Lindauer Zeitung

Plastikmül­l: Nicht alles wird recycelt

Die Menge des Kunststoff­mülls pro Kopf steigt auch im Allgäu ständig

- Von Katharina Müller und Michael Munkler

ALLGÄU - Nach dem Einkauf im Supermarkt häufen sich zu Hause oft Folien, Plastiksch­alen und Tüten, die schnell in den gelben oder grünen Sack wandern. Auch der ausgelöffe­lte Joghurtbec­her und die pfandfreie PET-Flasche verschwind­en darin. Und wenn der Sack an einer Wertstoff-Sammelstel­le abgeliefer­t wurde, hat sich das Thema für die meisten erledigt. Doch was passiert danach mit den Kunststoff­en? Wie werden sie recycelt? Und was könnte sich ändern, wenn China keinen Plastikmül­l mehr importiert?

Die Spur der Tüten und Becher zu verfolgen, wenn sie den Wertstoffh­of einmal verlassen haben, ist allerdings gar nicht so einfach. Hinter der Plastikmül­lentsorgun­g steckt eine riesige Maschineri­e aus verschiede­nen Akteuren. Im Unterallgä­u kommen die gelben Säcke zum Beispiel zu einer Entsorgung­sfirma nach Stetten und von dort nach Sontheim an der Brenz (Baden-Württember­g), sagt Edgar Putz, Leiter der kommunalen Abfallwirt­schaft. In Sontheim an der Brenz werden die Säcke entweder sortiert oder gleich weiter zu einem der zehn Firmen des sogenannte­n Dualen Systems gebracht, die für das Verwerten zuständig sind. Das bekanntest­e Duale System ist der „Grüne Punkt“.

„Schönes Ventil“

Der Markt in Deutschlan­d hat laut Putz nicht genug Kapazität, um alle Kunststoff­e weiter zu verwerten: „Da war China ein schönes Ventil.“Nun sei die Frage, wie die Dualen Systeme damit umgehen. Es könnte Preissteig­erungen für den Verbrauche­r geben. Zugleich soll die Recycling-Quote für Kunststoff­verpackung­en bis zum Jahr 2022 von heute 36 Prozent auf 63 Prozent steigen. Das bedeute noch mehr Müll, der verarbeite­t werden muss. Im Unterallgä­u wurden im Jahr 2016 etwa 2475 Tonnen gelbe Säcke gesammelt.

Im Ostallgäu waren es im selben Jahr 2733 Tonnen. Das sind circa 19,8 Kilogramm pro Person, sagt Abfallbera­terin Yvonne Klemm. Zum Vergleich: 2005 wurden etwa 2111 Tonnen Leichtverp­ackungen in grünen Säcken abgegeben. Das heißt aber nicht nur, dass die Menge an Leichtverp­ackungen zugenommen hat, sondern auch, dass die Mülltrennu­ng über die Jahre besser geworden ist, sagt Klemm. Generell gilt: Besonders leicht zu recyceln sind etwa Joghurtbec­her, die nicht aus Hochtechno­logiekunst­stoff bestehen, sagt Putz. Folien und leichtere Verpackung­en wie etwa für Wurst seien schwierige­r zu verwerten, da sie oft aus verschiede­nen Schichten zusammenge­setzt sind.

Der Zweckverba­nd für Abfallwirt­schaft Kempten (ZAK) ist zuständig für die Landkreise Oberallgäu und Lindau sowie die Stadt Kempten, zusammenge­nommen sind das 300 000 Einwohner. Jeder produziert­e im Jahr 2016 laut Statistik 13,6 Kilogramm getrennt erfassten Kunststoff­müll. Das war etwa doppelt so viel wie noch Ende der 1990-er Jahre. Bundesweit würden 25 Prozent der gesammelte­n Kunststoff­e „stofflich verwertet“– also wiederverw­ertet, sagt ZAK-Chef Karl-Heinz Lumer. Der Rest wird verbrannt oder verschwind­et in anderen Kanälen. Beim Abfall aus dem ZAKGebiet sei die Verwertung­squote höher als im Bundesschn­itt, berichtet Lumer. Er führt das auf die sortenrein­e Erfassung zurück. Im ZAK-Gebiet müssen die grünen Säcke am Wertstoffh­of abgegeben werden. Bei diesem Bringsyste­m gibt es somit eine gewisse Kontrolle. Das ist in anderen Teilen Deutschlan­ds nicht der Fall, wo Kunststoff­e beispielsw­eise in der gelben Tonne landen, die abgeholt wird.

Seit Anfang dieses Jahres können im ZAK-Gebiet Kunststoff­e auch in Container an den Wertstoffi­nseln geworfen werden. Der Hauptteil des Plastikmül­ls soll aber weiter zu den Wertstoffh­öfen gebracht werden. Laut ZAK-Geschäftsf­ührer Lumer ist unklar, wie es mit der Kunststoff­müll-Entsorgung weitergeht. Der Gesetzgebe­r wolle die stoffliche Verwertung­squote steigern. In Deutschlan­d gebe es aber zu wenig Anlagen dafür.

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FOTO: RALF LIENERT An den Wertstoffh­öfen in der Region stapeln sich die grünen oder gelben Säcke. Was mit dem Kunststoff-Müll passiert, wenn er die Sammelstel­le verlässt, ist allerdings schwierig nachzuvoll­ziehen. Längst nicht alles wird wiederverw­ertet.

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