Kurze Ruhefrist auf Friedhof beklagt
Stadt Olching muss sich wegen der Urnen-Ruhefrist in ihrer Friedhofssatzung erklären
OLCHING (epd) - Weil in der oberbayerischen Stadt Olching (Kreis Fürstenfeldbruck) die Ruhezeit für Urnen auf dem Friedhof nur zwei Jahre beträgt, muss sich nun der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit diesem Thema beschäftigten. Eine Bürgerin hat ein Normenkontrollverfahren angestrengt. Ihre Meinung nach verstößt die kurze Frist gegen das strafrechtliche Verbot der Störung der Totenruhe. In anderen bayerischen Städten liegt die Ruhezeit bei zehn und mehr Jahren.
OLCHING (epd) - In Olching kennen sie sich mit Alleinstellungsmerkmalen aus. Denn die Kleinstadt 20 Kilometer westlich von München war mit ihren mehr als 27 000 Einwohnern lange – bis zur Stadterhebung im Jahr 2011 – die bevölkerungsreichste Gemeinde in Bayern ohne Markt- und Stadtrecht. Am 31. Januar muss sich die Stadt wegen einer weiteren Besonderheit vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) erklären. Denn in Olching gilt eine vergleichsweise kurze Ruhefrist für Urnen von zwei Jahren. In den meisten anderen bayerischen Städten und Gemeinden liegt sie bei zehn Jahren plus x. Das stieß einer Olchingerin übel auf.
Umstrittene Friedhofssatzung
Die Frau – weder die Stadt noch der BayVGH wollen vor der mündlichen Verhandlung am letzten Januartag deren Identität preisgeben – hat ein sogenanntes Normenkontrollverfahren angestrengt. Das heißt: Richter sollen prüfen, ob die städtische Friedhofssatzung mit Recht und Gesetz vereinbar ist. Daran zweifelt die Olchingerin offenbar. Sie hält die Frist von zwei Jahren laut Gericht für zu kurz und sieht darin einen „Verstoß gegen die postmortale Menschenwürde“. Menschliche Asche habe „den gleichen Anspruch auf pietätvolle Behandlung“, die sehr kurze Ruhefrist verstoße gegen das strafrechtliche Verbot der Störung der Totenruhe.
Eine Umfrage unter den großen Städten in Bayern hat ergeben, dass die Ruhefristen für Aschen in der Tat um ein Vielfaches länger sind – die kürzeste Ruhefrist liegt bei zehn Jahren, unter anderem in Augsburg, Ansbach, Passau, Aschaffenburg, Ingolstadt, Nürnberg sowie teilweise auch in München. Der Bayerische Städtetag verweist auf das Bayerische Bestattungsgesetz, Artikel 10, dort heißt es, die Friedhofsträger bestimmen die Ruhezeiten für Leichen und für Aschereste Verstorbener. Es gebe „keine einheitliche Regelung“und keine Empfehlung seitens des Städtetags, sagte ein Sprecher. In der Olchinger Stadtverwaltung kann man die Aufregung um die angepasste Friedhofssatzung nicht verstehen. Man habe im Jahr 2013 die Ruhefrist für Erdbestattungen – also Leichen in Särgen – von sieben Jahren auf dann zwölf Jahre verlängern müssen, da die alte Ruhefrist „in einigen Fällen“für eine „hinreichende Verwesung“nicht ausgereicht hatte.
Die Verwaltung hatte dieselbe Ruhefrist für Urnenbestattungen vorgeschlagen – ein Stadtratsmitglied habe jedoch eine Verkürzung der Asche-Ruhefrist auf nur ein Jahr beantragt. Im Juni 2016 wurde diese Frist bei einer weiteren SatzungsNeufassung auf zwei Jahre erhöht. Wie die Umfrage bei den großen Städten weiter ergab, liegt die Ruhefrist für Urnenbestattungen in Regensburg und Bamberg bei zwölf Jahren, in Hof und Würzburg bei einheitlich 15 Jahren; 20 Jahre sind es in Bayreuth, Coburg und Schweinfurt – in München kann es von 10 bis 30 Jahren je nach Friedhof alles sein.
Viele Kommunen weisen in ihren Friedhofssatzungen darauf hin, dass die genannten Ruhezeiten verlängert werden können, wenn die Beschaffenheit des Bodens dies erfordert. Das ist bei Erdbestattungen wichtig, weil die Leichen je nach Sauerstoffgehalt des Bodens unterschiedlich langsam verwesen.
Eine Frage der Würde
Im Rathaus von Olching sieht man dem Normenkontrollverfahren gelassen entgegen. Die Antragstellerin beziehe sich in ihrer Klageschrift auf eine Rechtssprechung von 1925, bei der „die Aktualität heutzutage durchaus fraglich“sei. Die Bestattungskultur und die Frage der Würde der Toten sei einem „stetigen und starken Wandel unterworfen“, teilte die Verwaltung schriftlich mit. So werde darüber diskutiert, ob man Urnen wie in anderen Ländern mit nach Hause nehmen dürfen soll. Es sei zudem nicht zu erwarten, dass Urnengräber häufig nach zwei Jahren geöffnet werden – die Mindestruhefrist werde bisher deutlich überschritten.