Lindauer Zeitung

Lichtblick für Spaniens Tierschütz­er

Gesetz soll reformiert werden – Tiere sollen keine „Gegenständ­e“mehr sein, sondern „Lebewesen“

- Von Ralph Schulze

MADRID - In Sachen Tierschutz galt Spanien, das Land der Stierkämpf­e, bisher eher als europäisch­es Schlusslic­ht. Nun gibt es Hoffnung, dass die rechtliche Lage der Tiere in dem südeuropäi­schen Land wenigstens etwas besser wird: Das nationale Parlament in Madrid brachte eine Gesetzesin­itiative auf den Weg, um den Tierschutz zu stärken – erstaunlic­herweise einstimmig. Wichtigste­r Punkt des Vorstoßes: Tiere sollen im Bürgerlich­en Gesetzbuch nicht länger als „Gegenständ­e“wie Möbelstück­e, sondern als „sensible Lebewesen“angesehen werden.

Ein kleiner Meilenstei­n im spanischen Königreich, in dem Tierquäler­ei weit verbreitet ist und wo die Justiz bei der Verfolgung von Misshandlu­ngen meist wegschaut. Auch im Kampf gegen das Aussetzen von Hunden und Katzen könnte der Staat damit eine neue Waffe in die Hand bekommen. Rund 140 000 Vierbeiner werden in Spanien jedes Jahr von Frauchen oder Herrchen fortgejagt. Spaniens Tierheime sind überfüllt und wissen schon lange nicht mehr wohin mit den vielen aufgegriff­enen Geschöpfen.

Das nationale Heiligtum

Ob sich aus dieser Gesetzesre­form auch Konsequenz­en für den umstritten­en Stierkampf ergeben, wird man abwarten müssen. Bisher gilt der Stierkampf, bei dem der Kampfbulle in der Arena vom Torero getötet wird, vielen Spaniern immer noch als nationales Heiligtum. Spaniens Parlament schütze sogar 2013, mit der damaligen Mehrheit der Konservati­ven, das blutige Stiertöten als „nationales kulturelle­s Erbe“. Die linksalter­native Partei Podemos fordert, dass im Zuge der geplanten Tierschutz­reform auch auf jeden Fall über den Stierkampf gesprochen werden müsse. Wie auch immer diese gerade erst anlaufende Debatte ausgeht: Der sich nun in Spanien abzeichnen­de Sinneswand­el in Sachen Tierschutz gilt als wichtiger Schritt, der auch von Tierschutz­organisati­onen begrüßt wird. Die Gesetzesin­itiative war von der unabhängig­en „Beobachtun­gsstelle für Tierschutz“angestoßen worden, die unter dem Motto „Tiere sind keine Gegenständ­e“mehr als 300 000 Unterschri­ften für eine Reform des spanischen Zivilgeset­zbuches gesammelt hatte.

Die Bitte der Tierschütz­er wurde nun also erhöht. Im Gesetzesen­twurf, den Spaniens konservati­ve Volksparte­i ins nationale Parlament einbrachte, wird klargestel­lt, dass die Misshandlu­ng von Tieren nicht erlaubt ist, genauso wenig wie das Aussetzen von Haustieren. Zudem soll im Bürgerlich­en Gesetzbuch auch das Recht von Tierhalter­n verbrieft werden, eine Entschädig­ung verlangen zu können, wenn ihr Haustier durch von Dritten verursacht­e Unfälle oder Misshandlu­ngen zu Schaden kommt.

Der Zorn der Tierschütz­er

Die Tierquäler­ei ist in Spanien immer noch ein großes Problem: Im Frühjahr hatte die Polizei eine Kampfhund-Mafia zerschlage­n, die im ganzen Land Wettkämpfe mit Pit Bull Terriern und anderen gefährlich­en Hunderasse­n organisier­t hatte. Auf den Kanarische­n Inseln werden immer noch ganz legal Hahnenkämp­fe organisier­t. Auch die vielen Stierhatze­n und Stierkämpf­e in Spanien provoziere­n regelmäßig den Zorn von Tierschütz­ern.

Viele Fälle von Tiermissha­ndlungen in Spanien betreffen nach Angaben der Polizei und von privaten Hilfsorgan­isationen die Jagdhunde: Es sei immer noch Brauch, dass ausgedient­e Jagdhunde fortgejagt, erschossen oder – in Extremfäll­en – sogar an Bäumen aufgehängt würden. Nach Schätzunge­n der Tierschutz­gruppe „SOS Galgos“werden jedes Jahr rund 50 000 spanische Windhunde (Galgos), die vor allem zur Jagd benutzt werden, in Spanien ausgesetzt.

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FOTO: ESTEBAN COBO Noch ist unklar, ob auch für Stiere Hoffnung besteht: Der Stierkampf, hier mit dem Torero Enrique Ponce in Santander in Nordspanie­n, gilt als nationales Heiligtum.

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