Juso-Kampagne spaltet SPD
Kritik und Lob für das Werben um neue Mitglieder
BERLIN (AFP/kab) - In der SPD-Spitze regt sich Widerstand gegen den Versuch der Jusos, eine Koalition mit der Union durch den Parteieintritt zahlreicher Gegner einer neuen Großen Koalition zu sprengen. SPDGeneralsekretär Lars Klingbeil kündigte einen Stichtag an, ab dem eine Beteiligung an dem Mitgliederentscheid erst möglich sein soll. Leon Hahn, Landeschef der Südwest-Jusos, ist gegen die Kampagne. „Für mich gilt ja eher: #TrittEinStimmAb!“, schrieb er bei Facebook. Die Kampagne #TrittEinSagNein! vermittle ein „bedenkliches Demokratieverständnis“. Die Ulmer SPD-Abgeordnete Hilde Mattheis bezeichnete das Werben um Mitglieder als legitim. Im Südwesten sind seit Dienstag 150 Menschen eingetreten.
Die Jusos hatten zu Parteieintritten aufgerufen, um beim Mitgliederentscheid nach den Koalitionsverhandlungen ein Bündnis mit CDU und CSU zu verhindern. ●
BERLIN - Die umstrittene Mitgliederwerbung der SPD-Jugendorganisation Jusos und dem linken Flügel von der Demokratischen Linken 21 zur Verhinderung einer neuen Großen Koalition könnte doch noch ins Leere laufen. Die SPD-Führung will Anfang kommender Woche einen Stichtag festlegen, ab dem Neumitglieder am Votum über ein erneutes Regierungsbündnis mit der Union teilnehmen dürfen. Der Beschluss soll bei der Sitzung des Parteivorstands gefasst werden, wie die SPD-Pressestelle am Mittwoch mitteilte.
An diesem Donnerstag will die SPD-Spitze über ihren Kurs für die voraussichtlich am Freitag beginnenden Koalitionsverhandlungen mit der Union beraten. Nach Ende der Verhandlungen will die SPD den Koalitionsvertrag ihren 440 000 Mitgliedern zur Abstimmung vorlegen. Vom Ergebnis macht die Partei den Eintritt in eine Regierung abhängig. Die Demokratische Linke 21, der linke Flügel der SPD, und die Jusos-Landesverbände aus Nordrhein-Westfalen und Berlin rufen seit Montag unter dem Motto „Tritt ein, sag’ Nein“dazu auf, möglicherweise nur vorübergehend in die SPD einzutreten, um beim Mitgliedervotum den Koalitionsvertrag ablehnen zu können. Bundesweit wurde danach ein Anstieg der Neuzugänge registriert.
Partei will Neueintritte prüfen
Die Partei will jedoch den Plan ihrer Jugendorganisation durchkreuzen. SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil erklärte im rbb-Inforadio, der Parteivorstand werde ein Eintrittsdatum festlegen, ab dem man nicht mehr stimmberechtigt sei. Ein konkretes Datum stehe aber noch nicht fest.
Er freue sich über jedes neue Mitglied, sagte Klingbeil. Was aber nicht gehe, sei zu sagen, man solle eintreten, gegen die Große Koalition stimmen und dann wieder austreten. Das reduziere den Wert der SPD-Mitgliedschaft. Als Reaktion auf die Mitgliederwerbung sei die Stichtagsregelung nicht zu verstehen, betonte die SPD-Pressestelle.
SPD-Vize Thorsten SchäferGümbel mahnte bei den zuständigen Ortsvereinen eine sorgfältige Prüfung der Unterlagen bei Neueintritten an. „Jedes Neumitglied, das sich dauerhaft engagieren will, ist bei uns willkommen. Eine Kurzzeitmitgliedschaft mit dem Ziel, eine Abstimmung zu beeinflussen, verstößt gegen unsere Prinzipien“, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.
Normalerweise liegt der Protest gegen die Parteispitze in der DNA der Jugendorganisation. Doch nicht bei jedem Landesverband kommen die Kampagnen gut an. Der badenwürttembergische Jusos-Chef Leon Hahn lehnt Slogans wie „Zehn Euro gegen die GroKo“ab. „Wir Jusos haben die Debatte auf dem Parteitag als sehr respektvoll und verantwortungsvoll wahrgenommen und wollen so auch in den Mitgliederentscheid gehen“, sagte Hahn. „Deshalb halte ich nichts von Kampagnen wie ,Tritt ein, sag nein‘.“Vielmehr sei das Motto zur Mitgliederwerbung: „Tritt ein, stimm ab“. „Wir wollen Leute auf Dauer für die SPD gewinnen.“Seit Dienstag verzeichnet der Jusos-Landesverband 150 neue Eintritte.
Die SPD-Abgeordnete Hilde Mattheis verteidigte die Kampagne von Parteilinken und Jusos im Deutschlandfunk. Sie selbst will bei ihrem Nein zu einer schwarz-roten Neuauflage auch dann bleiben, wenn in den Verhandlungen noch substanzielle Verbesserungen aus SPD-Sicht erreicht werden. Ihre Bedenken seien grundsätzlicher Art.