Oh Tannenbaum, wie krumm sind deine Äste
Handelsübliche Tannenbäume sind mancherorts schon ab fünf Euro zu haben. Natürlich kann man dafür kein gigantisches Gewächs erwarten. Auch keines ohne Fehler, eben ein Mängelexemplar. Aber genau wie bei lieben Menschen, wird auch ein Baum doch erst so richtig sympathisch, wenn er nicht perfekt ist, kleine Fehler hat, oder sogar etwas größere.
Umso unverständlicher erscheint im vorweihnachtlichen Rom das lautstarke Gezänk, das sich um den Christbaum vor dem Capitol entzündet hat. Es handelt sich um eine kolossale Fichte, von der erhitzte Kritiker behaupten, sie rage wie eine sturmgepeitschte Klobürste in den Himmel. Und ganz nebenbei hat sie auch keine fünf Euro wie hiesige Mängelexemplare gekostet, sondern 50 000 Euro. Dafür, so sagen die Römer, könne man schon ein besser und gerade gewachsenes Bäumchen erwarten. Die merkwürdige Fichte ist 21 Meter hoch, trägt 600 Kugeln und 3000 Lichter. Und trotzdem sind ihre Gebrechen noch sehr gut zu sehen.
Außer nach Leibeskräften zu schimpfen, fällt den Italienern auch nicht viel mehr ein. Eine Baum-Alternative zu verlangen, ist keine Lösung. So kurz vor Weihnachten noch eine Tanne mit mehr als 20 Metern Länge zu finden, gelingt selbst dem pfiffigsten Römer nicht.
Die Lösung für hässliche Christbäume hat schon immer gelautet: mehr Lametta! Schon unsere Großmütter wussten das. Und den Grappa bereitstellen, denn das Schöntrinken von Christbäumen macht umso mehr Spaß, je hässlicher der Baum ist. Salute! (nyf )