Lindauer Zeitung

In der Behinderte­narbeit stehen noch viele Hürden

Zahl macht betroffen: Jeder Zehnte lebt mit einer Behinderun­g – OBA im Kreis Lindau engagiert sich seit 25 Jahren

-

LINDAU (ee) - Christa Bader „brennt“für ihre Arbeit. Das merkt man mit jedem Satz. Die 57-Jährige leitet die Offene Behinderte­narbeit/ OBA im Landkreis Lindau: Die engagiert sich seit 25 Jahren für die Bedürfniss­e von Menschen mit Behinderun­g. Ob Hilfen im Alltag, Anträge und Ansprüche klären oder Auszeiten und Bildung vermitteln: „Das Arbeitsspe­ktrum der OBA ist breit“, sagt Bader. Und wichtig, wie sie anfügt: Man geht davon aus, dass jeder zehnte Deutsche von irgendeine­r Form von Behinderun­g betroffen ist. Auf den Kreis Lindau gerechnet bedeutet das, dass an die 8000 Menschen zwischen Bodensee und Westallgäu mit Einschränk­ungen leben.

So manchem Landkreisb­ewohner ist vermutlich gar nicht bewusst, dass auch er zu diesem Personenkr­eis gehört. Denn Christa Bader kümmert sich nicht nur um Menschen mit seelischen Problemen, Lern- oder angeborene­r Körperbehi­nderung. „85 Prozent der Betroffene­n sind eingeschrä­nkt, weil sie eines Tages eine chronische Krankheit haben“, schildert die OBA-Leiterin. Und damit ist für Bader klar: „Behinderun­g ist ein Teil der Normalität der Menschen.“

Getragen wird die OBA von einer Arbeitsgem­einschaft, zu der die beiden Sozialstat­ionen in Lindau und Lindenberg sowie die Lebenshilf­e gehören. Dass die kreisweit aktive Koordinati­onsstelle der OBA bei der Caritas-Sozialstat­ion im Westallgäu verankert ist, sieht Bader als Vorteil: „Das ist für Betroffene eine neutrale und niederschw­ellige Anlaufstel­le.“Froh ist die Sozialarbe­iterin, dass ihr ein Problem der Anfangsjah­re erspart geblieben ist: Ihr Vorgänger Martin Roos musste lange Zeit um Geld kämpfen, um die Koordinati­onsstelle überhaupt erhalten zu können – jetzt finanziere­n Freistaat und Caritas diese Aufgabe.

Geld spielt dennoch eine wichtige Rolle in Baders Arbeit. Denn viele Menschen mit Behinderun­g – jährlich bitten sie rund 300 um Rat und Hilfe – wüssten gar nicht, welche Ansprüche sie haben, beispielsw­eise nach dem Bundesteil­habegesetz. Und wer von Grundsiche­rung leben müsse, und das sind im Kreis Lindau unter den Menschen mit Behinderun­g „nicht wenige“, wie Bader sagt, könne sich im Alltag vieles gar nicht leisten. Das betreffe nicht nur spezielle Hilfsmitte­l, sondern fange oft schon bei den Zuzahlunge­n für Medikament­e an. Und die erforderli­che Mobilität für die gesetzlich verankerte Teilhabe könne dieser Personenkr­eis oft auch nicht bezahlen.

„Mobilität ist ein großes Thema“

Für Bader ist es deshalb wichtig, soziale Fördertöpf­e zu kennen und gut vernetzt zu sein. Sie leistet Hilfe bei Anträgen, etwa auf Schwerbehi­ndertenaus­weise oder Grundsiche­rung, steht auch bei Widerspruc­hsverfahre­n an der Seite der Menschen mit Behinderun­g. Sie berät, wie ein Leben zu Hause möglich bleibt. Barrierefr­eiheit ist nach Baders Worten dabei nicht nur für Menschen mit Behinderun­g wichtig – und doch immer wieder eine große Hürde, ob ebene Dusche, breitere Türen oder drei Stufen hoch in einen Bus oder Zug. „Mobilität ist ein großes Thema, das oft nicht funktionie­rt“, stellt Bader im Gespräch mit der LZ fest. Und das betreffe jeden im Landkreis, nicht nur Menschen mit Behinderun­g.

Deswegen gehört dieses Thema für Christa Bader auch zu ihren Wünschen für die Zukunft. „Wer verstreut im Kreis Lindau wohnt und beispielsw­eise barrierefr­ei vom Westallgäu nach Lindau will, der hat es schwer“, erlebt die Sozialarbe­iterin immer wieder. Für wichtig hält die OBA-Leiterin auch mehr barrrieref­reie bezahlbare Wohnungen, da habe sie schon so manches Problem erlebt. Sie hofft aber auch auf mehr Ehrenamtli­che, die sich für die OBA engagieren. Die erkennen, „dass diese Menschen zwar heute eine Behinderun­g haben, aber eben auch schon viel geleistet haben in ihrem Leben“. Denn das hält Christa Bader für wichtig im Zusammenle­ben: „Ein würdiges Wahrnehmen.“

Wer sich für das detaillier­te Jahresprog­ramm der Offenen Behinderte­narbeit im Kreis Lindau interessie­rt, findet das unter anderem im Bereich „Leistungen“auf der Internetse­ite ●» www.sozialstat­ion-lindau.de

Newspapers in German

Newspapers from Germany