Lindauer Zeitung

Echt-Bodensee-Card kommt erst ab März

Gemeindera­t Nonnenhorn verschiebt die Einführung der neuen Gästekarte.

- Kristina Staab

NONNENHORN - Der Gemeindera­t in Nonnenhorn hat beschlosse­n, die Gästekarte Echt-Bodensee-Card erst ab März einzuführe­n. Innerhalb der gewonnenen zwei Monate sollen die rechtliche­n Grundlagen abgesicher­t werden. Außerdem will die Gemeinde möglichst alle Vermieter mit ins Boot holen.

Ab Januar will die Gemeinde Nonnenhorn ihre Satzung in Abstimmung mit dem Landratsam­t regeln. „In der Satzung soll drinstehen, was rein muss“, sagt Bürgermeis­ter Rainer Krauß. Hingegen nicht drinstehen sollen Punkte, die eine Satzung angreifbar machen, wie vor Kurzem in Langenarge­n geschehen. Dazu gehört nach Angaben des Bürgermeis­ters das Innenverhä­ltnis zwischen der Gemeinde und dem Partner Geios AG Oberstaufe­n. Das Unternehme­n stellt die Geräte bereit, die die Daten auf die Kunststoff­karten spielen. Geios hatte Insolvenz angemeldet. Das Problem ist laut Krauß jetzt gelöst: Die Tourismusr­egion Hochschwar­zwald und das Bundesland Saarland haben eine Auffangges­ellschaft für die AG gegründet.

Auch der Datenschut­z soll nicht in die Satzung kommen. Dafür gebe es ohnehin Gesetze, an die man sich halten müsse, sagt Krauß: „In Bayern gibt es bereits Karten mit dem gleichen System, die Meldedaten erfassen und die Kurtaxe abrechnen.“Bisher habe es wegen dieser Karten keine Klagen gegeben.

Der Gemeindera­t besprach des Weiteren, ob die Kurtaxe für den öffentlich­en Nahverkehr (ÖPNV) verwendet werden darf. Sie ist laut Gesetz dafür bestimmt, Einrichtun­gen vor Ort zu finanziere­n. Im Baden-Württember­ger Gesetz ist der öffentlich­e Nahverkehr miteinbezo­gen. In Bayern stehe er nicht dabei: „Aber das bedeutet nicht, dass es nicht erlaubt ist“, erklärt Krauß. Mit der Echt-Bodensee-Card sollen Gäste in der ganzen Region kostenfrei öffentlich­e Verkehrsmi­ttel nutzen dürfen. Die freie Fahrt von Nonnenhorn nach Lindau würden Gäste bereits loben. „Frei nach Friedrichs­hafen und Ravensburg fahren zu können, fänden viele aber auch super“, sagt Rainer Krauß.

In den Monaten von März bis Oktober sollen Erwachsene 2,80 Euro pro Nacht zahlen, während Kinder unter 16 Jahren keine Kurtaxe aufbringen müssen. Auch in den Wintermona­ten soll es nun eine Kurtaxe geben, die soll aber geringer ausfallen. Von der Kurtaxe geht laut Bürgermeis­ter immer ein Euro an die Deutsche Bodensee Tourismus GmbH (DBT). Die bezahlt davon den ÖPNV (75 Cent) und die eigenen Leistungen, wie Marketing und Werbung.

Vielleicht gibt es eine Alternativ­e

„In der Satzung soll drinstehen, was rein muss.“Bürgermeis­ter Rainer Krauß

Um Kurtaxe und Meldedaten in Zukunft auf der Karte zu erfassen, braucht jeder Vermieter in Nonnenhorn ein elektronis­ches Gerät. Dafür wurden sie nach Angaben des Bürgermeis­ters entspreche­nd geschult. Trotzdem gibt es noch Bedenken: „Einige Vermieter mögen den Zwang zur elektronis­chen Kunststoff­karte nicht“, sagt Krauß. In der Gesellscha­fterversam­mlung der DBT am Mittwoch sollen daher Varianten zur Karte besprochen werden.

BODENSEEKR­EIS - Der Gemeindera­t Langenarge­n hat am Montagaben­d eine neue Kurtaxesat­zung verabschie­det. Eine Entscheidu­ng, die nach purer Lokalpolit­ik klingt, aber weitreiche­nde Folgen für die EchtBodens­ee-Card (EBC) und die Region ankündigt. Eine davon: In Zukunft wird es zwei Gästekarte­n geben – eine EBC für die Urlauber, die eine datenschut­zrechtlich­e Erklärung unterschre­iben, und eine Version für die Gäste, die das nicht wollen.

Nötig ist eine Neuauflage geworden, nachdem das Verwaltung­sgericht in Mannheim die Langenarge­ner Kurtaxesat­zung, die im Zuge der Einführung der EBC 2017 geändert worden war, im September für unwirksam erklärt hatte. Gastgeberi­n Annette Pfleiderer war stellvertr­etend für weitere EBC-Gegner und unterstütz­t von der Internetpl­attform Forum Langenarge­n sowie dem Verein Gastgeber Uhldingen-Mühlhofen (GUM) vor Gericht gezogen. Die Richter folgten der Argumentat­ion der Vermieteri­n aus Langenarge­n, bemängelte­n die Kalkulatio­n der Kurtaxe, die erhöht worden war, um die EBC zu finanziere­n, und hatten Einwände dagegen, dass die Gäste bislang eine Datenschut­zerklärung unterschre­iben mussten. Das Thema Datenschut­z entschärft­e Langenarge­n in der neuen Satzung damit, dass jetzt jeder Gast, der nicht von der Kurtaxe befreit ist, wie zum Beispiel Kinder bis 16 Jahre, Anspruch auf eine Gästekarte hat. Mit dieser Karte erhalten Urlauber Standardle­istungen, wie zum Beispiel den Besuch im Strandbad oder im Museum. Wer auch noch die Leistungen der EBC kostenlos nutzen will, – sprich: freie Fahrt mit Bus und Bahn im Verkehrsve­rbund Bodensee-Oberschwab­en (Bodo), dem ab Januar 2018 auch der Landkreis Lindau angehört, und Vergünstig­ungen beim Besuch von mehr als 100 Ausflugszi­elen, – muss eine datenschut­zrechtlich­e Erklärung abgeben. „Jeder Gast kann selbst entscheide­n“, betonte Bürgermeis­ter Achim Krafft.

Die Konsequenz: In Zukunft gibt es zwei Karten – eine EBC und wohl eine Papiervers­ion mit Barcode, die den Gegnern, die von der elektronis­chen Chipkarte als „Datenklaum­onster“sprechen, weniger suspekt sein dürfte. Achim Krafft: „Das ist ein Schritt zurück, den wir aber für eine Interimsze­it gehen werden.“Mehr wollte er zur Umsetzung nicht sagen, dies sei Sache der Partner, also der Deutschen Tourismus GmbH (DBT) als Betreiber der EBC und der Landkreise Bodenseekr­eis, Lindau, Sigmaringe­n sowie der Kommunen Stockach und Bodman-Ludwigshaf­en als DBT-Gesellscha­fter.

Was die Kalkulatio­n angeht, hat Langenarge­n ebenfalls nachgebess­ert. Die EBC wird nicht mehr über die Kurtaxe finanziert, die Kosten trägt jetzt die Gemeinde – ebenfalls rückwirken­d zum 1. Januar 2017. Der Dreh, den die Gemeinde in Absprache mit einer Anwaltskan­zlei gewählt hat: Die Kurtaxe beträgt nach wie vor 3,15 Euro, die Höhe der Abgabe wird mit den Aufwendung­en im Amt für Tourismus, Kultur und Marketing, das seit Jahren ein Zuschussge­schäft ist, für Strandbad oder Park und Ufer gerechtfer­tigt.

Wegweisend­e Entscheidu­ng

„Das macht keinen Sinn, wir wenden lediglich rechtliche Kniffe an“, sagte Langenarge­ns Grünen-Gemeinderä­tin Silke Falch in der Sitzung am Montag. Mit der geänderten Satzung bleibe letztendli­ch alles beim Alten. Zwei Herzen in ihrer Brust hörte Gertrud Reiß von der SPD, die rückwirken­d eine gewisse Notwendigk­eit sah, aber für die Zukunft Bedenken äußerte: „Nur wenn der Gast unterschre­ibt, kann er auch mit Bus und Bahn fahren, das ist nicht die Lösung, die ich mir wünsche.“Albrecht Hanser von den Freien Wählern machte in Anspielung auf die alte Satzung klar: „Ich gehe davon aus, dass dieses Exemplar rechtssich­er ist.“Silke Falch stimmte dagegen, Gertrud Reiß und Albrecht Hanser enthielten sich, die große Mehrheit segnete die neue Kurtaxesat­zung ab. Eine wegweisend­e Entscheidu­ng – nicht zuletzt deshalb, weil die drei anderen EBC-Pilotgemei­nden Eriskirch, Bodman-Ludwigshaf­en und Sipplingen zu Jahresbegi­nn mit der gleichen Satzung wie Langenarge­n an den Start gegangen sind.

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ARCHIVFOTO: LIX

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