Plan C für den Berliner Platz
Stadt arbeitet an Alternative zu Fly Under und Ampelkreuzung.
LINDAU - Die Neugestaltung des Berliner Platzes wird eine der wichtigsten Aufgaben der Stadtentwicklung in den kommenden Jahren. Nach dem Jahreswechsel soll sich der Stadtrat damit befassen. Das Staatliche Bauamt drängt, denn immerhin muss bis in drei Jahren eine Lösung nicht nur geplant, beschlossen und genehmigt, sondern auch gebaut werden. Andernfalls könnte niemand den neuen Reutiner Bahnhof anfahren.
Hinter den Kulissen erarbeitet eine Arbeitsgruppe derzeit einen Vorschlag für die Neugestaltung, wie Lindaus Pressesprecher Jürgen Widmer auf Anfrage der Lindauer Zeitung berichtet. Darin arbeiten Verwaltungskräfte der Stadt ebenso mit wie ein Verkehrsfachmann und Vertreter der Betroffenen wie zum Beispiel dem Lindaupark oder dem Bauträger I+R, die auf dem früheren Cofely-Grundstück ein neues Wohngebiet planen. „Die Stadt arbeitet an einer dritten Variante“, sagt Widmer, also an einer Möglichkeit, welche die ungeliebte Unterführung ebenso überflüssig macht wie die Ampelkreuzung, von der viele Lindauer nicht glauben, dass sie funktionieren kann.
Stadt hält eine Übergangslösung für unbedingt erforderlich
Im Februar soll die Planung so weit sein, dass der Stadtrat sich damit in einem Workshop befassen kann. Anschließend soll es auch eine Bürgerbeteiligung geben, versichert Widmer. Immerhin handelt es sich um Lindaus verkehrsreichsten Platz, der mit dem Neubau des Bahnhofs zur Drehscheibe werden soll, an der sich Autos, Züge, Stadt- und Regionalbusse sowie Fernbusse treffen, auch Fußgänger und Radfahrer sollen dort besser zurechtkommen als heute.
Allzu viel Zeit dürfe sich die Stadt aber nicht lassen, warnt Markus Kreitmeier, Bereichsleiter Straßenbau im Staatlichen Bauamt. Denn der Fachmann weiß, dass drei Jahre von der Planung bis zur Fertigstellung auf einem derartigen Platz nur selten reichen: „Das ist sehr, sehr sportlich.“Weil das auch die Stadt weiß, geht Widmer davon aus, dass Lindau neben einer endgültigen Lösung, die alle Ansprüche berücksichtigen muss, eine Übergangslösung brauchen werde. „Wir werden sicherstellen, dass der Bahnhof angeschlossen ist“, versichert der Pressesprecher und erinnert daran, dass man bei jeder großen Lösung mit Verzögerungen durch Bürgerbegehren oder Klagen rechnen müsse, sodass diese nie bis in drei Jahren fertig würde.
Klar ist auch, dass sich eine Mehrheit im Stadtrat vorerst von der Unterführung, dem sogenannten Fly Under, verabschiedet hat. Allein für die erste Vorplanung hätte Lindau statt der ursprünglich geschätzten 50 000 Euro plötzlich 125 000 Euro zahlen sollen. Was das für die Baukosten bedeutet, die bisher vorläufig auf zehn Millionen Euro geschätzt wurden, weiß Widmer nicht. Zudem sind Staatliches Bauamt und Stadt Lindau uneins über die Verteilung der Kosten: Die Kemptener Behörde hat eine Halbierung vorgeschlagen, die Stadt sieht den größeren Anteil bei Bund und Freistaat, weil auf Bundes- und Staatsstraßen viel mehr Autos fahren, als auf der städtischen Rickenbacher Straße oder den Zufahrten zum Lindaupark und dem neuen Reutiner Bahnhof.
Aus Kostengründen und wegen des Stadtbildes hat der Stadtrat vor einigen Wochen deshalb in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen, dass es zwar vorerst beim Grundsatzbeschluss für den Fly Under bleibt, dass dessen Umsetzung aber vorerst ausgesetzt ist. Die Räte haben die Verwaltung deshalb aufgefordert, eine Alternative zur Unterführung und der Ampelkreuzung zu planen.
Mit diesem Vorgehen ist auch Straßenbauchef Kreitmeier aus dem Staatlichen Bauamt einverstanden, auch wenn er gerne den Auftrag zur Vorplanung einer Unterführung vergeben hätte. Andererseits hält er es für richtig, eine Vorplanung zu stoppen, die eine Viertelmillion Euro gekostet hätte, wenn man nicht sicher ist, dass man diese auch bauen will.
Kreitmeier fordert die Verantwortlichen in Lindau umso dringlicher auf, so schnell wie möglich die Rahmenbedingungen zu klären. Denn wirklich gut werde man den Berliner Platz nur planen können, wenn man weiß, um wie viel der Lindaupark seine Verkaufsflächen denn vergrößert, ob es am Bahnhof weiteren Einzelhandel geben soll, wie viele Parkplätze dort geplant sind. Diese und andere Fragen müssten schnell geklärt werden. Dass allein das Raumordnungsverfahren für den Lindaupark etwa ein halbes Jahr dauern wird, könnte da zum Problem werden.
Wenn mancher in Lindau angesichts der Gemengelage behauptet, das Staatliche Bauamt sei bei der Planung des Berliner Platzes draußen, dann stellt Kreitmeier dies klar: „Das ist eine Falschmeldung.“Vielmehr sei es so, dass der Ball derzeit bei der Stadt liege. Aber schon gleich nach dem Jahreswechsel seien Abstimmungsgespräche zwischen Stadt und der Kemptener Behörde geplant, um über den noch geheimen Plan C zu sprechen.
Lindaus Pressesprecher Jürgen Widmer „Wir werden sicherstellen, dass der Bahnhof angeschlossen ist.“
Staatliches Bauamt plant keine Abstufung der Bundesstraße
Ins Reich der Fabel verweist Kreitmeier auf Anfrage der Lindauer Zeitung auch Behauptungen, es drohe eine Abstufung der B 12 zur Staats- oder Kreisstraße, weil sich der Bund vor der Pflicht zur Finanzierung des Berliner Platzes drücken wolle. Ähnliches hatten bei den Nominierungsversammlungen für OB-Kandidat Oliver Eschbaumer die Stadt- und Kreisräte Jürgen Müller und Ulrich Jöckel behauptet. Zwar habe der Bund anderswo durchaus Bundesstraßen abgestuft, nachdem Autobahnen fertig wurden, sagt Kreitmeier, doch das drohe nicht für diesen Fall: „Wir sind froh, dass die B12 durch Lindau durchgeht. Und daran will das Staatliche Bauamt auch nichts ändern.“