SPD will sich aus Umfragetief kämpfen
Im Wahljahr möchten die Sozialdemokraten mit landespolitischen Themen punkten
IRSEE - „Die Stimmung ist kämpferisch!“So beschreibt Markus Rinderspacher, Chef der SPD-Landtagsfraktion, die Gefühlslage der bayerischen Sozialdemokraten zu Beginn des Wahljahres im Freistaat. Während der Klausurtagung seiner 42-köpfigen parlamentarischen Mannschaft diese Woche im Ostallgäuer Kloster Irsee versprühte er Optimismus. Gleichzeitig steckt die Landespartei nach wie vor in einem Umfragetief. Laut der jüngsten Erhebung wollen gerade mal 16 Prozent der Wähler ihr Kreuzchen bei der SPD machen.
Rinderspacher verweist darauf, dass sich der Umfragewert verbessert habe. Vor Weihnachten seien es zwei Prozent weniger gewesen. Mit dem Blick auf die Zahlen der politischen Konkurrenz von Grünen (jüngst 14 Prozent), Freien Wählern (7 Prozent), AfD (10 Prozent) oder FDP (5 Prozent) scheinen sich die Sozialdemokraten aber im Bereich der eher kleineren Parteien fest eingenistet zu haben. Als letzte Großpartei steht die CSU mit einem Umfragewert von 40 Prozent da. Der Abstand ist groß. Aber von einem Dasein als Kleinpartei will Rinderspacher nichts wissen: „Bis zur Wahl im Oktober kann sich noch viel drehen.“Spannung sei sicher da, sekundiert die Nürnberger Abgeordnete Angelika Weikert. Die SPD müsse jetzt sehen, wie sie sich „am besten aufstellt“.
„Wir leiden nicht unter Depressionen“, meint Inge Aures, Abgeordnete aus Oberfranken und Landtagsvizepräsidentin. „Die SPD in Bayern hat immer kämpfen müssen. Für uns heißt es jetzt: Ärmel raufgekrempelt und raus aus der Komfortzone.“Argwöhnisch beobachtet Aures jedoch, dass der Wähler „immer flexibler wird – oft zu unserem Nachteil.“Sie meint damit das Bröckeln alter sozialdemokratischer Milieus auch in traditionellen Industriegegenden von Bayerisch-Franken. So hat die SPD registriert, dass auch aus ihren Wählerreihen mancher Bürger zur AfD gewechselt ist.
Furcht vor Neuwahlen im Bund
Die rechte Partei wird in Irsee ungern beim Namen genannt. Sie ist in den Gesprächen jedoch latent vorhanden. „Ich bin sehr zuversichtlich, dass solche Parteien, die nur Blendwerk betreiben, bald wieder schrumpfen“, sagt Paul Wengert, Abgeordneter aus dem östlichen Allgäu. Dass seine Partei in Bayern schwächelt, hält der frühere Augsburger Oberbürgermeister auch für eine Folge des Bundestagswahlkampfes. Themen wie die Flüchtlingspolitik hätten die Diskussionen bestimmt. Er hofft auf ein Punkten seiner Partei bei eher landespolitisch angesiedelten Fragen: „Wohnen, Arbeiten, Rente, Kindertagesstätten, gute Schulen, Digitalisierung.“
Die Genossen müssten sich als Kümmerer zeigen, fordert Wengert. Ähnlich äußert sich Harry Scheuenstuhl, Abgeordneter aus Fürth. Er glaubt jedoch, seine Partei sei für das Wahljahr „gut gerüstet.“Eine spezifische Furcht scheint ihn aber umzutreiben: „Sollte es doch noch Neuwahlen im Bund geben, wird die bayerische Landtagswahl in den Hintergrund rücken.“Dann würden Bundesthemen die Agenda bestimmen. Gleichzeitig rechnet Scheuenstuhl bei einer erneuten Bundestagswahl mit einem innerparteilichen „Hauen und Stechen“, wenn es um Karrierechancen in Berlin oder München ginge. „Dies würde beim Wähler wohl keinen guten Eindruck machen“, glaubt Scheuenstuhl.
Solche Befürchtungen hegt Arif Tasdelen, ein weiterer Abgeordneter aus Nürnberg, nicht. Seinen Worten nach fühlt er Aufwind und sieht die SPD im Wahljahr gut aufgestellt, „weil Natascha Kohnen unsere Spitzenkandidatin ist“. Die Münchnerin wurde vergangenen Mai Chefin der Bayern-SPD. Das Problem für die Partei: Kohnen ist nach wie vor nicht sonderlich bekannt. Laut der PolitikStudie von infratest dimap im Januar würden selbst 36 Prozent der SPDAnhänger auf dem Ministerpräsidentenposten den CSU-Mann Markus Söder vorziehen - und eben nicht die eigene Spitzenkandidatin. Der Abgeordnete Tasdelen meint dazu, dass selbst ein zur Polarisierung einladender Söder das Geschäft für die SPD nicht leichter machen würde: „Jeder CSU-Kandidat ist für uns bisher schwierig gewesen.“