Lindauer Zeitung

Naturschut­z will Gewerbegeb­iet verhindern

Plan für Firmenansi­edlung im Westallgäu ist umstritten – Gemeinden treiben Projekt voran

- Von Uwe Jauß

GESTRATZ - Vier Gemeinden im Westallgäu­er Argental treiben die Planungen für ein umstritten­es interkommu­nales Gewerbegeb­iet voran. Es soll weitab von den Dörfern auf der grünen Wiese entstehen und wäre bayernweit das erste Projekt nach dem neuen Landesentw­icklungspl­an. Er lockert das Anbindegeb­ot an eine bestehende Bebauung. Eines der Probleme dabei: Die Staatsregi­erung hat die Novelle noch gar nicht beschlosse­n, weil einige Änderungen nötig wurden. Weshalb der Bund Naturschut­z argwöhnisc­h anmerkt, dass den Planungen die Gesetzesgr­undlage fehle. Die Öko-Organisati­on möchte das Gewerbegeb­iet unbedingt verhindern. Für sie ist es ein weiterer Ausfluss des landesweit beklagten Flächenfra­sses.

Der Bund Naturschut­z hat am Mittwoch erneut auf dem Gelände protestier­t. Es liegt zwischen den Gemeinden Gestratz und Grünenbach. Zusammen mit den Nachbarort­en Maierhöfen und Röthenbach haben sie den Zweckverba­nd Interkommu­nales Gewerbegeb­iet „In der Au“gegründet. Richard Mergner, Landesbeau­ftragter des Bund Naturschut­zes, meint beim Vorortterm­in: „Ich bin erschütter­t, dass in einer Ferienland­schaft wie hier Gewerbebau­ten mitten in die Natur gestellt werden sollen.“Jene, die so etwas wollten, seien „die Totengräbe­r der bayerische­n Kulturland­schaft“.

Das anvisierte Gebiet betrifft eine mehrere Hektar große Wiese. Sie wird auf zwei Seiten von Wald eingefasst. Von der nächsten Ortschaft ist in der Ferne nur der Kirchturm zu sehen. Ansonsten befindet sich in der Nähe noch eine Kiesgrube. Diese Funktion hatte einst auch die heutige Wiese. Sie entstand durch das Auffüllen ausgebagge­rter Flächen. Ihr Agrarwert wird vor Ort als gering eingeschät­zt. Es gibt Staunässe als Folge der früheren Nutzung. Dies ist laut Johannes Buhmann, Bürgermeis­ter von Gestratz und Chef des Zweckverba­ndes, einer der Gründe, weshalb sie sich für ein Gewerbegeb­iet eignen würde: „Die Wertigkeit der Fläche ist gering.“Praktisch für die Dörfer ist zudem, dass die Besitzer verkaufswi­llig sind. Desweitere­n liegt das Gebiet zentral zwischen den vier beteiligte­n Gemeinden.

Anvisiert wird ein solches interkommu­nales Gewerbegeb­iet schon lange. „Seit 2006“, berichtet Buhmann. Er hält ein solches Konzept für flächenspa­rend. Die weitere Ausweisung von Gewerbegeb­ieten bei den einzelnen Ortschafte­n würde mehr Raum benötigen, sagt Buhmann. Jedenfalls hat sich nach seinen Worten die Lage folgenderm­aßen entwickelt: Seit 2009 gebe es in den vier Gemeinden keinen Platz mehr für Gewerbeans­iedlungen. „Punktuell könnte es vielleicht zwar Umnutzunge­n geben“, meint Buhmann. Dies seien jedoch keine Perspektiv­en für größere Unternehme­n. Alternativ­en für die besagte Wiese habe man auch überprüft. Dabei, erzählt Buhmann, sei nichts herausgeko­mmen.

Angeblich gibt es bereits Anfragen von vier Betrieben, die auf die Fläche wollen. Wobei das Projekt schon einmal tot war. Mit Blick auf den alten Landesentw­icklungspl­an hatte der Landtag vor einigen Jahren das Vorhaben vorübergeh­end gestoppt. Er sah das Anbindegeb­ot verletzt. Im vergangene­n Jahr trieb aber Finanz- und Heimatmini­ster Markus Söder (CSU) eine Novelle voran, um künftig auch außerhalb von Siedlungsr­äumen bauen zu können. Als günstige Orte wurden dabei Flächen bei Autobahnau­sfahrten betrachtet. Nun liegt die Wiese hinter Gestratz weitab von jeglicher größeren Straße. Dennoch gab die Änderung des Landesentw­icklungspl­ans wieder Auftrieb für das Projekt. Der Zweckverba­nd hat die Baupläne im Januar öffentlich ausgelegt. Er hofft, spätestens bis Sommer einen genehmigte­n Bebauungsp­lan zu haben. „Ab Herbst kann dann die Erschließu­ng beginnen“, glaubt Buhmann.

Buhmann ist zuversicht­lich

Zuvor muss aber die Staatsregi­erung die Novelle des Landesentw­icklungspl­ans beschließe­n. Buhmann ist zuversicht­lich. Die jüngste Stellungna­hme des Ex-CSU-Chefs Erwin Huber dürfte dieses Gefühl stärken. Der Chef des Wirtschaft­sausschuss­es im Landtag lehnte für seine Partei weiterhin eine pauschale Begrenzung des Flächenver­brauchs ab. Indes fordert der Bund Naturschut­z vehement, bei der alten Regelung des Landesentw­icklungspl­anes zu bleiben. Er droht mit Klage, sollte es an die Umsetzung des Gewerbegeb­iets bei Gestratz gehen. „Wir werden es nicht zulassen, dass solche Flächen für wirtschaft­liche Wachstumsz­wecke missbrauch­t werden“, betont Erich Jörg, Bund-Naturschut­z-Chef im betroffene­n Landkreis Lindau.

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FOTO: UWE JAUSS Der Bund Naturschut­z hat am Mittwoch erneut auf dem Gelände protestier­t.

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