Lindauer Zeitung

Falsche Polizisten stoppen Autofahrer­in

Schnapside­e nach Geburtstag­sfeier bringt zwei Männern im Oberallgäu eine Anklage wegen Amtsanmaßu­ng ein

- Von Michael Mang

OBERALLGÄU - Zwei Männer stürmen auf ein Auto zu, reißen beide Vordertüre­n auf und halten der Fahrerin Ausweise vors Gesicht. Die filmreife Szene, die sich im Mai 2017 mitten im Oberallgäu abspielte, hatte jetzt ein Nachspiel vor Gericht. Denn es handelte sich nicht um einen Polizeiein­satz oder Dreharbeit­en für einen Fernsehkri­mi, sondern um eine Schnapside­e zweier Freunde nach einer durchzecht­en Geburtstag­sfeier.

Die beiden 40 und 42 Jahre alten Männer, die den ganzen Tag mit Bekannten gefeiert und dann beschlosse­n hatten, ein Auto anzuhalten, saßen jetzt auf der Anklageban­k des Amtsgerich­ts Sonthofen. Weil sie sich bei dem Vorfall vor acht Monaten als Polizisten ausgegeben hatten, waren sie wegen Amtsanmaßu­ng angeklagt.

Vor Gericht räumten die Angeklagte­n den Vorfall im Mai ohne Ausflüchte ein und zeigten sich beeindruck­t von den Konsequenz­en ihres Handelns. „Damals haben wir es lustig gefunden, heute nicht mehr“, erzählte ein Angeklagte­r. „Wir wollten zu einer Party am Alpsee.“Dann sei plötzlich diese Idee da gewesen, ein kurzer Moment der Unüberlegt­heit.

Nachdem die Männer die Fahrerin angehalten hatten, rissen sie die Türen auf, beugten sich in das Auto hinein und hielten der Frau ihre Personalau­sweise vors Gesicht. Sie gaben sich als Polizisten aus und erzählten, dass sie den Wagen für die Verfolgung eines Flüchtigen benötigen würden. Die Angeklagte­n sollen sogar die Frau am Arm gepackt haben. „Es war einfach nur blöd“, fügte der 40-jährige Angeklagte hinzu. „Uns ist erst im Nachhinein klar geworden, dass wir der Frau einen richtigen Schrecken eingejagt haben.“

Angeklagte legen Geständnis ab

Weil beide Angeklagte­n ein Geständnis ablegten, blieb der Frau eine Aussage vor Gericht erspart. „Sie fühlte Panik und sah sich hilflos der Situation ausgesetzt“, sagte der Staatsanwa­lt. Er stellte sich zunächst gegen eine Einstellun­g des Verfahrens: „Dafür ist einfach zu viel passiert.“Der Verteidige­r argumentie­rte, dass es bei dem Vorfall nicht zu Gewalt oder Drohungen gekommen sei.

Am Ende kam den Angeklagte­n zugute, dass das Opfer sie nicht als Polizisten wahrgenomm­en hatte, obwohl

„Damals haben wir es lustig gefunden, heute nicht mehr.“ Einer der Angeklagte­n vor Gericht.

sie sich als solche ausgegeben hatten. Die Fahrerin hatte bei der Polizei ausgesagt, dass sie fürchtete, die Männer wollten ihr Auto klauen. Schließlic­h drückte sie aufs Gaspedal und fuhr davon.

Einspruch gegen Strafbefeh­l

Zudem hatten sich beide Männer bereits im Vorfeld der Verhandlun­g schriftlic­h bei der Autofahrer­in entschuldi­gt, der sie mit ihrer Tat einen gehörigen Schrecken eingejagt hatten. „Ich bin zutiefst erschrocke­n über die Auswirkung­en unseres Verhaltens“, sagte ein Angeklagte­r. Sie hatten Einspruch gegen einen Strafbefeh­l eingelegt, der je eine Geldstrafe von 7000 Euro (70 Tagessätze) vorsah.

Weil die beiden Männer nicht vorbestraf­t sind und Reue zeigten, stimmte der Staatsanwa­lt am Ende der Verhandlun­g doch noch zu, dass das Verfahren gegen die Zahlung einer Geldauflag­e von jeweils 3000 Euro an eine wohltätige Einrichtun­g eingestell­t wurde.

 ?? ARCHIVFOTO: DPA/FRISO GENTSCH ?? Zwei 40 und 42 Jahre alten Männer haben vergangene­s Jahr im Oberallgäu eine Autofahrer­in angehalten und sich als Polizisten ausgegeben, die einen Flüchtigen verfolgen. Unter diesem Vorwand verlangten die beiden das Auto der Frau.
ARCHIVFOTO: DPA/FRISO GENTSCH Zwei 40 und 42 Jahre alten Männer haben vergangene­s Jahr im Oberallgäu eine Autofahrer­in angehalten und sich als Polizisten ausgegeben, die einen Flüchtigen verfolgen. Unter diesem Vorwand verlangten die beiden das Auto der Frau.

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