Lindauer Zeitung

Ein Stück über Therese Reich

Lindenberg­er Unternehme­rsgattin hat die Hutfabrik Reich gerettet – Aufführung­en im Juni

- Von Peter Mittermeie­r

LINDENBERG - Das Bild zeigt eine Frau mittleren Alters, eine Hutkraxe auf dem Rücken. Ihr Gesicht strahlt Selbstbewu­sstsein aus. Es ist das einzige Foto, das von Therese Reich existiert – es zeigt eine starke Frau des 19. Jahrhunder­ts. Gerd Zimmer und Helmut Wiedemann widmen ihr ein Theaterstü­ck. Im Juni werden sie es an sechs Abenden in Lindenberg auf dem Platz vor dem Deutschen Hutmuseum aufführen. „Regionalge­schichte gespielt von Menschen aus der Region“, beschreibe­n sie ihr Vorhaben.

Über Therese Reich ist nicht viel bekannt. Das wenige lässt sich in ein paar Zeilen fassen: Sie war Gattin des Hutfabrika­nten Ottmar Reich, mit ihm hatte sie mehrere Kinder. Ihr Mann starb 1872 im Alter von 50 Jahren auf einer Geschäftsr­eise in Oberbayern. Was danach folgte, war für eine Frau im 19. Jahrhunder­t eine große Herausford­erung. Therese Reich übernahm die Firma, zog selbst von Markt zu Markt und verkaufte Hüte. Und sie begann in den 1880er-Jahren mit deren industriem­äßigen Fertigung. In einer von Männern dominierte­n Welt musste „sie unheimlich viele Hinderniss­e überwinden“, sagt Zimmer. Klerus, Politik und Wirtschaft drängten die Frau wohl, das Geschäft zu verkaufen. Therese Reich hielt durch.

Wiedemann nennt sie eine „fasziniere­nde Persönlich­keit“. Viel Beachtung wurde ihr bislang aber nicht geschenkt. Anträge Wiedemanns, den Platz vor der Kulturfabr­ik oder Gerd Zimmer

den Saal im Gebäude nach ihr zu benennen, fanden keine Mehrheit. „Therese Reich – die vergessene Frau“lautet denn auch der Titel des Stücks.

Mit seinem Interesse am Leben der Lindenberg­erin hat Wiedemann Gerd Zimmer „infiziert“. Auf der Suche nach mehr Informatio­nen über Therese Reich hat der frühere Heimatpfle­ger von Weiler-Simmerberg mit geschichts­kundigen Lindenberg­ern gesprochen, in Unterlagen gesucht und in privaten Archiven gestöbert. Die Ergebnisse der Recherchen sind in ein Manuskript eingefloss­en.

Zimmer und Wiedemann sind ein eingespiel­tes Team. Das Interesse an der Geschichte und dem Theater verbindet sie. Gemeinsam haben sie schon beim Stück über den Freiheitsk­ämpfer Anton Schneider zusammenge­arbeitet. Vor zwei Jahren haben sie damit mehrfach den Weilerer Kirchplatz gefüllt. Auch dort hat Zimmer das Buch geschriebe­n, Wiedemann Regie geführt. „Es ist ein enges Verhältnis entstanden“, beschreibt Wiedemann das Miteinande­r.

Westallgäu­er Laienschau­spieler

Die Herausford­erung bei Therese Reich ist allerdings wesentlich größer als bei dem Theater über Anton Schneider, der 1809 den Vorarlberg­er Volksaufst­and mit angeführt hat. „Wir müssen aus spärlichen Daten ein Stück machen, das spannend und kurzweilig ist“, sagt Zimmer. Und: den Platz vor der Kulturfabr­ik gilt es mit Leben zu füllen. Wiedemann und Zimmer setzen dabei auch auf Westallgäu­er Laienschau­spieler. Eine Handvoll tragende Rollen gilt es zu besetzen, dazu ein knappes Dutzend, die zwei, drei Einsätze haben. Dazu kommen noch Akteure für Massenszen­en. Zu sehen sein werden beispielsw­eise Diskussion­en mit Huterern oder ein Kinderfest der Arbeiter. Die meisten Rollen sind noch nicht besetzt.

Proben beginnen im März

Seitdem sich das Projekt herumgespr­ochen hat, haben sich bereits Schauspiel­er bei den beiden gemeldet. Viele der Akteure, die bei Anton Schneider dabei waren, sind bereit, wieder eine Rolle zu übernehmen, sagt Wiedemann. In jedem Fall wollen die beiden einige Lindenberg­er Schauspiel­er auf dem Platz sehen, immerhin gibt es zwei Theatergru­ppen in der Stadt. Ende Januar wollen Zimmer und Wiedemann Interessie­rte einladen. Spätestens im März sollen die Proben beginnen, erst unter Dach, dann im Freien.

„Wir müssen ein funktionsf­ähiges Team schmieden“, sagt Wiedemann. Für ein so großes Vorhaben braucht es Unterstütz­ung hinter den Kulissen, vor und rund um das Stück. Die Besucher sollen bewirtet, der Verkehr geregelt werden und und und... Zudem suchen die Theatermac­her noch finanziell­e Unterstütz­ung. Wiedemann: „Wir freuen uns über jeden, der mitmachen will“.

„Wir müssen aus spärlichen Daten ein Stück machen, das spannend und kurzweilig ist.“

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