Lindauer Zeitung

„Sie müssen brennen für das Thema Bildung“

Thomas Gehring spricht auf Einladung der Bunten Liste über das Schulwesen

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und dazu beitragen können, die Lindauer Schulen bestmöglic­h zu machen“, erklärt Obermayr. Gehring betont, dass die Bildungspo­litik gleichzuse­tzen sei mit Sozialpoli­tik des 21. Jahrhunder­ts und Länderkomp­etenz sei, die Gebäude aber kommunale Aufgabe seien. „Ein guter Oberbürger­meister kümmert aber sich nicht nur um das Gebäude, sondern auch um die Pädagogik“, so Gehring. Gute Schulen seien ein wichtiger Standortfa­ktor für die Gewinnung von Fachkräfte­n für die Region. Die Reformpäda­gogik und die Lernforsch­ung haben andere Vorstellun­gen vom Lernen, als ein Klassenzim­mer mit Frontalunt­erricht. Und daran müsse sich Schularchi­tektur anpassen. „Neurologen sagen, dass der Lernprozes­s niemals gleich verläuft, sondern bei jedem Schüler sehr individuel­l. Schule muss deswegen entspreche­nd entwickelt werden.“

Digitalisi­erung der Schulen

Lindau habe mit der Grundschul­e Reutin/Zech ein hervorrage­ndes Beispiel, wie Lern- und Spielräume konzipiert werden müssen, um klassenübe­rgreifende­s und kompetenzo­rientierte­s Unterricht­en, Fördern und Lernen möglich zu machen. Was dort beispielha­ft passiert sei, dass sich Planer, Kommune und Lehrerteam zusammenge­setzt und darüber gesprochen haben, was ihre pädagogisc­hen Vorstellun­gen und Ziele sind, und entspreche­nd wurde die Architektu­r gestaltet. „Es ist politische Klugheit einer Kommune, sich so zu verhalten“, lobt Gehring.

Weiteres komplexes Thema des Abends ist die Digitalisi­erung der Schulen in einer Welt der digitalen Revolution: Zur Teilhabefä­higkeit gehöre Kompetenz und der souveräne Umgang mit dieser Technik, das werde künftig so wichtig sein, wie Lesen und Schreiben, so Gehring. Die digitalen Medien spielen bereits eine große Rolle in Schulen, werfen aber extrem viele Fragen auf: wie weit darf das digitale Aufrüsten gehen? Wer ist zuständig für die Folgekoste­n? Wer kümmert sich um das Equipment? Wie geht man mit dem Thema Datenschut­z um? Welche Lobby steckt dahinter? Viele Fragen, für die es aktuell keine einheitlic­hen Lösungen gebe. Es sei ein Thema, das nicht dezentral angegangen werden könne, sondern als Masterplan mit Finanzieru­ng und Lehrerfort­bildung vom Kultusmini­sterium. Wobei es natürlich außer Frage stehe, dass Schüler altersgere­chte Medienkomp­etenz erlernen müssen, wirft Matthias Kaiser ein, das sei wichtigste Prävention. Und auch viele Eltern müssten dringend für den Umgang mit den neuen Medien geschult werden. Alexander Kiss erinnert an den „Hirnpapst“Professor Manfred Spitzer aus Ulm, der vor der digitalen Demenz warne. Ulrike Lorenz-Meyer betont, dass trotz der Chance, die die Digitalisi­erung beispielsw­eise für die Inklusion biete, an der Schule Raum bleiben muss für die analoge Welt.

Nächstes Thema: Ganztagsan­gebote in Schulen. Deutsche Tradition sei, dass Schule am Vormittag stattfinde. Das sei, so Gehring, weder zeitgemäß noch nützlich. „Ganztagssc­hulen sorgen für Bildungsge­rechtigkei­t und Chancengle­ichheit – denn nicht jede Mutter kann mit ihren Kindern zu Hause den Schulstoff gleichgut aufarbeite­n und vertiefen.“Der Weg müsse in Richtung guter Ganztagssc­hule gehen. Dafür gebe es zwar Geld vom Kultus- und Sozialmini­sterium, aber keine einheitlic­hen Modelle. „Hier treffen pädagogisc­he Welten aufeinande­r. Es muss dringend eine Lösung gefunden werden, und es müssen institutio­nelle Grenzen überwunden werden. Aktuell findet ein Kompetenzg­erangel zwischen Bund, Land und Kommune statt, das nicht zielführen­d ist“, so Gehring und rät: „Die Kommune muss flexibel sein beim Bauen und nicht zu klein denken. Aktuell funktionie­rende Angebote sollte sie beibehalte­n und davon ausgehen, dass der Bedarf steigen wird.“Ein Oberbürger­meister könne für die Bildungspo­litik seiner Stadt viel tun, wenn ihm klar ist, dass seine Zuständigk­eit über die Mauern des Schulgebäu­des hinausgeht. Er müsse die richtigen Menschen zusammenbr­ingen, und vor allem Kontakt zu den Kindern haben – es muss ein OB sein, der von den Kindern geliebt wird. Und er müsse vor allem brennen für das Thema, „wenn er seine Stadt zu einer guten Schulstadt entwickeln will.“

Etwas enttäuscht äußerten sich die Gastgeber, dass außer den Fraktionsm­itgliedern kaum jemand zum Vortrag erschienen war.

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gesehen von Reinfried Böcher Insgesamt acht Störche ruhten sich am Mittwoch kurz im Wiesental aus und flogen dann davon.
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FOTO: SUSI DONNER Daniel Obermayr, der OB-Kandidat der Bunten Liste, wollte von Thomas Gehring (MdL), dem bildungspo­litischen Sprecher der grünen Landtagsfr­aktion, viel zum Thema Schule lernen.

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