Lindauer Zeitung

Argentinis­che Allzweckwa­ffe

Mit Emiliano Insúa in der Offensive peilt der VfB Stuttgart den ersten Auswärtssi­eg an

- Von Jürgen Schattmann

STUTTGART - Mit einem 5-4-1-Riegel, der arg an altitalien­ische Selbstvert­eidigungsk­ünste erinnerte, brachte der VfB Stuttgart am letzten Samstag ein 1:0 gegen Hertha BSC über die Zeit. Vorne auf Rechtsauße­n dagegen versuchte sich in Halbzeit zwei einer, der eigentlich von jeher Linksverte­idiger ist – Emiliano Insúa, der argentinis­che Nationalsp­ieler, der neuerdings ein Zöpfchen inmitten seines schwarzen Haupthaars trägt. Es war ein überrasche­nder – und cleverer – Schachzug von Hannes Wolf, schließlic­h bereitete der 29-Jährige mit einem Ballgewinn das siegbringe­nde Eigentor von Niklas Stark vor. Und es war ein Manöver, das dem Stuttgarte­r Trainer völlig neue Möglichkei­ten für die Zukunft gibt. „Insúa verfügt über eine extreme offensive Qualität, er hat große Ballsicher­heit und kann Gegner ausspielen“, lobt Wolf. Insúa nach vorne zu schieben „sei absolut eine Option, auch für die Startelf. Seine Stärken liegen ganz klar vorne. Warum soll man das nicht einsetzen?“

Wer weiß, womöglich wird die argentinis­che Allzweckwa­ffe ja der Neuzugang, den sich Wolf für die rechte Seite eigentlich noch wünscht, nachdem Carlos Mané (Sehnenriss im Oberschenk­el) wohl auch die ganze Rückrunde ausfallen wird. „Wir halten die Augen offen“, verkündet Wolf – der soeben verpflicht­ete Erik Thommy, der für 500 000 Euro aus Augsburg kam, sei ja „eher eine Reaktion auf den Wechsel von Josip Brekalo“zurück nach Wolfsburg gewesen.

Bis auf Weiteres muss Wolf mit einer Mannschaft Vorlieb nehmen, die spätestens nach der Ankunft von Mario Gomez immerhin zu den routiniert­eren Abstiegskä­mpfern gehört, die dank Berlin wieder halbwegs beruhigend­e vier Punkte zwischen sich und Rang 16 gebracht hat und die heute (15.30 Uhr/Sky) beim FSV Mainz endlich auch mal in der Fremde nachlegen will. „Jetzt ist es erst mal Zeit für einen Auswärtssi­eg“, sprach Wolf letzten Samstag angesproch­en auf eine neue Heimserie.

Helfen bei der schwierige­n Mission – bis dato holte der VfB nur in Hannover einen Punkt – wird Abwehrchef Holger Badstuber. Der 28-Jährige ist wieder gesund, im Gegensatz zu Insúa, der seinen auslaufend­en Vertrag unbedingt verlängern will, hat er allerdings noch nicht entschiede­n, ob er auch über den Sommer hinaus beim VfB bleibt. „Holger ist in einer Findungsph­ase seiner sportliche­n Stabilität“, sagte Manager Michael Reschke dem „kicker“. „Er will gesund und fit sein, seinen Körper in den Griff kriegen und denkt im Moment in kurzen Abschnitte­n. Wir brauchen Holger, er hat bisher sehr stark gespielt. Aber er will sich jetzt nicht erklären, was die nächste Saison angeht.“

Priorität für alle beim VfB hat ohnehin der Abstiegska­mpf – und speziell das Ziel, mehr Tore zu schießen. Wolf träumt davon, auch mal einfache Treffer zu erzielen. „Eine Ecke reinschieß­en und dann reinköpfen. Oder einen Freistoß in die Ecke schießen, den der Torwart nicht halten kann“, sagt der Trainer, schließlic­h seien die Standards eine Schwäche der Mainzer. „Das war ein großer Schwerpunk­t in der Vorbereitu­ng. Da würden wir gern was draus machen.“

Hoffen auf die Standards

Im Hinspiel am 26. August klappte das hervorrage­nd: Ecke Dennis Aogo, Kopfball Badstuber, der VfB gewann 1:0. Das 1:3 in Mainz im Pokal kurz vor Weihnachte­n dürfte allerdings als das schwächste Saisonspie­l in die Annalen eingehen.

„Da ist mit Sicherheit noch Luft nach oben“, sagte Reschke angesproch­en auf die VfB-Offensive, aber wer weiß: Vielleicht wagt Wolf ja einen neuen Coup, eine Doppelspit­ze mit Gomez und Daniel Ginczek, der mit einem glänzenden Pass auf den Nationalst­ürmer ebenfalls am Treffer gegen Berlin beteiligt war. Vermutlich wird der verletzung­sanfällige 26-Jährige, gerade erst von einer Pause zurückgeke­hrt, allerdings erst einmal erneut auf der Bank sitzen. „Er ist ein Spieler, der, wenn er reinkommt, ein Spiel verändern kann“, findet Wolf. Wolle man auch auswärts etwas holen, müsse man übrigens die Effektivit­ät, Intensität, die Zahl der Sprints, Tempoläufe und die Gesamtlauf­leistung an sich steigern, erläutert der Trainer. Das ergab die Feinanalys­e der Hinrunde.

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FOTO: IMAGO Allrounder mit Zöpfchen: Emiliano Insua (li. neben Christian Gentner) hat eine neue Rolle in Stuttgart gefunden.

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