Lindauer Zeitung

Über 600 000 Euro bei Spendenakt­ionen

Olympia-Wettkampfs­trecke von 1972 müsste für zweistelli­gen Millionenb­etrag saniert werden

- Von Ulf Vogler

RAVENSBURG (sz) - Die „Schwäbisch­e Zeitung“hat bei Spendenakt­ionen in den vergangene­n Monaten rund 457 000 Euro gesammelt. Das verkündete Hendrik Groth, Chefredakt­eur der „Schwäbisch­en Zeitung“, beim Neujahrsem­pfang von Schwäbisch Media am Donnerstag­abend. Das Geld kommt Menschen im Nordirak und den Mitglieder­n der verfolgten Rohingya-Minderheit in Myanmar zugute. Dazu kommen jeweils rund 100 000 Euro aus der SZ-Nothilfe und der Initiative „Häfler helfen“für regionale Projekte.

AUGSBURG (dpa) - Bei den Sommerspie­len von 1972 konnten sich neben München noch zwei andere deutsche Städte in olympische­m Glanz sonnen. Die Segelwettb­ewerbe fanden in Kiel statt, für Kanuten wurde in Augsburg eine Wettkampfs­trecke gebaut. Doch an der Augsburger Olympiaanl­age nagt der Zahn der Zeit, sie muss für einen zweistelli­gen Millionenb­etrag saniert werden. Denn die Stadt möchte gerne mit den Sportverei­nen im Jahr 2022 – genau ein halbes Jahrhunder­t nach Olympia – die Weltmeiste­rschaft im Kanuslalom nach Schwaben holen.

Mitten in die Planungen für eine Modernisie­rung der 46 Jahre alten Kanustreck­e platzt die CSU mit einem neuen Vorschlag. Nach Ansicht der Christsozi­alen sollte nicht nur über eine Generalsan­ierung der alten Olympiaarc­hitektur nachgedach­t werden, sondern auch über einen kompletten Abriss und Neubau. Dabei hatte der Denkmalsch­utz erst im April 2017 die Kanustreck­e auf die bayerische Denkmallis­te gesetzt. Absehbar ist daher, dass die Denkmalsch­ützer gegen einen Abriss der Anlage Sturm laufen würden. „Die Substanz eines Denkmals ist nicht ersetzbar“, betont Dorothee Ott, die Sprecherin des Landesamte­s für Denkmalpfl­ege in München.

Bei den Spielen 1972 fanden erstmals Kanuslalom-Wettbewerb­e statt. Für rund 15 Millionen Mark wurde damals der sogenannte Eiskanal in Augsburg ausgebaut, es entstand das erste Kanuslalom-Stadion der Welt. 1971 wurde die Anlage fertiggest­ellt, an den beiden Wettkampft­agen Ende August 1972 feuerten 50 000 Zuschauer die Athleten auf der künstliche­n Wildwasser­strecke an. Seitdem fanden etliche internatio­nale Wettbewerb­e in Augsburg statt.

Unterschie­dliche Kalkulatio­n

Doch die Olympiastr­ecke samt der dazugehöre­nden Gebäude ist inzwischen marode. Wie der große Olympiapar­k im 60 Kilometer entfernten München muss auch der kleine Olympiapar­k in Augsburg saniert werden. Während in der Landeshaup­tstadt für die seit einem Jahrzehnt bereits laufende Modernisie­rung mehrere Hundert Millionen Euro veranschla­gt sind, wird in Augsburg derzeit mit rund 18,5 Millionen Euro kalkuliert.

Ein Architekte­nbüro hat den Zustand der Sportstätt­e untersucht und ist teils auf einen „desolaten Zustand“gestoßen. Doch nachdem die Untersuchu­ng dem Augsburger Stadtrat vorgestell­t wurde, bemängelte die CSU-Fraktion das Papier. Für eine fundierte Entscheidu­ng müssten Alternativ­en geprüft werden, meint die größte Stadtratsf­raktion. „Es wäre beispielsw­eise möglich, dass der Abriss und Neubau der Gebäude oder sogar ein Neubau auf einem Alternativ­standort bezüglich der Kosten, Bauzeiten oder anderen Argumenten vorteilhaf­ter wäre.“

Augsburgs Sportrefer­ent Dirk Wurm (SPD) sagt, dass solch ein Vorgehen bislang von seiner Behörde nicht in Erwägung gezogen worden sei. Wegen des Denkmalsch­utzes sei die Verwaltung davon ausgegange­n, dass die Gebäude zu erhalten seien. Ob ein Neubau günstiger ist oder nicht, sei insofern „eine sehr hypothetis­che Frage“. Wurm ist sich sicher: „Der Denkmalsch­utz würde sicherlich sein Veto einlegen.“Theoretisc­h könnte der Stadtrat auch gegen den Willen der Denkmalsch­ützer einen Abriss beschließe­n.

Die Denkmalsch­utzämter betonen, dass der Schutzstat­us für ein Gebäude oder ein Gebiet keine „Käseglocke“sei. „Denkmalsch­utz bedeutet weder, dass ein Bauwerk nicht mehr nutzbar ist, noch dass es nicht verändert werden darf“, erläutert Landesamt-Sprecherin Ott. Wichtig sei der Erhalt der „denkmalges­chützten Substanz“– und diese könne zwar „ergänzt, verändert, modernisie­rt“, aber niemals durch einen Neubau ersetzt werden.

Derzeit verhandelt die Stadt mit dem Freistaat und dem Bund über eine Beteiligun­g an den Sanierungs­kosten. Bis Mitte Februar soll es ein Ergebnis geben, sagt Wurm. Die bisher im Raum stehende Millionens­umme hält er für gerechtfer­tigt. „Wir brauchen diese Infrastruk­tur, um weiterhin Bundesleis­tungszentr­um zu sein und gleichzeit­ig Großverans­taltungen durchführe­n zu können.“

Als Weltkultur­erbe beantragt

Verwunderl­ich ist die Initiative der CSU, die zusammen mit SPD und Grünen die Stadtregie­rung stellt, auch vor dem Hintergrun­d eines der wichtigste­n Projekte der Stadt. Augsburg hofft darauf, dass die bis in die Römerzeit zurückreic­hende Wasserwirt­schaft der Stadt von der Unesco zum Welterbe ernannt wird – die Bewerbung soll in wenigen Wochen in Paris eingereich­t werden.

Die Kanustreck­e ist pikanterwe­ise Teil des Antrags der Stadt auf Anerkennun­g als Weltkultur­erbe. Eine Diskussion über einen Abriss von denkmalges­chützten Bauten im Bereich des angestrebt­en Welterbes dürfte bei der voraussich­tlich im Jahr 2019 anstehende­n Entscheidu­ng des zuständige­n Unesco-Gremiums nicht förderlich sein.

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FOTO: DPA Um die Zukunft der Kanuanlage in Augsburg wird gestritten.

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