Die Niki-Pleite
Verkauf der insolventen Fluglinie scheitert an Lufthansa – Tausende Kunden sitzen fest
BERLIN - Die Fluggesellschaft Niki muss überraschend Insolvenz anmelden. Fieberhaft wird nun nach einem Investor gesucht. Der Insolvenzverwalter macht Kunden Hoffnung, dass sie bereits gebuchte Tickets erstattet bekommen. Tanja Tricarico beantwortet die wichtigsten Fragen.
Was ist passiert?
Seit Donnerstag bleiben alle 21 Maschinen der Air-Berlin-Tochter Niki am Boden. Nach der Pleite Air Berlins wollte die Lufthansa die Fluggesellschaft übernehmen. Doch der Niki-Verkauf scheiterte am Widerstand der EU-Wettbewerbshüter. Die verweigerten nach Informationen des Nachrichtenmagazins „Spiegel“ihre Zusage, weil die Lufthansa ihrerseits ihre Versprechen nicht gehalten hat. Die Fluglinie wollte beim Kauf von Niki auf einen Großteil der Start- und Landerechte des Ferienfliegers verzichten. Im Übernahmeangebot sei davon aber am Ende nicht mehr die Rede gewesen.
Wie geht es weiter?
Derzeit führt der Insolvenzverwalter Gespräche mit möglichen Investoren. Einer, der schnell Interesse angemeldet hat, ist Ex-Rennfahrer Niki Lauda. 2003 gründete er die Fluggesellschaft. 2011 übernahm Air Berlin die Airline als eigenständige Tochter – und Lauda stieg aus. Bereits im Bieterverfahren im September hatte er gemeinsam mit dem Reiseveranstalter Thomas Cook und Condor für die insolvente Air Berlin inklusive Niki geboten. Als wesentliche Vermögenswerte der Airline gelten die Start- und Landerechte an den Hauptflughäfen Wien, Palma de Mallorca und Düsseldorf. Die Nachricht über die Niki-Insolvenz kam überraschend. „Es hieß immer, dass man sich um die Flüge, die über Niki laufen, keine Sorgen machen muss“, sagt Felix Methmann vom Verbraucherzentrale Bundesverband. „Offenbar will man mit der Insolvenz der Politik jetzt die Pistole auf die Brust setzen.“Die Pleite der Air-Berlin-Tochter Niki schlägt außerdem bei dem Reisekonzern Tui Berichten zufolge voraussichtlich mit weiteren 20 Millionen Euro zu Buche. Grund dafür sei, dass Niki die letzte Rate für die samt Personal geleasten TuiflyJets noch nicht bezahlt habe.
Was geschieht mit den bereits verkauften und gebuchten Flugtickets?
Der Ferienflieger war bekannt für seine guten Flugpreise für Reisen auf die Kanaren oder nach Mallorca. Nun hebt Niki nicht mehr ab, und damit verlieren auch alle ausgestellten und bezahlten Tickets ihre Gültigkeit. Laut Insolvenzverwalter wurNiki den rund 350 000 Einzeltickets ausgestellt, die noch nicht abgeflogen wurden. Zudem haben Reisebüros und Reiseveranstalter mehr als 400 000 Tickets gebucht.
Wie kommen gestrandete Urlauber jetzt nach Hause?
Knapp 40 000 Passagiere wollten in den kommenden zwei Wochen ihren Heimflug mit Niki antreten. Tatsächlich sind die Touristen erstmal gestrandet. Der letzte Niki-Flug landete am Mittwochabend in Wien. Seit Donnerstag ist der Flugverkehr eingestellt. Grundsätzlich müssen sich die Reisenden, die ihren Flug direkt bei Niki gebucht haben, selbst um ihre Rückreise kümmern und diese auch selbst bezahlen. Auf der Webseite der Airline (www.flyniki.com) sind Fluggesellschaften aufgelistet, die bis zum 31. Dezember Reisende aus dem Ausland zurück nach Deutschland, Österreich oder in die Schweiz holen. Dazu gehören Condor, Eurowings, FlyGermania, Lufthansa, Austrian Airlines, Swiss und Tuifly. Sie wollen die Passagiere zu Sonderkonditionen, zu sogenannten „rescue fares“, nach Hause befördern. Condor will die Urlauber gratis heimfliegen, wenn Plätze frei sind. Wer seinen Urlaub über einen Reiseveranstalter gebucht hat, für den ist der Anbieter zuständig.
Kann man auf eine Rückerstattung oder Entschädigung hoffen?
Vor allem in den vergangenen Wochen nach der Air-Berlin-Pleite hatte massiv mit Billigangeboten für den kurzfristigen Winterurlaub, aber auch für Reisen im kommenden Sommer, geworben. Etliche Tickets wurden bereits bezahlt mit der Annahme, dass die Flüge im nächsten Jahr ohne Probleme stattfinden. Schließlich hatte Air Berlin immer wieder versichert, dass eine Insolvenz von Niki nicht angestrebt wird. Nun sieht die Lage anders aus. Kunden können sich nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens schriftlich an den Insolvenzverwalter wenden, wenn sie ihr Geld zurück haben möchten. Dieser bittet die betroffenen Fluggäste, ihre Forderung aber erst dann anzumelden, wenn sie dazu aufgefordert werden. Vorher eintreffende Forderungsanmeldungen könnten leider nicht bearbeitet werden, heißt es in einer Mitteilung. Insolvenzverwalter Lucas Flöther teilte am Donnerstag mit, dass alle Kunden, die seit der Air-Berlin-Pleite Mitte August Flüge direkt bei der österreichischen Airline gekauft haben, den Reisepreis voraussichtlich voll erstattet bekämen. Wer sein Ticket über einen Reiseveranstalter gebucht habe, könne auf Umbuchung durch die jeweilige Firma hoffen, so Flöther. Dafür sollen sich die Passagiere mit den Reiseveranstaltern in Verbindung setzen. Sie sind in der Regel über Reisesicherungsscheine abgesichert.
Wie können die Verbraucher künftig besser vor Insolvenzen geschützt werden?
Methmann von der Verbraucherzentrale plädiert für eine verpflichtende Insolvenzabsicherung für Fluggesellschaften – am besten europaweit. Bei Pauschalreisen gilt dies ohnehin längst. Das bedeutet: Die Unternehmen sichern die bereits geleisteten Zahlungen der Kunden ab. Bei der Buchung erhält der Reisende dann einen Sicherungsschein. Geht die Firma pleite, greift die Versicherung und er bekommt sein Geld zurück. „Darum sollte sich die Politik nun kümmern“, sagt Methmann. Er hofft, dass der Fall Air Berlin und die Niki-Insolvenz auch die Bundesregierung zum Umdenken bewegen.
Und die Beschäftigten? Rund 1000 Arbeitsplätze sind bedroht.
Martina Sönnichsen von der Gewerkschaft Verdi zeigt sich besorgt über die aktuelle Lage. „Für die Beschäftigten ist die Insolvenz ein Desaster“, sagt die Gewerkschafterin. Wie es für die Mitarbeiter in Deutschland und Österreich weitergeht, ist zurzeit unklar. Groß ist die Hoffnung, dass für die Beschäftigten schnell gute Lösungen gefunden werden. Löhne und Gehälter der deutschen Arbeitnehmer sind für drei Monate über das Insolvenzgeld gesichert. Austrian Airlines hat bereits Interesse vor allem an Piloten und Flugbegleitern angemeldet. Auf Anfrage teilt ein Sprecher mit, dass man allein in Wien zwischen 500 und 600 Mitarbeiter suche. Für Niki-Mitarbeiter wird ein beschleunigtes Bewerbungsverfahren angeboten.