Lindauer Zeitung

Die Insel braucht 1700 Parkplätze

Die LZ hat sich das Parkraumko­nzept der Stadt nochmal genau angeschaut.

- Von Dirk Augustin

LINDAU - Der Stadtrat steht vor der Entscheidu­ng über eine Neuordnung des Parkens in der Altstadt. Außerdem soll der Stadtrat in der kommenden Woche den Investoren­wettbewerb für ein Hotel mit Tiefgarage oder Parkhaus am Karl-Bever-Platz starten. Im OB-Wahlkampf war das Thema umstritten. Dabei beriefen sich Befürworte­r und Gegner auf das Parkraumko­nzept, das der Stadtrat im vergangene­n Sommer verabschie­det hat. Anlass genug für die LZ, sich die 58 Seiten nochmal genau anzuschau- en.

Eines vorweg: Viele der im Wahlkampf gehörten Zahlen stehen in dem Konzept in Wirklichke­it nicht. Umso wichtiger ist es, dass Entscheidu­ngsträger sich nochmal genau anschauen, was das Fachbüro R+T-Verkehrspl­anung aus Darmstadt empfohlen und was die Räte mit 22:5 Stimmen beschlosse­n haben, wobei die Räte sich dabei sofort auf den Bau der erforderli­chen Parkplätze am Beverplatz festgelegt und die Variante mit Auffangpar­kplätzen zur Seite geschoben haben.

Die Gutachter raten in Variante 2, dort 700 Stellplätz­e zu planen. Diese sind laut Gutachten für die Insel nötig, wenn man den Bedarf der verschiede­nen Nutzergrup­pen betrachtet und die Zahl der auf der Insel zur Verfügung stehenden Stellplätz­e bedenkt. Dabei gehen die Gutachter davon aus, dass der Seeparkpla­tz auf der Hinteren Insel für die Gartenscha­u verschwind­et, dass es dort aber weiterhin 150 öffentlich­e Stellplätz­e geben wird. Im Inselkern sollen demnach etwa hundert Stellplätz­e verschwind­en, um zum Beispiel Reichsplat­z und Schrannenp­latz autofrei zu machen. In diesem Fall braucht es vor der Insel noch 700 öffentlich­e Stellplätz­e.

Die Gutachter haben zwei Varianten betrachtet: Alle 700 Stellplätz­e am KarlBever-Platz oder dort nur 300 öffentlich­e Stellplätz­e und 400 weitere auf einem Auffangpar­kplatz am Stadtrand. Diese Möglichkei­t hat eine Mehrheit der Stadträte aber im Juni bereits abgelehnt. Sie wollen so viele Parkplätze wie möglich am Beverplatz.

Die Gutachter belegen schlüssig, dass diese Zahl der Stellplätz­e derzeit notwendig ist. Sollte der Tourismus in Lindau weiter wachsen oder sollte die Inselhalle tatsächlic­h überaus erfolgreic­h werden, wäre die Zahl zu niedrig. Sollte es gelingen, mehr Menschen zum Umsteigen auf Bahn, Bus oder Fahrrad zu bewegen, wäre sie zu hoch. Beides ist aber nicht absehbar, deshalb plädieren die Fachleute für die Mitte.

Nicht enthalten ist in der Zahl 700 übrigens der Bedarf für das am Beverplatz geplante Hotel. Das wird zu Schwierigk­eiten führen, denn das Fachbüro verweist auf frühere Untersuchu­ngen, nach denen der Kreisverke­hr am Europaplat­z nicht mehr als 730 Stellplätz­e in direkter Nachbarsch­aft verträgt. Die im Wahlkampf genannte Zahl von 780 Parkplätze­n findet sich in dem Parkraumko­nzept nicht. Der Stadtrat muss also abwägen, ob er Verkehrspr­obleme an dem Kreisverke­hr in Kauf nehmen will oder ob doch zumindest ein Teil der Stellplätz­e andernorts zu schaffen sind.

Denn das Parkraumko­nzept sieht sehr gute Chancen, nicht nur die Insel, sondern auch andere Teile der Stadt vom Verkehr zu entlasten, wenn man Tagestouri­sten am Stadtrand abfängt. Es sei möglich, dort im Sommer täglich bis zu 400 Stellplätz­e zu füllen. Als Standort schlagen die Fachleute den Bereich der Kläranlage oder die Wiese zwischen Denkfabrik und Friedhof vor. Sicher sind die Gutachter, dass Lindau dafür neue Parkfläche­n oder Parkgebäud­e schaffen muss. Denn zwischen Mai und Oktober sei der Bedarf an Parkplätze­n nicht nur an Wochenende­n, sondern täglich sehr groß, die Parkplätze seien jeden Mittag voll belegt. Firmenpark­plätze zu nutzen, sei deshalb nur zusätzlich bei Großverans­taltungen sinnvoll.

Außerdem werde ein Auffangpar­kplatz nur funktionie­ren, wenn die Gäste mit einem Shuttle im Viertelstu­ndentakt zur Insel kommen. Zudem dürfe eine Familie für Tageskarte und Busshuttle nicht mehr als fünf Euro zahlen müssen. Würde es teurer, würden die Gäste gleich bis ins Zentrum fahren. Die Kosten für einen Shuttlebus zwischen Kläranlage und Heidenmaue­r von Mai bis Oktober sowie in den Osterund Herbstferi­en schätzen die Stadtwerke laut dem Gutachten auf etwa eine Viertelmil­lion Euro, die Verbindung Friedhof-Heidenmaue­r wäre um etwa 50 000 Euro günstiger.

Sollte sich der Stadtrat doch noch für Auffangpar­kplätze entscheide­n, hält das Gutachten 300 Stellplätz­e am Beverplatz für erforderli­ch – zuzüglich den Stellplätz­en für das dort geplante Hotel. Dessen Bedarf wiederum hängt von der Zahl der Zimmer ab. Hier widerspric­ht das Gutachten der im Wahlkampf geäußerten Ansicht, Lindau könne auf der Insel Stellplätz­e abschaffen und bräuchte weder am Beverplatz noch andernorts neue Parkplätze schaffen. Der zur Verfügung stehende Parkraum ohne den Seeparkpla­tz reicht nach Ansicht der Fachleute bei Weitem nicht aus.

Das vollständi­ge Parkraumko­nzept mit allen Plänen und Anlagen

findet man im Internet unter der Adresse

●» www.lindau.de/stadt/ Wirtschaft-Verkehr/ Parken-Verkehr/ Parkraumko­nzept

Nötig sind 700 zusätzlich­e Parkplätze – von denen mindestens 300 am Karl-Bever-Platz liegen sollten. 400 wären auch am Stadtrand möglich.

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FOTO: OH
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ALLE PLÄNE UND TABELLEN: R+T VERKEHRSPL­ANUNG Stand: August 2016 Dieser Plan enthält Angaben über Stellplätz­e in den verschiede­nen Bereichen der Insel. Abgebildet ist der Stand im Sommer 2016, also ohne Inselhalle­nparkhaus, dafür mit Interimspa­rkplätzen im Inselkern. Außerdem ist der...
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Plan und Tabelle zeigen die vier möglichen Standorte für Auffangpar­kplätze – die Fachleute sprechen von Park&Ride-Parkplätze­n – und wägen die Vorund Nachteile der einzelnen Standorte ab.
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Diese Tabelle stellt die Varianten für ein Parkkonzep­t der Insel vor. Variante 1 enthält eine Lösung mit Auffangpar­kplätzen am Stadtrand, Variante 2 mit großer Tiefgarage oder Parkdeck am Karl-Bever-Platz.
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 ??  ?? Diese Tabelle zeigt, wie viele Parkplätze für die verschiede­nen Nutzergrup­pen der Insel nötig sind. Daraus ergibt sich laut Gutachter R+T insgesamt ein Bedarf von 1700 Stellplätz­en.
Diese Tabelle zeigt, wie viele Parkplätze für die verschiede­nen Nutzergrup­pen der Insel nötig sind. Daraus ergibt sich laut Gutachter R+T insgesamt ein Bedarf von 1700 Stellplätz­en.

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