„Die Moschtköpf bleiben auch nach Aschermittwoch“
Zeitungsente Linda erklärt zu Silvester, was sie von Eiseskälte, hässlichen Männerbeinen und Baustellen hält
LINDAU - Jeden Tag kommentiert Zeitungsente Linda in ihrer Kolumne das Geschehen in ihrer Heimatstadt. Zum Ende des Jahres war es mal Zeit für ein größeres Interview. Die LZRedakteure Evi Eck-Gedler und Dirk Augustin haben Linda auf den Interviewstuhl der Lindauer Zeitung gebeten, auf dem sonst Stadträte, Oberbürgermeister oder Redaktionsgäste wie der Ministerpräsident Platz nehmen. Und Linda hat umfassend Auskunft gegeben.
Liebe Linda, wie geht es Dir am Jahresende?
Ehrlich gesagt, bin ich ganz schön müde. Denn in diesem Jahr war schon sehr viel los, was ich als neugierige Zeitungsente nicht verpassen durfte. Es wurde viel gebaut, die Lindauer haben viel diskutiert und gestritten. Jetzt bin ich froh über ein wenig Ruhe zum Jahreswechsel.
Was ist Dir am meisten in Erinnerung geblieben?
Dass der Kleine See zum Jahresbeginn wieder zugefroren war. Uiiih, das ist schön gewesen, so übers Eis zu schlittern, für kurze Zeit sogar unter der Seebrücke hindurch. So schnell komm ich Ente schwimmend jedenfalls sonst nicht vom Bahndamm bis zur Brücke. Weniger lustig fand ich die Eiseskälte Ende April, nachdem ja die Obstbäume im Lindauer Hinterland schon im März so schön geblüht hatten.
Was hat Dir am besten gefallen in diesem Jahr?
Wie in jedem anderen Jahr auch: Meine wunderbare Insel. Da gibt es so viele schöne Ecken und Plätze, dass ich gar nicht weiß, wovon ich am meisten schwärmen soll. Ich liebe es, die Sonnenuntergänge auf der Hinteren Insel zu erleben. Oder – vor allem im Winter – die Sonnenaufgänge über dem Pfänderrücken und die schneebedeckten Berge hinterm Rheintal zu bewundern. Ich komme ins Schwelgen, wenn ich die Segelboote über den See gleiten sehe. Und ich liebe den Hafen, wenn dort so richtig Trubel ist und die Gäste von diesem herrlichen Ausblick schwärmen. Ich bin aber auch ganz froh, wenn ich das alles mal in Ruhe genießen kann, wenn die meisten Gäste wieder weg sind.
Und was hat Dir nicht gefallen?
Hässliche Männerbeine in kurzen Hosen und mit Socken in ausgelatschten Turnschuhen musste ich mir leider auch in diesem Sommer wieder anschauen. Und ansonsten kann ich schon verstehen, dass viele Lindauer über die Baustellen schimpfen. Ich als Zeitungsente habe es gut und kann darüber hinwegfliegen. Ihr Redakteure habt hingegen oft, wie viele andere Lindauer auch, im Stau gestanden und mit der Zeit gehadert. Aber das wird im kommenden Jahr hoffentlich besser, wenn die Unterführung fertig wird.
Aber als bekannte Lästerente muss es doch noch mehr geben, was Dir im vergangenen Jahr aufgefallen ist...
Natürlich bin ich ebenso wenig glücklich darüber, dass der Umbau der Inselhalle länger dauert und so viel teurer wird. Als kleine Ente kann ich nicht beurteilen, wer schuld daran ist. Da erwarte ich schon noch genauere Informationen. Ich bin froh, dass die Stadt das dafür nötige Geld aufbringen kann und deshalb nicht in große finanzielle Probleme gerät. Natürlich fallen mir viele andere Dinge ein, die Lindau mit diesem Geld hätte anschaffen können. Jetzt hoffe ich mit Euch Lindauern, dass das bei anderen Großprojekten besser läuft. Nicht gefallen hat mir auch, dass bei manchen Gesprächen der Ton immer rauer wird in dieser schönen Stadt. Und das nicht nur auf Facebook. Vor dem Bürgerentscheid zur Therme zum Beispiel ging ganz schön viel unter die Gürtellinie. Da frage ich mich, warum Ihr Menschen da nicht menschlicher miteinander umgehen könnt, auch wenn Ihr unterschiedlicher Meinung seid.
Was erwartest Du für das kommende Jahr?
Ich bin so lange in Lindau, dass ich weiß, dass sich nichts grundsätzlich ändern wird. Ich hoffe auf ausreichend Entenfutter, auf Schmackhaftes, gerne auch in Form von Schoki, Keksen und Gummibärchen, damit ich Eure hin und wieder doch arg strapazierten Nerven pflegen kann. Aber vor allem auf viele gute Geschichten und Nachrichten. Na ja, mir ist schon klar: Die Moschtköpf bleiben auch nach Aschermittwoch. Es wird viel Streit geben über dies und das. Und die Lindauer werden ihre Stadt eben so genießen, wie sie das schon immer gemacht haben. Auch wenn sich äußerlich was bewegen mag und ich natürlich hoffe, dass so mancher Moschtkopf mal weniger sein eigenes Ego pflegt, nicht in zehn verschiedene Richtungen driftet, sondern an einem Strang zieht, für eine gute Zukunft unserer Stadt – im Inneren bleiben die Lindauer, wie sie schon immer waren.