Echt-Bodensee-Card kommt erst ab März
Gemeinderat Nonnenhorn verschiebt die Einführung der neuen Gästekarte.
NONNENHORN - Der Gemeinderat in Nonnenhorn hat beschlossen, die Gästekarte Echt-Bodensee-Card erst ab März einzuführen. Innerhalb der gewonnenen zwei Monate sollen die rechtlichen Grundlagen abgesichert werden. Außerdem will die Gemeinde möglichst alle Vermieter mit ins Boot holen.
Ab Januar will die Gemeinde Nonnenhorn ihre Satzung in Abstimmung mit dem Landratsamt regeln. „In der Satzung soll drinstehen, was rein muss“, sagt Bürgermeister Rainer Krauß. Hingegen nicht drinstehen sollen Punkte, die eine Satzung angreifbar machen, wie vor Kurzem in Langenargen geschehen. Dazu gehört nach Angaben des Bürgermeisters das Innenverhältnis zwischen der Gemeinde und dem Partner Geios AG Oberstaufen. Das Unternehmen stellt die Geräte bereit, die die Daten auf die Kunststoffkarten spielen. Geios hatte Insolvenz angemeldet. Das Problem ist laut Krauß jetzt gelöst: Die Tourismusregion Hochschwarzwald und das Bundesland Saarland haben eine Auffanggesellschaft für die AG gegründet.
Auch der Datenschutz soll nicht in die Satzung kommen. Dafür gebe es ohnehin Gesetze, an die man sich halten müsse, sagt Krauß: „In Bayern gibt es bereits Karten mit dem gleichen System, die Meldedaten erfassen und die Kurtaxe abrechnen.“Bisher habe es wegen dieser Karten keine Klagen gegeben.
Der Gemeinderat besprach des Weiteren, ob die Kurtaxe für den öffentlichen Nahverkehr (ÖPNV) verwendet werden darf. Sie ist laut Gesetz dafür bestimmt, Einrichtungen vor Ort zu finanzieren. Im Baden-Württemberger Gesetz ist der öffentliche Nahverkehr miteinbezogen. In Bayern stehe er nicht dabei: „Aber das bedeutet nicht, dass es nicht erlaubt ist“, erklärt Krauß. Mit der Echt-Bodensee-Card sollen Gäste in der ganzen Region kostenfrei öffentliche Verkehrsmittel nutzen dürfen. Die freie Fahrt von Nonnenhorn nach Lindau würden Gäste bereits loben. „Frei nach Friedrichshafen und Ravensburg fahren zu können, fänden viele aber auch super“, sagt Rainer Krauß.
In den Monaten von März bis Oktober sollen Erwachsene 2,80 Euro pro Nacht zahlen, während Kinder unter 16 Jahren keine Kurtaxe aufbringen müssen. Auch in den Wintermonaten soll es nun eine Kurtaxe geben, die soll aber geringer ausfallen. Von der Kurtaxe geht laut Bürgermeister immer ein Euro an die Deutsche Bodensee Tourismus GmbH (DBT). Die bezahlt davon den ÖPNV (75 Cent) und die eigenen Leistungen, wie Marketing und Werbung.
Vielleicht gibt es eine Alternative
„In der Satzung soll drinstehen, was rein muss.“Bürgermeister Rainer Krauß
Um Kurtaxe und Meldedaten in Zukunft auf der Karte zu erfassen, braucht jeder Vermieter in Nonnenhorn ein elektronisches Gerät. Dafür wurden sie nach Angaben des Bürgermeisters entsprechend geschult. Trotzdem gibt es noch Bedenken: „Einige Vermieter mögen den Zwang zur elektronischen Kunststoffkarte nicht“, sagt Krauß. In der Gesellschafterversammlung der DBT am Mittwoch sollen daher Varianten zur Karte besprochen werden.
BODENSEEKREIS - Der Gemeinderat Langenargen hat am Montagabend eine neue Kurtaxesatzung verabschiedet. Eine Entscheidung, die nach purer Lokalpolitik klingt, aber weitreichende Folgen für die EchtBodensee-Card (EBC) und die Region ankündigt. Eine davon: In Zukunft wird es zwei Gästekarten geben – eine EBC für die Urlauber, die eine datenschutzrechtliche Erklärung unterschreiben, und eine Version für die Gäste, die das nicht wollen.
Nötig ist eine Neuauflage geworden, nachdem das Verwaltungsgericht in Mannheim die Langenargener Kurtaxesatzung, die im Zuge der Einführung der EBC 2017 geändert worden war, im September für unwirksam erklärt hatte. Gastgeberin Annette Pfleiderer war stellvertretend für weitere EBC-Gegner und unterstützt von der Internetplattform Forum Langenargen sowie dem Verein Gastgeber Uhldingen-Mühlhofen (GUM) vor Gericht gezogen. Die Richter folgten der Argumentation der Vermieterin aus Langenargen, bemängelten die Kalkulation der Kurtaxe, die erhöht worden war, um die EBC zu finanzieren, und hatten Einwände dagegen, dass die Gäste bislang eine Datenschutzerklärung unterschreiben mussten. Das Thema Datenschutz entschärfte Langenargen in der neuen Satzung damit, dass jetzt jeder Gast, der nicht von der Kurtaxe befreit ist, wie zum Beispiel Kinder bis 16 Jahre, Anspruch auf eine Gästekarte hat. Mit dieser Karte erhalten Urlauber Standardleistungen, wie zum Beispiel den Besuch im Strandbad oder im Museum. Wer auch noch die Leistungen der EBC kostenlos nutzen will, – sprich: freie Fahrt mit Bus und Bahn im Verkehrsverbund Bodensee-Oberschwaben (Bodo), dem ab Januar 2018 auch der Landkreis Lindau angehört, und Vergünstigungen beim Besuch von mehr als 100 Ausflugszielen, – muss eine datenschutzrechtliche Erklärung abgeben. „Jeder Gast kann selbst entscheiden“, betonte Bürgermeister Achim Krafft.
Die Konsequenz: In Zukunft gibt es zwei Karten – eine EBC und wohl eine Papierversion mit Barcode, die den Gegnern, die von der elektronischen Chipkarte als „Datenklaumonster“sprechen, weniger suspekt sein dürfte. Achim Krafft: „Das ist ein Schritt zurück, den wir aber für eine Interimszeit gehen werden.“Mehr wollte er zur Umsetzung nicht sagen, dies sei Sache der Partner, also der Deutschen Tourismus GmbH (DBT) als Betreiber der EBC und der Landkreise Bodenseekreis, Lindau, Sigmaringen sowie der Kommunen Stockach und Bodman-Ludwigshafen als DBT-Gesellschafter.
Was die Kalkulation angeht, hat Langenargen ebenfalls nachgebessert. Die EBC wird nicht mehr über die Kurtaxe finanziert, die Kosten trägt jetzt die Gemeinde – ebenfalls rückwirkend zum 1. Januar 2017. Der Dreh, den die Gemeinde in Absprache mit einer Anwaltskanzlei gewählt hat: Die Kurtaxe beträgt nach wie vor 3,15 Euro, die Höhe der Abgabe wird mit den Aufwendungen im Amt für Tourismus, Kultur und Marketing, das seit Jahren ein Zuschussgeschäft ist, für Strandbad oder Park und Ufer gerechtfertigt.
Wegweisende Entscheidung
„Das macht keinen Sinn, wir wenden lediglich rechtliche Kniffe an“, sagte Langenargens Grünen-Gemeinderätin Silke Falch in der Sitzung am Montag. Mit der geänderten Satzung bleibe letztendlich alles beim Alten. Zwei Herzen in ihrer Brust hörte Gertrud Reiß von der SPD, die rückwirkend eine gewisse Notwendigkeit sah, aber für die Zukunft Bedenken äußerte: „Nur wenn der Gast unterschreibt, kann er auch mit Bus und Bahn fahren, das ist nicht die Lösung, die ich mir wünsche.“Albrecht Hanser von den Freien Wählern machte in Anspielung auf die alte Satzung klar: „Ich gehe davon aus, dass dieses Exemplar rechtssicher ist.“Silke Falch stimmte dagegen, Gertrud Reiß und Albrecht Hanser enthielten sich, die große Mehrheit segnete die neue Kurtaxesatzung ab. Eine wegweisende Entscheidung – nicht zuletzt deshalb, weil die drei anderen EBC-Pilotgemeinden Eriskirch, Bodman-Ludwigshafen und Sipplingen zu Jahresbeginn mit der gleichen Satzung wie Langenargen an den Start gegangen sind.