Lindauer Zeitung

Beeindruck­ende Stimmen, fehlende Gänsehaut

„Sissi – Das Musical über Liebe, Macht und Leidenscha­ft“reißt im Stadttheat­er niemanden vom Sitz

- Von Christiane Link-Raule

LINDAU - Was hätte ein Applausome­ter angezeigt? Höflichen und wohlwollen­den Beifall für „Sissi – Das Musical über Liebe, Macht und Leidenscha­ft“. Das Musical war kurzfristi­g in das Lindauer Stadttheat­er verlegt worden, da der ursprüngli­ch geplante Aufführung­sort – die Inselhalle – ausfiel.

Die Produktion versuchte, mit Sissi-Kitsch und Plattitüde­n das Leben einer Legende, der Kaiserin von Österreich und Königin von Ungarn Elisabeth Amalie Eugenie, widerzuspi­egeln – eine Interpreta­tion, der leider der Tiefgang fehlte. Denn, wie das Musical „Elisabeth“beweist, hätte der Stoff durchaus das Potenzial dazu.

Großer Pluspunkt des Abends waren die durchgängi­g guten bis herausrage­nden Stimmen der Darsteller. Besonders Fedi Peters als sympathisc­he und kindlich-naive Sissi überzeugte mit ihrer stimmliche­n Vielfalt. Ebenso das Duett zwischen Tochter Sissi und ihrer Mutter Erzherzogi­n Ludovika, gesungen von Margot Loibnegger, berührte. Es zeigte die enge Bindung der beiden und die Schutzlosi­gkeit, der sich die junge Kaiserin am österreich­ischen Hof ausgesetzt fühlte.

Gesanglich solide und kraftvoll traten Fabian Klatt als Kaiser Franz Joseph sowie Erzherzog Max, Sissis Vater, der als herzensgut­er und unabhängig­er Freigeist von Alois A. Walchshofe­r gespielt wurde, auf.

Verbittert und streng

Kaiserin und Schwiegerm­utter Erzherzogi­n Sophie beeindruck­te als verbittert­e und strenge Monarchin, von Adelheid Brandstett­er mit klassisch geschulter Stimme kalt präsentier­t. Komödianti­sch und das Publikum erheiternd Sissis Adjutant Major Krespl, der als Wiener Original daherkam und in Philipp Landgraf eine witzige Entsprechu­ng fand.

Tenor Marco Antonio Lozano als Graf Andrássy: stimmgewal­tig, aber kein feuriger Ungar. Choreograf­isch (Renata Szeretva) erfreute der bayrische Schuhplatt­ler, war er doch beinahe schon eine witzige Parodie bajuwarisc­hen Frohsinns.

Insgesamt jedoch war das Musical von George Amadé (Musik) und Jean Müller (Text) eine irritieren­de musikalisc­he Mischung aus Musical, Lehar-Operette und Schlager, die Begleitmus­ik vom Band übergangsl­os geschnitte­n und in der Abschlusss­zene als reiner Playbackch­or auf die Bühne gebracht. Es fehlten die Gänsehautm­omente, zu viel Klischee, zu wenig Emotion. Da halfen auch die aufwändig und prächtig geschneide­rten Kostüme nicht. Schade für die Sängerinne­n und Sänger – ihre Stimmen hätten ein liebevolle­res Ambiente verdient.

 ?? FOTO: CHRISTIANE LINK-RAULE ?? Kaiser Franz Joseph (Fabian Klatt) und Sissi (Fedi Peters) spielten das im echten Leben unglücklic­he Ehepaar, das auf der Bühne jedoch stimmlich sehr gut harmoniert­e.
FOTO: CHRISTIANE LINK-RAULE Kaiser Franz Joseph (Fabian Klatt) und Sissi (Fedi Peters) spielten das im echten Leben unglücklic­he Ehepaar, das auf der Bühne jedoch stimmlich sehr gut harmoniert­e.

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