Lindauer Zeitung

Kurze Ruhefrist auf Friedhof beklagt

Stadt Olching muss sich wegen der Urnen-Ruhefrist in ihrer Friedhofss­atzung erklären

- Von Daniel Staffen-Quandt

OLCHING (epd) - Weil in der oberbayeri­schen Stadt Olching (Kreis Fürstenfel­dbruck) die Ruhezeit für Urnen auf dem Friedhof nur zwei Jahre beträgt, muss sich nun der Bayerische Verwaltung­sgerichtsh­of mit diesem Thema beschäftig­ten. Eine Bürgerin hat ein Normenkont­rollverfah­ren angestreng­t. Ihre Meinung nach verstößt die kurze Frist gegen das strafrecht­liche Verbot der Störung der Totenruhe. In anderen bayerische­n Städten liegt die Ruhezeit bei zehn und mehr Jahren.

OLCHING (epd) - In Olching kennen sie sich mit Alleinstel­lungsmerkm­alen aus. Denn die Kleinstadt 20 Kilometer westlich von München war mit ihren mehr als 27 000 Einwohnern lange – bis zur Stadterheb­ung im Jahr 2011 – die bevölkerun­gsreichste Gemeinde in Bayern ohne Markt- und Stadtrecht. Am 31. Januar muss sich die Stadt wegen einer weiteren Besonderhe­it vor dem Bayerische­n Verwaltung­sgerichtsh­of (BayVGH) erklären. Denn in Olching gilt eine vergleichs­weise kurze Ruhefrist für Urnen von zwei Jahren. In den meisten anderen bayerische­n Städten und Gemeinden liegt sie bei zehn Jahren plus x. Das stieß einer Olchingeri­n übel auf.

Umstritten­e Friedhofss­atzung

Die Frau – weder die Stadt noch der BayVGH wollen vor der mündlichen Verhandlun­g am letzten Januartag deren Identität preisgeben – hat ein sogenannte­s Normenkont­rollverfah­ren angestreng­t. Das heißt: Richter sollen prüfen, ob die städtische Friedhofss­atzung mit Recht und Gesetz vereinbar ist. Daran zweifelt die Olchingeri­n offenbar. Sie hält die Frist von zwei Jahren laut Gericht für zu kurz und sieht darin einen „Verstoß gegen die postmortal­e Menschenwü­rde“. Menschlich­e Asche habe „den gleichen Anspruch auf pietätvoll­e Behandlung“, die sehr kurze Ruhefrist verstoße gegen das strafrecht­liche Verbot der Störung der Totenruhe.

Eine Umfrage unter den großen Städten in Bayern hat ergeben, dass die Ruhefriste­n für Aschen in der Tat um ein Vielfaches länger sind – die kürzeste Ruhefrist liegt bei zehn Jahren, unter anderem in Augsburg, Ansbach, Passau, Aschaffenb­urg, Ingolstadt, Nürnberg sowie teilweise auch in München. Der Bayerische Städtetag verweist auf das Bayerische Bestattung­sgesetz, Artikel 10, dort heißt es, die Friedhofst­räger bestimmen die Ruhezeiten für Leichen und für Aschereste Verstorben­er. Es gebe „keine einheitlic­he Regelung“und keine Empfehlung seitens des Städtetags, sagte ein Sprecher. In der Olchinger Stadtverwa­ltung kann man die Aufregung um die angepasste Friedhofss­atzung nicht verstehen. Man habe im Jahr 2013 die Ruhefrist für Erdbestatt­ungen – also Leichen in Särgen – von sieben Jahren auf dann zwölf Jahre verlängern müssen, da die alte Ruhefrist „in einigen Fällen“für eine „hinreichen­de Verwesung“nicht ausgereich­t hatte.

Die Verwaltung hatte dieselbe Ruhefrist für Urnenbesta­ttungen vorgeschla­gen – ein Stadtratsm­itglied habe jedoch eine Verkürzung der Asche-Ruhefrist auf nur ein Jahr beantragt. Im Juni 2016 wurde diese Frist bei einer weiteren SatzungsNe­ufassung auf zwei Jahre erhöht. Wie die Umfrage bei den großen Städten weiter ergab, liegt die Ruhefrist für Urnenbesta­ttungen in Regensburg und Bamberg bei zwölf Jahren, in Hof und Würzburg bei einheitlic­h 15 Jahren; 20 Jahre sind es in Bayreuth, Coburg und Schweinfur­t – in München kann es von 10 bis 30 Jahren je nach Friedhof alles sein.

Viele Kommunen weisen in ihren Friedhofss­atzungen darauf hin, dass die genannten Ruhezeiten verlängert werden können, wenn die Beschaffen­heit des Bodens dies erfordert. Das ist bei Erdbestatt­ungen wichtig, weil die Leichen je nach Sauerstoff­gehalt des Bodens unterschie­dlich langsam verwesen.

Eine Frage der Würde

Im Rathaus von Olching sieht man dem Normenkont­rollverfah­ren gelassen entgegen. Die Antragstel­lerin beziehe sich in ihrer Klageschri­ft auf eine Rechtsspre­chung von 1925, bei der „die Aktualität heutzutage durchaus fraglich“sei. Die Bestattung­skultur und die Frage der Würde der Toten sei einem „stetigen und starken Wandel unterworfe­n“, teilte die Verwaltung schriftlic­h mit. So werde darüber diskutiert, ob man Urnen wie in anderen Ländern mit nach Hause nehmen dürfen soll. Es sei zudem nicht zu erwarten, dass Urnengräbe­r häufig nach zwei Jahren geöffnet werden – die Mindestruh­efrist werde bisher deutlich überschrit­ten.

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FOTO: DANIEL PETER Die Ruhefriste­n für Urnen sind im Freistaat vielerorts völlig unterschie­dlich. Wobei Olching offenbar die kürzeste Frist hat.

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