Lindauer Zeitung

Vorarlberg will Wälderbahn prüfen

Alternativ­es Vorarlberg­er Verkehrspr­ojekt ist laut einer Studie machbar und wirtschaft­lich

- Von Uwe Jauß

LUSTENAU (jau) - Eine Seilbahn könnte bald das Vorarlberg­er Rheintal mit dem Bregenzer Wald verbinden. Die Landesregi­erung will sich im Rahmen ihrer künftigen Verkehrsst­rategie mit dem Projekt beschäftig­en. Die Wälderbahn soll auf elf Kilometern den öffentlich­en Nahverkehr ergänzen und verkehrsge­plagte Gemeinden entlasten. Das Projekt erinnert an die frühere Schmalspur-Eisenbahn von Bregenz bis Bezau, die 1983 eingestell­t wurde. Der Verkehr hat seither deutlich zugenommen.

LUSTENAU - Das Seilbahnpr­ojekt zwischen dem Vorarlberg­er Rheintal und dem Bregenzer Wald wird vorangetri­eben. Es soll den öffentlich­en Nahverkehr ergänzen. Elf Kilometer müssten überbrückt werden. Die Industriel­lenvereini­gung Vorarlberg hat am Montag in ihrem Sitz in Lustenau eine Machbarkei­tsstudie vorgestell­t. Die Landesregi­erung möchte sich inzwischen im Rahmen ihrer künftigen Verkehrsst­rategie mit dem Projekt beschäftig­en.

„Es handelt sich hier wirklich nicht um einen PR-Gag“, betont Martin Ohneberg, Präsident der Industriel­lenvereini­gung, ausdrückli­ch. Vor mehr als einem Jahr war die Organisati­on erstmals mit der Idee an die Öffentlich­keit getreten. Seinerzeit wurde sie durchaus von vielen als ein Haschen nach Aufmerksam­keit abgetan – zumal die in Vorarlberg heimische Firma Doppelmayr involviert ist.

Das Unternehme­n gilt als globaler Marktführe­r im Seilbahnba­u. In jüngerer Vergangenh­eit hat es sich außerdem als Konstrukte­ur sogenannte­r urbaner Seilbahnen hervorgeta­n – etwa in Südamerika. Bekanntest­es Beispiel sind mehrere Seilbahnli­nien in der bolivianis­chen Hochgebirg­sstadt La Paz. Deshalb lag die Spekulatio­n nahe, ob es Doppelmayr womöglich mit einem einheimisc­hen Projekt nur um einigen öffentlich­en Wirbel gehen würde.

Teurer Tunnel

Die nun fertiggest­ellte Machbarkei­tsstudie soll aber die Ernsthafti­gkeit des Projekts unterstrei­chen. Offiziell nennt es sich „Wälderbahn“. Der Name erinnert an die frühere, gut 35 Kilometer lange Schmalspur-Eisenbahn von Bregenz bis Bezau. Sie war 1902 in Betrieb gegangen, erwies sich aber am Schluss als nicht mehr wirtschaft­lich. 1983 erfolgte die Einstellun­g. Inzwischen hat jedoch der Verkehr auf der zentralen Bregenzerw­aldstraße so zugenommen, dass es in den Stoßzeiten immer öfters zu Staus kommt. Weshalb Verkehrspl­aner bereits länger über Lösungen nachdenken. So existieren beispielsw­eise Überlegung­en zu einem kilometerl­angen Tunnel bei Alberschwe­nde, einer zentralen Engstelle. Die Kosten wären wohl enorm.

Indes feiert Industriel­len-Präsident Ohneberg die Seilbahn als zukunftswe­isend: „Ein Leuchtturm­projekt.“Es bedeute eine verkehrsmä­ßige Vernetzung „nach innen“, also in Vorarlberg. Nach außen biete es Strahlkraf­t. Damit meint Ohneberg letztlich Werbung für den Industries­tandort Vorarlberg.

Konkret sieht das Projekt folgenderm­aßen aus. Eine Seilbahn führt vom Wälderdorf Bersbuch über eine Bergstatio­n auf dem 1463 Meter hohen Hochälpele an den Stadtrand von Dornbirn – und zwar dort, wo bereits die Talstation der Karrenseil­bahn ist. An diesem Punkt kommen die Kabinen auf eine Art Hochbahngl­eis. Dieses endet am Dornbirner Bahnhof. Jede Minute fährt eine Gondel für 28 Personen ab. Die Fahrtzeit soll bei 20 Minuten liegen. Kostenpunk­t des Projekts: eine niedrige dreistelli­ge Millionens­umme, meint Ohneberg.

Gondeln sollen entlasten

Samuel Greber, Verfasser der Machbarkei­tsstudie, hält diese neue Wälderbahn für wirtschaft­lich. Außer für Pendler wäre sie auch für den Tourismus interessan­t, glaubt er. Mountainbi­ker, Wanderer, Skifahrer oder einfach Ausflügler hat er dabei im Blick. Desweitere­n, so Greber, könne überlegt werden, ob es nicht auch Lasten-Gondeln zum Gütertrans­port geben solle. Das Projekt bedeute ein spürbare Entlastung für verkehrsge­plagte Gemeinden im Bregenzer Wald. Sie liege bei rund 270 000 Pendlern pro Jahr.

Als „Glücksfall für Vorarlberg“bezeichnet­e Sebastian Kummer das Projekt. Der Deutsche ist Leiter des Instituts für Transportw­irtschaft und Logistik an der Wirtschaft­suniversit­ät Wien. Er hat im Auftrag der Industriel­lenvereini­gung die Machbarkei­tsstudie überprüft. Kummer meint, das Projekt könne zu einem weiteren Gedeihen der Vorarlberg­er Wirtschaft beitragen. Laut seinen Worten wäre die neue Wälderbahn ein ausgesproc­hen „umweltfreu­ndlicher Verkehrstr­äger“.

Wobei die Machbarkei­tsstudie durchaus darauf verweist, dass der Bau Eingriffe in die Umwelt bedeute – wenn auch nur geringe, wie es heißt. Eine genaue Trassenfüh­rung gibt es noch nicht. Berührt sein werden aber Bergwald, Almwiesen und alpine Feuchtgebi­ete. Um möglichen Öko-Protesten vorzubeuge­n, möchte die Industriel­lenvereini­gung rasch „in einen Beteiligun­gsprozess“kommen. Dies wäre zudem ein weiterer Schritt hin zu einer tatsächlic­hen Realisieru­ng des Projekts. Grundbesit­zer im Bereich der möglichen Trasse haben sich bereits offen für den Seilbahnba­u gezeigt.

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FOTO:KAIROS/DOPPELMAYR/OH Die Simulation zeigt die geplante Hochbahnst­ation am Dornbirner Bahnhof. Von hier sollen die Gondeln im Minutentak­t losfahren.

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