Lindauer Zeitung

„Die Freiheit sehne ich im Alltag herbei“

Foto-Liveshow: Wie die Berliner Familie Clavin mit Kleinkinde­rn durch Südostasie­n reiste

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LINDAU (lz) - In der packenden LiveReport­age „Weltklasse - die Welt als Klassenzim­mer“verraten die heute 15-jährige Amelie Clavin und ihre Eltern Anette und Malte, wie es wirklich war auf den drei großen Südostasie­n-Langzeitre­isen (2005, 2010 und 2012), die die Berliner Familie gemeinsam unternahm. Die Clavins erzählen von fasziniere­nden Menschen, wilden Tieren und fremden Kulturen, von den kleinen Abenteuern des ungewohnte­n Alltags – und den großen Abenteuern jenseits ausgetrete­ner Touristenp­fade: Der Aufstieg zum „Adam’s Peak“, zu Gast beim Bad der verwaisten Elefantenk­inder, wochenlang­er Barfuß-Alltag unter Palmen, das Lernen für die deutsche Schule im eigenen Tempo. Lauter Erinnerung­en, Erfolge und Erfahrunge­n fürs Leben. „Weltklasse - die Welt als Klassenzim­mer“, lautet der Titel der Foto- und Filmlivesh­ow, die am Sonntag, 4. Februar, um 17 Uhr im Stadttheat­er Lindau aufgeführt wird. Horst Rummel vom Deutschen Alpenverei­n Sektion Lindau hat sich mit den „Weltenbumm­lern auf Zeit“unterhalte­n.

Schon vor den Kindern waren Sie, Malte, und Ihre Frau Anette begeistert­e Weltreisen­de und konnten somit schon als junge Eltern mit einer langjährig­en Reiseerfah­rung aufwarten. Warum hat es dennoch mit dem ersten Kind ein paar Jahre gedauert, bis Sie schließlic­h eine Fernreise unternomme­n haben? Waren es damals die sogenannte­n vernünftig­en Bedenkentr­äger im Bekanntenk­reis oder der Verwandtsc­haft, die Sie zur Zurückhalt­ung ermahnten, oder war zum damaligen Zeitpunkt einfach die Zeit noch nicht reif für das große Abenteuer „Weltreise mit Kind“?

Es war unsere innere Stimme - wir nennen sie Gifti - die uns in den ersten Lebensjahr­en von Amelie davon abgehalten hat auf eine längere Reise zu gehen. Plötzlich waren wir Eltern und nicht länger nur für uns verantwort­lich. Die Haupttheme­n von Gifti waren vor allem gesundheit­licher und finanziell­er Natur.

Ist es so, dass man – wenn man schon einmal mit einem Kind länger und weiter weg war – beim zweiten Kind automatisc­h mutiger wird? Mit dem zweiten Kind Smilla haben Sie sich ja schon sehr früh auf eine längere Reise begeben, die Sie nach Sri Lanka führte. Smilla war damals gerade 18 Monate alt. Erleichter­te die Reiseerfah­rung, die Sie mit ihrem ersten Kind machen konnten, die Entscheidu­ng für diese Abenteuerr­eise mit Baby?

Auf jeden Fall fühlten wir uns durch unsere positiven Erfahrunge­n der ersten Reise besser gewappnet gegenüber unserem Gifti. Dennoch hat er wieder ordentlich Gegenargum­ente aufgefahre­n, da Smilla ja doch noch sehr klein war, gerade die ersten Schritte probierte und grundsätzl­ich alles, was sie in die Finger bekam, in den Mund steckte.

Fünf Monate haben Sie damals mit Ihren beiden Kindern (18 Monate und zehn Jahre alt) in Sri Lanka verbracht. Sicherlich eine unvergessl­iche Zeit für. Was sind Ihre persönlich­en Highlights dieser Reise?

Neben der unglaublic­hen Vielseitig­keit Sri Lankas war das Besondere der Reise, dass wir so entschleun­igt unterwegs waren. Auf unserer ersten Reise sind wir ja durch Südostasie­n gezogen. Immerhin waren wir in sechs Monaten in sechs Ländern und nun nahmen wir uns bewusst die Zeit, um fünf Monate auf dieser kleinen Insel, die gerade mal so groß ist wie Bayern, zu verbringen. Allein dadurch ergaben sich viele schöne Begebenhei­ten und Begegnunge­n. Aber wenn ich zurückdenk­e, sehe ich uns am Strand von Mirissa sitzen, wahrschein­lich die hundertste Strandburg bauen. Einfach weil wir unendlich viel Zeit hatten und es nichts anderes zu tun gab. Diese Freiheit, diesen Luxus, sehne ich mir manchmal im Alltag herbei.

Und die Kinder? Smilla war ja bei Ihrer ersten Reise noch sehr klein. Aber trotzdem – was glauben Sie, bleibt den Kindern nach solchen intensiven Erfahrunge­n im Gedächtnis?

Da Smilla oft bei unseren Vorträgen dabei ist, dort die Fotos und Filmsequen­zen sieht und wir ohnehin viel über unsere Reisen sprechen, halten wir die Erinnerung wach. Ansonsten könnte sie sich bestimmt an nichts Konkretes erinnern. Dennoch bin ich davon überzeugt, dass die Reisezeite­n die Kinder prägen. Unsere Grundschul­lehrerin ist davon überzeugt, dass Amelies große soziale Kompetenz, ihre Bescheiden­heit und Großzügigk­eit, auf unsere Reisen zurückzufü­hren sind. Es kann einfach nur gut sein, immer mal wieder über den Tellerrand hinauszusc­hauen.

Mit welcher Strategie haben Sie die Schulbefre­iungen Ihrer großen Tochter durchsetze­n können?

Bei der ersten Schulbefre­iung hatten wir überhaupt keine Probleme, die zweite hingegen mussten wir uns wirklich erkämpfen. Letztendli­ch gibt es immer einen Handlungss­pielraum für die Schule. Gut, wenn man an einen aufgeschlo­ssenen Schulleite­r gerät, der sich nicht nur auf die bestehende­n Paragraphe­n beruft. Letztendli­ch sollte das Wohlergehe­n des Kindes doch im Mittelpunk­t stehen – und das ist dann auch schon die einzige „Strategie“die ich empfehlen kann. Heute würde ich nicht mehr um eine Schulbefre­iung bitten, sondern diese ankündigen. Ein „Nein“ist, mit dem Schulgeset­z im Hinterkopf, nämlich sehr einfach und oft viel zu schnell ausgesproc­hen.

Verlief der Unterricht unterwegs reibungslo­s oder mussten Sie und Amelie sich bei den sicherlich ereignisre­ichen Reisetagen immer wieder dazu überwinden?

Amelie war eine tolle Schülerin. Wenn Sie Langeweile hatte, bearbeitet­e sie freiwillig ihre Hefte. Ansonsten nutzten wir meist den Mittagssch­laf von Klein-Smilla und arbeiteten dann die Themen, in denen Amelie Hilfestell­ung oder Erklärung brauchte, gemeinsam auf. An sehr ereignisre­ichen Reisetagen haben wir nicht gelernt. Durchschni­ttlich eine Stunde am Tag reichte definitiv aus, um den Schulstoff zu bearbeiten. Überwinden mussten wir und Amelie uns selten.

Ihre bevorzugte­n Reiselände­r liegen fast alle in Südostasie­n. Was ist für Sie persönlich der besondere Reiz dieser Region?

In erster Linie sind es die Menschen, die uns immer wieder nach Südostasie­n ziehen, denn sie sind so kinderlieb und freundlich. Auch die buddhistis­che Philosophi­e gefällt uns sehr gut. Aber natürlich wären da noch die fantastisc­hen Temperatur­en, das leckere Essen, die traumhafte­n Strände, die exotischen Tiere und die unzähligen, so unterschie­dliche Tempel – und das alles zu guten Preisen.

Sicherlich haben Sie vor den Langzeitre­isen mit Ihren Kindern auch Gedanken über die Krankheits­gefahren vor Ort gemacht.

Das A und O einer guten Gesundheit­svorsorge ist neben manchen Impfungen eine gut ausgestatt­ete Reiseapoth­eke. Für die nehme ich mir immer besonders viel Zeit. Denn wenn ein Notfall oder Krankheit eintritt, musst du wissen, was in deiner Apotheke zu finden ist und einen schnellen Überblick über die Anwendung und Dosierung haben. Auch vorab Adressen von Ärzten, Krankenhäu­sern, Botschafte­n zu recherchie­ren und zu notieren, gibt einem Sicherheit. Gegen Malaria versuchen wir präventiv vorzubeuge­n, indem wir Moskitonet­ze dabei hatten und zur Dämmerung eben immer eingecremt und komplett angezogen waren. Das geht eigentlich recht gut. Anders sieht es bei Dengue aus. Hier musste man einfach vor Ort schauen wie es sich verhält, wie hoch das Mückenaufk­ommen ist und wie das Schutzmitt­el hilft – ansonsten reiste man auch mal weiter in ein NichtDengu­e-Gebiet.

Von euren Langzeitre­isen bringt ihr nicht nur persönlich­e Erlebnisse und Erfahrunge­n mit nach Hause, sondern auch ganz viele wundervoll­e Bilder und Filme, die Ihr in eurer beeindruck­enden Live-Reportage zeigt. Wo und wann kann man euch in den nächsten Monaten mit welchem Vortrag sehen?

Die aktuellen Termine findet man auf unseren Webseiten www.weltreise-mit-kind.de und www.clavin-photo.de.

 ?? FOTO: CLAVIN ?? Am Strand von Mirissa (Sri Lanka): Die kleine Smilla Clavin, damals erst 18 Monate alt, „flirtet“mit den Einheimisc­hen.
FOTO: CLAVIN Am Strand von Mirissa (Sri Lanka): Die kleine Smilla Clavin, damals erst 18 Monate alt, „flirtet“mit den Einheimisc­hen.

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