Walther Plathe ist ein großes Vergnügen
Mit Angelika Wedekind spielt er die Komödie „Wand an Wand“im Stadttheater
LINDAU - Walter Plathe scheut sich als opulentes Bühnentier vor nichts. Weder vor der eigenen Leibesfülle noch vor intimen Gesprächen mit Topfpflanzen. Und schon gar nicht vor seiner Nachbarin in der Komödie „Wand an Wand“. Er, Angelika Wedekind und Pianist Thomas Möckel von den Hamburger Kammerspielen waren am Freitagabend im ausgebuchten Stadttheater zu sehen und zu hören. Poetisch, zupackend und sehr publikumsnah.
Viele kennen den in Ostberlin geborenen Schauspieler Walter Plathe aus diversen Fernsehserien wie „Der Landarzt“oder „Traumschiff“und sind auch gerade deswegen an diesem Abend gekommen. Denn ihn live und in voller Größe vor sich auf der Bühne zu haben, ist noch einmal ganz anders. Also Vorhang auf für einen Routinier, dessen gebrochene raue Stimme mit poetischen Liedern und Couplets aufwartete und der aus dem Ernst der Sache wahre Komödie machte. Indem er über sich selbst zu lachen weiß.
Lang ausgestreckt ruht er in einem Sessel. Neben ihm reihenweise Bücherregale. Sofort ist klar, woher der Wind weht. Zur Unterhaltung, denn er ist Single, liebkost er zwei ebenso einsame Zimmerpflanzen. Auf der anderen Hälfte der Bühne hat Regisseur Peter Dehler die Wohnung von Waltraud platziert. Voll gestellt mit Umzugskartons, denn sie hat gerade Jürgen den Laufpass gegeben. „Ich brauch´ Tapetenwechsel“singen beide frohen Mutes im Duett zur Klavierbegleitung von Thomas Möckel, der versteckt hinter dem Mobiliar musikalische Pretiosen bietet. „Er“trauert noch um „Otto“, welcher als Leguan sich immer so gut auf dem Klavier machte und weswegen er sich hat scheiden lassen. Man muss wissen, Walter Plathe erlernte in jungen Jahren den Beruf des Fachverkäufers für Zooartikel. Er kennt sich aus. „Sie“hat dagegen ein anderes Naturell. Sie ist lebenslustig und spontan. Fühlt sich wie neu geboren in ihrem neuen Zuhause, wäre da nur nicht der Nachbar, der ihren Lärm mit dem Schlagbohrer überhaupt nicht lustig findet. Beide brillieren mit satten Pointen. Wenn es um die Frage geht, wie man zusammen alt wird. Antwort: „Ja, aber mit dir geht das zu schnell!“Oder er sie als Terroristenfrau beschimpft und sie mit Blick auf seinen Bauch mit Sprengstoffgürtel abmachen kontert. Und selber lachen muss.
Die Geschichte nimmt alle Hürden
Er ist auf der Suche nach Streicheleinheiten, sie noch im festen Vertrauen auf Singlebörsen, dort im „World Wide Web“den Richtigen zu finden. Ein Filmchen drehen die beiden – mit Föhn von unten her, damit die Haare besser fliegen. Die Kandidaten in den auf die Rückwand projizierten Dating-Portalen mimt Peter Dehler gleich selbst. Einer schauriger als der andere. Sie amüsiert sich köstlich darüber, er übt sich in prosaischen Gedichten vom „Tantenmörder“, um ihr zu imponieren.
„Wand an Wand“kann jedem passieren, der kein Haus sein eigen nennt. In diesem Fall nimmt die Geschichte alle Hürden – auch die mit dem Hula-Hoop-Reifen, den nicht nur sie sich um die beleibten Hüften schwingt. Er: „Wollen Sie nicht zu mir kommen?“, wo sie auf die Story mit „Otto“herzerfrischend hereinfällt. Franz heißt er, als sie sich mit Mozarts „Papageno“singend zuprosten. „Waltraud und Franz fallen übereinander her. Aus verschiedenen Gründen möchten wir Ihnen diese Szene nicht zeigen“, ist auf einem Schriftband zu lesen, wenn das Paar im Bademantel wieder erscheint. Nach einem lustvollen Potpourri mit Schlagern von Udo Jürgens rundeten diesen Theaterabend die Zugaben beider Schauspieler ab. Echt berlinerisch. Sie mit „Ein Neandertaler“, den sie kämmen kann auf dem Schulterblatt. Er mit „Nehm’n se ’n Alten“, wofür Walter Plathe die Bühne verließ und sich in den vorderen Reihen umtat. „Besser wie nüscht!“, lautete die magere Ausbeute. Doch das Vergnügen, ihm so nah zu kommen, war groß.