Kameras verdrängen die Rückspiegel
Neue Technologien sollen den Verbrauch senken und die Sicherheit erhöhen
Ist der Kofferraum randvoll geladen, hilft der Innenspiegel dem Fahrer nicht mehr (links). Nissan löst dieses Problem im Geländewagen Armada mit einem Spiegel, der die Bilder der Rückfahrkamera einblenden kann (rechts).
Doch es gibt gute Gründe, die für Kameras statt Spiegel sprechen, erläutert der oberste BMW-Elektroniker Elmar Frickenstein, der ebenfalls schon einige Prototypen mit entsprechender Technik auf die Messebühnen gerollt hat. Auf der einen Seite sei das natürlich eine Frage des Images und der Wirkung auf den Kunden, weil Kameras statt Spiegel als modern und cool angesehen würden,
argumentiert der Ingenieur. „Aber auf der anderen Seite geht es ganz banal um den Luftwiderstand und mit ihm um den Verbrauch.“Ein paar Gramm CO2 pro Kilometer lassen sich damit in realen Messverfahren durchaus einsparen, argumentieren die Experten bei den Herstellern und rechnen das dann für Elektroautos eben in eine größere Reichweite um.
Zudem versprechen sie mit den neuen Technologien ein größeres Sichtfeld und mit ihm mehr Sicherheit. Denn sie wollen die Spiegel nicht einfach durch Kameras ersetzen, sondern die Bilder entsprechend aufbereiten und mit sogenannter Augmented Reality (AR) Technik anreichern. „Das beginnt bei der Markierung einzelner Hindernisse und endet damit, dass Teile
der Fahrzeugkarosserie kurzerhand durchsichtig werden“, erläutert ein Entwickler bei Jaguar Land Rover, wo man – der AR-Technik sei Dank – beispielsweise beim Fahren über steile Kuppen quasi durch die Motorhaube auf die Straße sehen kann. Und im amerikanischen Elektroauto Chevrolet Bolt hat man nur deshalb eine so gute Rücksicht, weil die Elektronik das Spiegelbild mit der Übertragung
Immer mehr Kameras
All diese Technologien sind aber womöglich nur Übergangslösungen, an die sich die Autofahrer gar nicht groß gewöhnen müssen, glaubt Laurens van den Acker. Zwar wird die Zahl der Kameras in den Fahrzeugen eher zunehmen. Doch das Interesse der Insassen an den Bildern dürfte mit der wachsenden Autonomie der Elektronik rapide nachlassen, vermutet der Renault-Designchef. „Und wenn man sich irgendwann komplett auf den Autopiloten verlässt und auf das Lenkrad und die Pedale verzichtet, dann hat sich auch der Blick zurück gar vollends erledigt“, sagt van den Acker. (dpa)