Der CDU bleibt das Kanzleramt
Die Mitgliederbefragung der SPD zeigt Wirkung – vor allem bei der CDU. Das zeigt sich eindeutig am Zuschnitt der Ministerien, auf den sich die Parteien geeinigt haben. Um ihre Kanzlerschaft abzusichern, war Angela Merkel offensichtlich zu sehr viel bereit. Die SPD kann jubeln: Obwohl bei der Bundestagswahl mit 20,5 Prozent abgestraft, wird sie ihrer frustrierten Basis beachtliche Trophäen vorlegen. Sie verantwortet die Schlüsselministerien, die in den kommenden Monaten die Schlagzeilen bestimmen werden: Außen, Finanzen, Arbeit, Umwelt, Familie und Justiz.
Auch zahlreiche inhaltliche Forderungen, die die sogenannte Große Koalition nun umsetzen möchte, sind eindeutig sozialdemokratisch geprägt. Mit Andrea Nahles als künftiger Parteichefin und dem Pragmatiker Olaf Scholz als Finanzminister und Vizekanzler hat sich die SPD strategisch geschickt aufgestellt. Wenn die Genossen sich diesem Regierungsbündnis verweigern sollten, dann verzwergen sie die SPD zur reinen Klientel- und Gewerkschaftspartei.
Und die Union? Die Christsozialen sind mit dem Innenministerium für Horst Seehofer prima weggekommen, auch wenn inhaltlich gute Arbeit kein Kriterium war, denn sonst wäre Gerd Müller (aller Voraussicht nach) Entwicklungshilfeminister geblieben. Die CDU jedoch, sie dürfte hadern. Spötter twittern bereits, dass man ja wenigstens das Kanzleramt behalten habe. Ansonsten müssen die Christdemokraten suchen, was sie überzeugen könnte. Etwa den marktwirtschaftlichen Markenkern, der einer gewissen Merkelschen Beliebigkeit zum Opfer gefallen ist, denn das Wirtschaftsministerium ist längst kein Ort mehr für durchsetzungsstarke Politiker.
Dennoch werden die CDU-Granden aufatmen: Sie sind nicht auf die Idee gekommen, jeden Parteifreund noch einmal um Zustimmung zu bitten. Wäre ein solches Votum notwendig, diese Regierung käme nicht zustande. Der Parteitag Ende Februar wird das Ergebnis absegnen. Noch funktioniert das Prinzip vom Kanzlerwahlverein.