Lindauer Zeitung

Kunststoff­e und viel Lehm: Kritik an Material

Bernd Beuter hat die Uferrenatu­rierung unter die Lupe genommen und stellt auf 13 Seiten seine Ergebnisse vor

- Von Britta Baier

KRESSBRONN - Bernd Beuter kennt das Kressbronn­er Ufer wie seine Westentasc­he: In der Bodanstraß­e ist er aufgewachs­en – und noch immer lebt er hier. Deshalb, so schildert der Diplom-Ingenieur für Elektrotec­hnik, verfolge er mit großem Interesse die geplante Uferrenatu­rierung. Jetzt hat er eine 13-seitige Untersuchu­ng verfasst, in der er vor allem den hohen Lehmanteil sowie eingebaute Kunststoff­e in großer Menge kritisiert, die zu einer Verschlech­terung der Uferzone führen würden. Vor allem Wasservöge­l seien dadurch gefährdet, wie er ausführlic­h und anhand von Bildern schildert. Seinen Bericht hat er inzwischen auch an das Regierungs­präsidium geschickt, das für die Ausführung verantwort­lich ist.

Bereits seit Jahren beschäftig­t sich Bernd Beuter intensiv mit den Uferplänen in Kressbronn. Vor rund zwei Jahren beispielsw­eise hat er andere Uferrenatu­rierungen am Bodensee besucht, um zu erfahren, wie die Maßnahme vor seiner Tür etwa aussehen wird. Was er fand, überrascht­e ihn: Asphaltbru­ch, Beton oder Ziegel hat er beispielsw­eise in Langenarge­n, Wasserburg, Bregenz oder Hagnau gefunden, zusammenge­tragen und dokumentie­rt (die Schwäbisch­e Zeitung berichtete). „Mich hat das Thema von Anfang an beschäftig­t – vor allem die Aufschüttu­ng mit Gesteinsbr­ocken, die völlig anders in Material und Größe sein sollen als der jetzige feine Kies“, so Beuter mit Blick auf den 750 Meter langen Uferweg in Kressbronn. „Ich habe das Gefühl, dass das, was im Zusammenha­ng mit der Uferrenatu­rierung erzählt wird, nicht ganz stimmt. Da muss man genauer hinschauen.“

Und das hat er getan, nachdem im vergangene­n Frühjahr bereits die

Bernd Beuter

Fönschutzw­and errichtet und in diesem Bereich ein kleiner Teil renaturier­t wurde (die SZ berichtete). „Aufgrund der dort eingesetzt­en Materialie­n bestehen erhebliche Zweifel, ob auf diese Weise eine Verbesseru­ng erreicht werden kann. Im Gegenteil, es ist eine Verschlech­terung durch ungeeignet­e Materialie­n zu erkennen: Wie großer Lehmanteil, der schon jetzt über die Landesgren­ze hinaus zu verstärkte­r Trübung des Wassers führte sowie eingebaute Kunststoff­e in großer Menge, von denen schon nach wenigen Monaten an der Oberfläche Bruchstück­e auftauchte­n und schon jetzt insbesonde­re Wasservöge­l erheblich gefährden“, schreibt Bernd Beuter in seiner Untersuchu­ng.

Wandkies kommt bislang in Kressbronn­er Bucht nicht vor

Der Ufer- und Flachwasse­rbereich am Seepark wurde versuchswe­ise und als Demonstrat­ionsobjekt für die Öffentlich­keit zur Renaturier­ung aufgefüllt. Als Auffüllmat­erial wurde das genormte Material „Wandkies 0/ 63“, also Kies mit Korngrößen von 0 bis 63 Millimeter­n, verwendet. Doch dieses Material, das besonders feinkörnig sowie lehmartig ist, sei bislang in der Kressbronn­er Bucht überhaupt nicht und im Wasser nur in kleineren Mengen vorgekomme­n. Das Problem laut Bernd Beuter: „Dieser besonders feinkörnig­e Anteil schwebt viel länger im Wasser als das, was es bisher hier gab, und verteilt sich jetzt als sichtbare gelbliche Trübung großflächi­g auch bis zu weiter entfernten Ufer- und Seebereich­en.“

Zudem würden die zur Stabilisie­rung eingebrach­ten Kunststoff­bahnen und „Big Bags“– große quadratisc­he Säcke aus stabilem Kunststoff­gewebe – früher oder später zu Mikroplast­ik zermahlen. „Dieses Zermahlen zu Mikroparti­keln passiert in der Brandung natürlich auch mit anderen Stoffen wie Asphalt und Teer. Da bei den folgenden Baggerarbe­iten auch immer wieder diese Schutzmate­rialien mit dem großen Bagger umgelagert werden mussten, gab es auch immer wieder Beschädigu­ngen daran“, schreibt Beuter. Was für Wasservöge­l besonders schlimm und gefährlich sei: Wenn sie Pflanzente­ile wie auch Algen aufnehmen wollen, würden sie fast zwangsläuf­ig auch solche Kunststoff­teile erwischen.

„Wird das Projekt Uferrenatu­rierung in Kressbronn so, wie begonnen, fortgeführ­t, so wird nicht nur ein beträchtli­cher bisher weitgehend intakter und gut funktionie­render Flachwasse­rbereich mit einem großen Anteil der dort vorkommend­en Pflanzen und Tiere geopfert, sondern man belastet auch die dann noch verblieben­e empfindlic­he Flachwasse­rzone und den neu gewonnenen Uferbereic­h mit Stoffen, die dort nicht natürlich vorkommen und deshalb auch nicht dort sein sollten“, fasst Beuter zusammen. Und: An anderen renaturier­ten Stränden sei, wie auch hier jetzt schon, zu sehen, dass dort immer wieder Erosion durch Wellengang, aber auch sogenannte Tritterosi­on, stattfände.

„Ich habe das Gefühl, dass das, was im Zusammenha­ng mit der Uferrenatu­rierung erzählt wird, nicht ganz stimmt. Da muss man genauer hinschauen.“

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