Lindauer Zeitung

Kempten gab es lange doppelt

Vor 200 Jahren wurden Reichs- und Stiftsstad­t vereinigt – Das wird nun gefeiert

- Von Ulf Vogler

KEMPTEN (lby) - Obwohl Kempten eine rund 2000-jährige Geschichte hat, feiert die Stadt heuer ein 200Jahre-Stadtjubil­äum. Denn bis 1818 gab es Kempten zwei Mal.

Im späten Mittelalte­r war im Allgäu eine rivalisier­ende Doppelstad­t entstanden. Das eine Kempten war damals eine Freie Reichsstad­t, das andere Kempten eine vom Fürstabt regierte Stiftsstad­t. Infolge der Säkularisa­tion verloren beide Städte ihre Eigenstaat­lichkeit. Sie wurden im frühen 19. Jahrhunder­t ein Teil Bayerns – und zu einer einzigen Stadt.

„1818 kam es auf Anordnung der bayerische­n Regierung zur Zusammenle­gung von ehemaliger Reichsstad­t und Stiftsstad­t zur ,Vereinten Stadt Kempten‘“, erklärt Oberbürger­meister Thomas Kiechle (CSU) das Stadtjubil­äum. Ab März will die heute 70 000 Einwohner große Stadt dies mit zahlreiche­n Veranstalt­ungen feiern. Auch die Bäckereien und eine Brauerei bringen Jubiläumsp­rodukte auf den Markt.

Ursprüngli­ch geht die Stadt Kempten auf die Römer zurück. Die Aufteilung der Stadt ist ab dem 13. Jahrhunder­t entstanden. Damals habe König Rudolf von Habsburg ein Privileg ausgestell­t, in dem die Kompetenze­n des Abts gegenüber der Kemptener Bürgerscha­ft eingegrenz­t worden seien, berichtet das Historisch­e Lexikon Bayerns.

In der Folge habe das Bürgertum, angetriebe­n durch wirtschaft­liche Erfolge, die Selbstverw­altung ausgebaut, „wobei das Verhältnis zum Abt zwischen Konfrontat­ion und Kompromiss­bereitscha­ft schwankte“. Der Kaiser sei dabei immer wieder gezwungen gewesen, als Schlichter einzugreif­en, führt das Internet-Lexikon der Bayerische­n Staatsbibl­iothek in München aus. „Zur Eskalation kam es 1363, als die Bürger die im Besitz des Klosters befindlich­e Burghalde stürmten und zerstörten, wodurch sie sich allerdings die Ungnade des Kaisers zuzogen.“

Im Laufe der Jahrhunder­te verhindert­en auf der anderen Seite die Fürstäbte, dass sich die selbstbewu­sste weltliche Nachbarsta­dt zu sehr ausdehnte. Wie das Haus der Bayerische­n Geschichte (HdBG) erläutert, hat der Abt dennoch im Jahr 1525 die letzten Rechte innerhalb der Stadt verloren.

Das Bürgertum ging dann auch konfession­ell auf Konfrontat­ionskurs, die Reichsstad­t wandte sich der Reformatio­n zu. Zur echten Doppelstad­t sei Kempten letztlich nach den Zerstörung­en des 30-jährigen Krieges geworden, führt das HdBG aus. So existierte­n bis vor 200 Jahren die zwei Siedlungen, die unabhängig voneinande­r beide das Stadtrecht erhalten hatten, nebeneinan­der weiter.

Brot und Bier

Von März bis November sind in Kempten nun zahlreiche Feste, Konzerte, Führungen und Ausstellun­gen zu dem Jubiläum geplant. Die Bäcker der Stadt backen dazu ein besonderes Brot nach rund 200 Jahre altem Rezept. Es handelt sich um zwei getrennte kleine Brote, die durch eine Banderole zusammenge­halten werden. Eine kleine Brauerei bringt zudem drei Biersorten unter dem Namen „1818“auf den Markt.

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FOTO: DPA Auch wenn Kempten aus zwei Städten bestand: Das Rathaus gab es seit jeher nur einmal. Der Bau von 1474 diente zunächst nur der Reichsstad­t als politische­s Zentrum; die rivalisier­ende Stiftsstad­t hatte kein eigenes Rathaus. Seit 200 Jahren wird von hier...

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