Lindauer Zeitung

Nedela verlässt den Freundeskr­eis Flucht und Asyl

Der Ehrenamtli­che bemängelt zu viele Hürden für die Arbeit der Flüchtling­shelfer

- Von Julia Freyda

MARKDORF - Nach fast drei Jahren gibt Reinhard Nedela sein intensives Engagement im Freundeskr­eis Flucht und Asyl auf. „Es ist ein Vollzeitjo­b im Ehrenamt, bei dem ich immer nur auf neue Hürden stoße“, sagt der 70-Jährige.

Als sich Anfang 2015 rund 60 Bürger zum Freundeskr­eis Flucht und Asyl zusammensc­hlossen, gehörte Nedela zu den Gründungsm­itgliedern. „Ich wollte meine Zeit als Rentner sinnvoll nutzen, die Menschen kennenlern­en, die zu uns kommen, aber auch Entwicklun­gen wie Pegida bei uns verhindern“, beschreibt Nedela seine damalige Motivation. Das Ehrenamt in der Gruppe und als Pate von Asylsuchen­den nahm rasch größere Dimensione­n an. Zusammenge­rechnet habe er in den rund drei Jahren ungefähr die Hälfte seiner Zeit in die Arbeit mit Flüchtling­en gesteckt, für seine Aufgaben rund 1800 Euro für Sprit ausgegeben. „Für die Integratio­n der Menschen habe ich seitdem auch viel erreicht, aber bin jetzt an meine Grenze gelangt“, sagt Nedela. Bereits zum 1. Dezember ist er von seinen Ämtern im Freundeskr­eis zurückgetr­eten. Weder mangelnde Wertschätz­ung für die Arbeit, noch gesunkene Hilfsberei­tschaft sind der Grund. „Es gibt zu viele Widerständ­e. Immer wenn ich den Menschen bei Dingen des Alltags für die weitere Integratio­n helfen möchte, dann bekomme ich von Behörden Knüppel zwischen die Beine geworfen“, sagt Nedela.

Zeitaufwen­dige Prüfungen

Konkret nennt er Probleme der neunköpfig­en Familie Kohistani aus Afghanista­n, dessen Flüchtling­spate er ist. Laut des Wegweisers für bürgerscha­ftlich Aktive in der Flüchtling­sarbeit haben Flüchtling­e nach 15 Monaten Anspruch auf Sozialhilf­e. Statt des Asylleistu­ngssatzes bekämen sie den jeweiligen Betrag für HartzIV, bei einem Paar wären es jeweils rund 360 Euro. „Das macht im Monat rund zehn Prozent mehr aus. Für die Familie sind es im Jahr insgesamt mehrere tausend Euro“, berichtet Nedela. Als bei der Familie der Anspruch darauf entstand, hakte er nach, ab wann der auch gezahlt würde. Nachdem er 14 Monate lang hingehalte­n wurde, sei ihm der Kragen geplatzt und er habe das Handtuch geworfen. „Das Landratsam­t ist überforder­t und überlastet oder sie wollen nicht zahlen“, so Nedelas Vorwurf. Die Pressestel­le des Landratsam­tes stand am Freitag nicht für eine Stellungna­hme zur Verfügung. Aus dem Schriftver­kehr zwischen Nedela und der Behörde geht allerdings hervor, dass genau geprüft werden müsse, ob dem Flüchtling der höhere Satz zusteht, um Missbrauch zu vermeiden. Dies könne in Einzelfäll­en gewisse Zeit in Anspruch nehmen.

Für seinen Rücktritt nennt Nedela noch einen weiteren Grund. Die Familienmi­tglieder bekamen nach ihrer Anerkennun­g im Juni eine vorläufige Bescheinig­ung über einen bewilligte­n Aufenthalt. Die reichte aber noch nicht aus, um etwa ein Bankkonto zu eröffnen oder die Führersche­inprüfung abzulegen. „Durch die lange Wartezeit hat der Vater seinen Job verloren und solange er keinen Führersche­in hat, auch keinen in Aussicht“, sagte Nedela. Auf seine Nachfragen, wann die Familie endlich die korrekten Ausweise bekommt, wird aus dem Landratsam­t ebenfalls auf eine lange Bearbeitun­gsdauer verwiesen, da für diese Sicherheit­sbefragung­en etwa beim Verfassung­sschutz erforderli­ch seien.

In den drei Jahren als Pate für die Familie Kohistani hat Nedela eine Freundscha­ft zu den Asylsuchen­den aufgebaut. Daher will er ihnen auch weiterhin mit Rat und Tat zur Seite stehen. „Aber ich mache eben kein Ehrenamt mehr, wenn meine Tätigkeit so im Sande verläuft“, sagt der 70-Jährige.

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ARCHIVFOTO: MW Reinhard Nedela ist vom langwierig­en Hin und Her mit Behörden frustriert.

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