. Für diesen Band ausgewählt haben Heidelbach und Gelberg hauptsächlich berühmte, aber auch weniger bekannte Geschichten der Grimmbrüder und von Hans Christian Andersen. Außerdem werden Volksmärchen aus Frankreich, England, Malta und Indien erzählt. Die Texte sind zwar die alten, die Illustrationen zwingen allerdings zu einer neuen Interpretation.