Der Blumenstrauß muss lange auf den Oberbürgermeister warten
Renée Obermayr kommt extra aus Hanoi, um seinen Papa zu wählen – Oliver Eschbaumer ist „natürlich enttäuscht“
LINDAU (roi) - Die Landtagsabgeordnete Ilona Deckwerth hat den Blumenstrauß für ihren Genossen schon dabei. Als sie ins Alte Rathaus kommt, legt sie ihn erst mal beiseite, noch eingepackt. So siegessicher sie ist – es sollte ein bisschen dauern, bis er bei ihm ankommt
Der erste Kandidat, der sich sehen lässt, ist Daniel Obermayr. Er wirkt entspannt. „Es gibt keinen Grund, nervös zu sein“, sagt er. Morgens war er noch Joggen, und dann kam die große Überraschung. Sein Sohn Renée, der auf Weltreise ist, kam extra von Hanoi nach Lindau, um seinen Papa zu wählen. Natürlich waren seine Kinder im Rathaus auch dabei. Ganz egal, wie es ausgeht, „wir haben was zu feiern“, sagt Obermayr.
Es wird immer voller im Rathaus, interessierte Lindauer stehen schon kurz nach 18 Uhr dicht gedrängt. Als hätte er es geahnt, kommt Oliver Eschbaumer pünktlich mit dem ersten Stimmbezirksauszählung ins Rathaus. Obwohl er 49,8 Prozent in Unterreitnau holt, applaudiert niemand im Saal. „Warten wir erst mal ab“, sagt er, als die nächsten Ergebnisse ernüchternd für ihn ausfallen.
„Daniel, Daniel“, ruft Max Strauß, der jedes Ergebnis seines bunten Kandidaten feiert. Doch die Anhänger von OB Ecker, der erst nach 18.30 Uhr eintrifft, haben den größten Grund zum Jubeln. Morgens war Ecker bei der Nobelmatinee, nachmittags ist er mit seiner Frau und Tochter am Wäsen spazieren gegangen, um Treibholz zu sammeln. Die Ausbeute war gut. Nicht nur da, das spürt auch die Landtagsabgeordnete, die ihre Blumen schon mal auspackt.
OB sammelt Treibholz und Stimmen
Doch noch rät ihr jeder zum Warten, im Ecker-Lager will niemand zu früh jubeln. „Kann ich jetzt mein Adrenalin runterfahren?“, fragt Ulrike Ecker. Sieht so aus, denn wenig später kommt schon Oliver Eschbaumer zum Gratulieren. Nach dem letzten Ergebnis aus Schachen gibt es kein Halten mehr: Tobender Applaus bricht aus, und die Fotografen stürzen sich auf den OB. Jetzt ist endlich der große Augenblick für den Blumenstrauß, den die Abgeordnete dem alten und neuen Oberbürgermeister übergibt. Dann gibt es ein Bussi von seiner Frau – und der Blumenstrauß wandert zu ihr.
Der OB muss nun viele Hände schütteln. Er wirkt erleichtert. Er habe zwar ein gutes Gefühl gehabt, aber „55 Prozent ist schon eine Zahl“. Er freue sich, dass die Menschen ihm die Sachkompetenz und die Fähigkeit zugestehen, die angefangenen Projekte zu Ende zu bringen.
Oliver Eschbaumer bekommt indes Glückwünsche zum „zweiten Platz“. „Ich bin natürlich enttäuscht“, sagt er. Der Amtsinhaber habe die „glücklicheren Rahmenbedingungen gehabt“, während er darunter leiden musste, dass das bürgerliche Lager so zerstritten sei. „Das hat die Wähler verunsichert“, sagt Eschbaumer, der dennoch froh ist, dass das Ergebnis so eindeutig ist. Das sieht auch Daniel Obermayr so. „Jetzt wissen wir, mit wem wir uns konstruktiv auseinander setzen können“, sagte er und unterstreicht seine Ambitionen, in den Stadtrat zu gehen. „Man muss sich einmischen.“
Jetzt gibt erst mal Ecker den Takt an: Die Lindauer Musiker aus verschiedenen Musikvereinen spielen dem OB ein Ständchen – und dann geht’s zum Feiern. Natürlich ist der Blumenstrauß dabei.