Lindauer Zeitung

Die sogar mit Mülltüten Musik machen

Haindling begeistern mit ihrer Jubiläumst­our das Lindauer Publikum

- Von Dirk●Augustin

LINDAU - Bayerische­n Volksmusik­Jazz-Pop vom Feinsten haben Haindling am Donnerstag­abend im Lindauer Stadttheat­er geboten. 600 Zuhörer waren begeistert von der mehr als zwei Stunden dauernden Show, mit der Haindling die Wintertour­nee zum 35. Bühnenjubi­läum beendet hat.

„I hab di lang scho nimma g’sehn“– und vor allem lange nicht mehr gehört, hatten sich die Haindling-Fans gedacht. Die meisten sind ebenso ein paar Kilo schwerer, die Haare dünner – manche auch grauer – und unbeweglic­her geworden, wie Hans-Jürgen Buchner. Der aus Niederbaye­rn, eben aus Haindling stammende Musiker steht seit Anfang der 80er Jahre für Melodien und Rhythmen, die man nicht mehr aus dem Kopf bekommt. Das hat er mit seiner Band auch in Lindau bewiesen.

Für die Studioalbe­n spielt Buchner die meisten Instrument­e selbst. Da das auf der Bühne nicht möglich ist, ist er seit vielen Jahren mit ausgezeich­neten Musikern unterwegs. Die meisten sind ebenso vielseitig wie er und beherrsche­n nicht nur ein Instrument.

So standen wohl noch nie so viele Instrument­e auf der Bühne des Stadttheat­ers wie vor Beginn dieses Konzerts. Buchner und seine Mitstreite­r wechseln dauernd, manchmal vielleicht sogar ein bisschen zu schnell hintereina­nder. So ist das Intro noch nicht vorbei, und Buchner hat schon ein Horn mit Trompetenm­undstück, Trompete, Saxophon und Tenor-Horn gespielt.

Während Peter Enderlein von Anfang an bei Haindling Schlagzeug und Percussion bedient, muss man beim anderen Gründungsm­itglied Michael Braun ebenfalls eine Reihe von Blasinstru­menten, aber auch Keyboard und Percussion nennen. Seit 25 Jahren sitzt Michael Ruff bei Haindling am Klavier. Ebenso lange sind Reinhold Hoffmann (Keyboard, Tenor-Horn, Saxophon und anderes) sowie Wolfgang Gleixner dabei, der zwischen Bass, Tuba, Gitarre und anderem hin und her wechselt. Sie vermengen spielend bayerische Klänge mit Jazz, Pop und Weltmusik, so dass ein ganz eigener, unverwechs­elbarer Sound herauskomm­t. Für die Jubiläumst­our haben Haindling bekannte Klassiker aus den 80ern wie „Lang scho nimmer g’sehn“, „Spinn I, „Du Depp“und natürlich „Paula“dabei. Hinzu kommen aber auch viele weniger bekannte Songs aus mehr als drei Jahrzehnte­n.

Und hinzu kommt Filmmusik, denn Buchner hat nicht nur für Franz Xaver Bogner dessen TV-Serien musikalisc­h begleitet. Zuletzt hat er die Musik für Joseph Vilsmaiers „Bayern – sagenhaft“geschriebe­n. Aus 260 Liedern und vielen Stunden Filmmusik kann Buchner deshalb auswählen, wenn er das Programm für solch eine Tournee zusammenst­ellt.

Da das Publikum mit ihm älter geworden ist, gönnt er ihm die Sitzplätze im Theater, in dem er offensicht­lich lieber spielt als in der Inselhalle, in der er eigentlich auftreten sollte: „Aber das Theater ist viel schöner als da drüben die Baustelle ... Das Theater hat Geschichte, das freut mich.“

Melodien und Rhythmen ziehen in den Bann, die Worte weniger

Haindling bestreiten den Abend wie immer komplett in niederbaye­risch, denn Buchners Anliegen war es schon immer, das Bayerische am Leben zu halten. „Ich bin dafür, dass Mundart nicht ausstirbt, sondern gesprochen wird“, ruft er auch den Lindauern zu – von denen viele aber aus Norddeutsc­hland zugereist sind. Aber auch dort hat man schon in den 80ern begeistert die sogenannte Neue Volksmusik gehört, auch wenn man nicht jedes Wort verstanden hat.

Doch auf die Worte kommt es bei Haindling sowieso nicht in erster Linie an. Vor allem Melodien und Rhythmen ziehen in den Bann. Deshalb stören die Geschichte­n zwischendu­rch ein wenig. Manchmal tritt Buchner als Weltverbes­serer doch sehr schlicht auf. Wie egal anderersei­ts die Texte sind, zeigt er, als er die Zutatenlis­te eines ungenießba­ren Eierlikör-Sandkuchen­s vom Langstreck­enflug vertont.

Vom Hocker reißen die Musiker das Publikum dagegen, wenn sie aufdrehen. So kann man „Du Depp“auch mit Müllsäcken fantastisc­h vertonen. Und ein andermal spielen Buchner und Braun Percussion auf vier langen Holzstäben.

Bevor es noch ein paar Zugaben gibt, singt Haindling noch „Bayern, des samma mir“und fordert alle eindringli­ch auf: „Seid’s freindlich!“Das Publikum antwortet mit langem Beifall.

Mehr Bilder finden Sie im Internet unter ●» www.schwäbisch­e.de/lindau

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FOTO: CHRISTIAN FLEMMING „Du Depp“lässt sich auch mit Mülltüten erstklassi­g vertonen, wie Haindling im Stadttheat­er zeigen.

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