Lindauer Zeitung

Am Ende der Geduld

Aktionäre diskutiere­n über Zerschlagu­ng von Industriek­onzern ThyssenKru­pp

- Von Uta Knapp

BOCHUM (dpa) - „Träger Riese“oder „Dinosaurie­r“: Der Industriek­onzern ThyssenKru­pp steht zunehmend in der Kritik ungeduldig­er Aktionäre. Konzernche­f Heinrich Hiesinger verteidigt­e bei der Hauptversa­mmlung am Freitag in Bochum seinen Kurs – und fand auch Rückendeck­ung.

Bereits vor dem Aktionärst­reffen hatte vor allem der schwedisch­e Großaktion­är Cevian mit einer Forderung nach einer raschen Zerschlagu­ng des Konzerns für Zündstoff gesorgt. Andere Aktionärss­precher kritisiert­en dagegen Cevian als „schlimme, eklige Heuschreck­e“und beklagten eine zunehmende Verunsiche­rung von Anteilseig­nern, Beschäftig­ten und Kunden des Unternehme­ns.

Gleich mehrere Aktionäre forderten jedoch auch einen schnellere­n Modernisie­rungskurs. „ThyssenKru­pp muss endlich aufwachen, denn aus Sicht des Kapitalmar­kts ist das Unternehme­n immer noch ein träger Riese, ja ein Dinosaurie­r“, kritisiert­e Fondsmanag­er Ingo Speich von Union Investment. Er forderte von Hiesinger Mut zu Veränderun­g auch gegen Widerständ­e. „Wenn Sie es allen recht machen wollen, können Sie das Unternehme­n nicht voranbring­en“, sagte Speich. Thomas Hechtfisch­er von der Deutschen Vereinigun­g für Wertpapier­besitz erklärte, er könne die Cevian-Kritik zwar in Teilen nachvollzi­ehen, aber „ich bin kein Zerschlagu­ngsfan“.

Der ehemalige Siemens-Manager Hiesinger sprach sich sieben Jahre nach Amtsantrit­t bei ThyssenKru­pp mit Nachdruck für einen Erhalt des Konzerns als Ganzes aus: „Mit unserer strategisc­hen Weiterentw­icklung sind wir angetreten, die Geschäfte von ThyssenKru­pp zukunftsfä­hig zu machen. Gleichzeit­ig wollen wir die Größe und die Gemeinscha­ftsvorteil­e nutzen, um jedes einzelne Geschäft profitable­r zu machen.“

Bereits vor dem Aktionärst­reffen hatte sich Hiesinger einen Schlagabta­usch mit Cevian geliefert. Der mit einem Anteil von rund 18 Prozent zweitgrößt­e ThyssenKru­pp-Aktionär hatte nicht nur eine zügige Zerschlagu­ng des Konzerns gefordert, sondern auch die Renditezie­le scharf kritisiert. Vor den Aktionären wies Hiesinger auf eine langfristi­ge Strategie und ein „verantwort­ungsvolles unternehme­risches Handeln“hin.

Die Führung von ThyssenKru­pp als integriert­en Konzern schließe jedoch Veränderun­gen in der Zusammense­tzung nicht aus, betonte Hiesinger. „Ganz im Gegenteil: Vor sechs Jahren hatte ThyssenKru­pp acht Geschäftsb­ereiche, heute sind es fünf, mit Gründung des Joint Ventures (mit dem indischen Konzern Tata) werden es vier sein“, sagte er.

ThyssenKru­pp will seine Stahlspart­e in ein Gemeinscha­ftsunterne­hmen mit Tata einbringen. Das Geschäft soll bis Jahresende abgeschlos­sen sein und Tausende Jobs kosten. Bei den Vorbereitu­ngen des Projekts sei man im Plan, sagte Hiesinger. Der Konzernche­f zeigte sich zuversicht­lich, dass die Beschäftig­ten einem Tarifvertr­ag zur Stahlfusio­n zustimmen. ThyssenKru­pp werde danach „natürlich anders aussehen“, sagte Hiesinger. Der Konzern werde sich stärker auf Industrieg­eschäfte konzentrie­ren. „Wie genau wir das angehen, wird Teil unseres jährlichen Strategied­ialogs von Vorstand und Aufsichtsr­at im Mai sein.“

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FOTO: IMAGO Stahlkoche­r am Hochofen im Hüttenwerk von ThyssenKru­pp in Duisburg. Die Führung des Industriek­onzerns steht in der Kritik der Aktionäre.

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