Wenn das viele Rot mit kleinen Bestimmern durchgeht
„Die Königin der Farben“begeistert die kleinen Besucher im Stadttheater
(isa) - Ein Theaterbesuch ist für Kinder immer aufregend, ein Abenteuer. Ganz besonders spannend wird es, wenn es so bunt zugeht, wie bei jener kleinen Königin, die die Bestimmerin über die Farben ist. Doch die Geschichte von der „Die Königin der Farben“ist nur das eine. Mit ihr hat die „Compagnie Les Voisins“ein Stück auf die Lindauer Hinterbühne gebracht, das mit Schauspiel, Musik und außergewöhnlichen Projektionen die vielen, vielen kleinen Theaterbesucher überzeugte.
Am Anfang ist alles schwarz: Die Bühne, die Hofmalerin, die an einem schwarzen Stehpult ihren Platz einnimmt, der Hofmusiker mit seinem schwarzen Akkordeon. Nur ein großer leuchtender Halbkreis auf einer Leinwand bringt ein wenig Licht auf und in den Zuschauerraum der Hinterbühne, wo gespannt die kleinen Zuschauer warten. Der Hofmusiker beginnt zu spielen, die Hofmalerin zu zeichnen. Das, was sie mit schnellen, schwarzen Pinselstrichen auf ein Blatt Papier malt, erscheint im selben Augenblick auf dem hellen Halbrund. „Das ist die kleine Königin“, beschreibt die Hofmalerin das kleine Strichmännchen mit der Krone und einem bauchigen Kleid. Dann bekommt das Strichmännchen ein Schloss und ein Bett, in dem es schläft und zum Vergnügen der Kinder auch noch fürchterlich schnarcht. Weil es Zeit zum Aufstehen ist, wecken der Hofmusiker und die Hofmalerin das Strichmännchen mit einem kräftigen Pusten. Die kleinen Strichhaare flattern im Pustewind und es ist, als würde ihm gleichzeitig Leben eingehaucht.
Nach ihrer Nase tanzen
In dem Moment, als die Figur erwacht, ist sie kein Strichmännchen mehr, sondern die kleine Königin. Aber eine Königin, die ist wie jedes andere Kind auch. Sie hüpft auf dem Bett, schummelt ein bisschen, wenn sie duschen soll, macht undefinierbare Geräusche beim Essen, schlürft lautstark beim Trinken, hat nur Spielen im Kopf und mag es am liebsten, wenn alle nach ihrer Nase tanzen. Verhaltensweisen eben, in denen sich die kleinen Zuschauer sofort wiedererkennen, bei denen mitlachen, aufdecken und weswegen sie sie gleich in ihr Herz schließen. Und der Hofmusiker und die Hofmalerin? Die sind natürlich einzig und allein nur dafür da, der kleinen Königin einen schönen Tag zu bereiten. Sie selbst ist dabei die Bestimmerin.
Weiter geht’s draußen, auf der Wiese. Dort ist ihr das Leben schnell zu eintönig. Das Spiel mit dem Ball zu langweilig. Kein Wunder eigentlich, fehlen doch die Farben in dieser schwarz umrandeten Strichwelt. „Welche Farbe möchtest du denn?“, erkundigt sich die Hofmalerin. „Egal, Hauptsache Rot“, lautet die Antwort und schon malt die Hofmalerin alles rot an. Der Hofmusiker spielt eine rasante Musik, die kleine Königin ist begeistert, die Hofmalerin auch –
und die zusehenden Kinder sowieso. Im Eifer des Gefechts entgleitet die Farbe, alles ist rot. Am Schluss zerreißt sogar das Papier. „Oh“, sagt die kleine Königin. „Das Rot ist einfach mit mir durchgegangen.“Doch das
macht nichts. Die Hofmalerin malt schnell ein neues Bild und die kleine Königin taucht ein ins Blau des kalten Wassers, ins Gelb der wärmenden Sonne, des warmen Strandes, der ganz schnell zur glutheißen Wüste wird, weil die kleine Königin weder auf die Ratschläge der Hofmalerin und des Hofmusikers noch der Kinder hören will. Ihre Bestimmerei bringt sie schließlich ins schlammig grüne Land der unbedacht gemischten Farben und beinahe schon hätte die Hofmalerin die Kinder nach Hause geschickt, ohne dass sie das Ende der Geschichte je erfahren hätten.
Die kleine Königin kommt angesichts der grauen Welt zur Räson und will „eine völlig neue Welt“gemalt haben. „Farben, ihr könnt wieder rauskommen. Wir sind wieder lieb“ruft sie und muss ganz bitterlich weinen. So sehr, dass ihr lauter bunte Tränen aus den Augen kullern, die ihre Welt wieder ganz bunt machen. Jetzt, endlich, ist die Welt wieder in Ordnung, und die kleine Königin verrät den Kindern, was sie eh schon wissen. Nämlich: „Wisst ihr, was meine Lieblingsfarbe ist?“„Bunt“, antworten die Kinder und das Licht geht aus und hüllt die Hinterbühne in ein tiefes Schwarz.