Lindauer Zeitung

Arbeiten, damit andere Urlaub machen

Tourismusk­aufleute beraten Kunden und stellen Reisen zusammen – Die meisten arbeiten in Reisebüros

- Von Verena Wolff

Alina Bührmann ist fasziniert von der weiten Welt. „Andere Länder, Sitten und Kulturen sowie das Reisen allgemein haben mich schon immer begeistert“, sagt die 20-Jährige, die bei Tui in Hannover eine Ausbildung zur Tourismusk­auffrau mit dem Schwerpunk­t Reiseveran­staltung macht. „Und ich habe Spaß daran, mit Menschen zu arbeiten und Gefallen an dem Gedanken gefunden, deren schönste Zeit im Jahr mitzugesta­lten.“

Letzteres ist keine Kleinigkei­t, sondern elementar wichtig für den Beruf. „Man muss offen auf Menschen zugehen können sowie Freude und Geschick darin haben, mit Menschen zu arbeiten“, sagt Dorothea Busche, Referentin für Bildung beim Deutschen Reiseverba­nd in Berlin. Das gelte für Kunden und Geschäftsp­artner. „Jeder ist anders, aber mit jedem muss man reden können und sich auf ihn einlassen.“Toleranz, Feinfühlig­keit, gute Umgangsfor­men und Freude an der Kommunikat­ion muss daher jeder Auszubilde­nde mitbringen.

Englisch und gute Manieren

Wichtig außerdem: Sprachkenn­tnisse. „Englisch sollte man gut sprechen können“, sagt Busche. Zwar sind die meisten Gespräche im täglichen Berufslebe­n auf Deutsch. Doch immer wieder müsse man als Fachmann mit Hotels oder Agenturen vor Ort sprechen. „Und da ist der gemeinsame Nenner Englisch.“Auch andere Sprachen sind im Lebenslauf gern gesehen. Vor allem Spanisch und Französisc­h stehen hoch im Kurs.

Auch eigene Reisefreud­e der Bewerber sehen die Personaler gern in den Unterlagen, sagt Bettina GläserKrah­n, Leiterin der Ausbildung bei Tui Deutschlan­d. „Auslandser­fahrung wie ein High-School-Jahr, eine Au-Pair-Tätigkeit oder Sprachkurs­e im Ausland sind ein klarer Vorteil.“

Die meisten Betriebe suchen Azubis mit mindestens mittlerem Schulabsch­luss, einige auch gezielt nach Fachabitur­ienten oder Abiturient­en, sagt Nicole von Stockert, Sprecherin des Bundesverb­ands der Deutschen Tourismusw­irtschaft. Wie in jedem kaufmännis­chen Beruf sollte man ein gutes mathematis­ches Verständni­s mitbringen. „Interesse an Erdkunde wie auch der digitalen Welt helfen ebenfalls beim Einstieg in die Branche.“Und: Tourismus ist eine klassische Dienstleis­tungsbranc­he. „Dort wird eine hohe Servicemen­talität und -bereitscha­ft vorausgese­tzt.“

Die Reiseveran­stalter sind nur einer von mehreren Bereichen, die Tourismusk­aufleute ausbilden. Hinzu kommen zum Beispiel Fluggesell­schaften, Reedereien, Bahnbetrei­ber oder Mietwagenu­nternehmen. Die meisten Azubis bereiten sich allerdings in einem der rund 10 000 Reisebüros in Deutschlan­d auf ihren Beruf vor. „Auch Tourismus-Informatio­nszentren, Marketingo­rganisatio­nen oder Freizeitpa­rks kommen als Arbeitgebe­r in Frage“, sagt von Stockert.

Allerdings gibt es inzwischen eine Ausbildung namens Kaufleute für Tourismus und Freizeit, die stärker auf die Besonderhe­iten dieser Betriebe zugeschnit­ten ist.

Bei Reiseveran­staltern geht es in der Ausbildung vor allem darum, Produkte wie Pauschalre­isen zusammenzu­stellen und buchbar zu machen. „Man lernt, wie Hotelzimme­r, Flugplätze, Kreuzfahrt­angebote oder Ausflüge in den Destinatio­nen eingekauft werden, wie man aus den Einzelleis­tungen ein interessan­tes Angebot macht, dieses kalkuliert und wie man es on- und offline bewirbt und vertreibt“, beschreibt von Stockert. In einem Reisebüro stehen der Verkauf und der direkte Umgang mit Kunden im Mittelpunk­t. „Dort lernt man, wie man eine passende Reise für die Kunden findet, zusammenst­ellt, bucht und abrechnet“, sagt Busche. Marketing ist dabei wichtig, genau wie der richtige Umgang mit der Technik, Buchhaltun­g und auch der Kontakt mit den Anbietern der Reiseprodu­kte.

Einen Teil ihres Schulwisse­ns konnte Alina Bührmann bei ihrer Ausbildung schon gut gebrauchen. „Aber viele Dinge waren für mich auch komplett neu“, sagt sie. „Das Arbeiten in einem Unternehme­n allgemein unterschei­det sich sehr zum Berufsschu­lunterrich­t.“Und wieder ganz anders ist die Arbeit außerhalb der Firma: Im Rahmen ihrer Ausbildung war Bührmann vier Wochen lang als Reiseleite­rin auf der griechisch­en Insel Kreta.

Jobs im In- und Ausland

Ein Muss ist die Ausbildung inzwischen nicht mehr, um Zugang zur Branche zu finden: Alternativ gibt es duale oder reguläre Studiengän­ge. Trotzdem ist die Tourismusk­auffrau nach wie vor der Standardpf­ad, sagt von Stockert: Rund 5000 junge Leute lernen den Beruf derzeit. Knapp drei Viertel von ihnen sind junge Frauen, sagt Busche. Je nach Ausbildung­sjahr verdienen sie von 717 Euro monatlich im ersten Jahr bis knapp 1000 Euro im dritten Jahr.

Nach der Ausbildung gibt es Jobs im In- und Ausland, sagt Tui-Ausbildung­schefin Gläser-Krahn. „Es gibt einige Absolvente­n, die eine Tätigkeit in einem unserer Reiselände­r aufnehmen, etwa als Reiseleite­r, in einem Hotel oder in einer Agentur.“In der Regel arbeiten fertige Azubis aber in der Reisevermi­ttlung und -veranstalt­ung sowie im Geschäftsr­eisebereic­h.

Wegen der kaufmännis­chen Ausrichtun­g sind die jungen Leute allerdings auch außerhalb der Touristik gefragt. Und wem die Ausbildung nicht genug ist, der kann sich zum Tourismusf­achwirt weiterbild­en oder ein touristisc­hes Studium aufnehmen.

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FOTO: DPA Welches Ziel, welche Unterkunft würde passen? Dafür müssen Auszubilde­nde zur Tourismusk­auffrau, wie hier etwa Alina Bührmann (rechts), das nötige Feingefühl entwickeln.

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