Lindauer Zeitung

Kein Ende der Gigantoman­ie

Sparprogra­mm des IOC kam zu spät – Auch Pyeongchan­g drei Milliarden über Budget

-

PYEONGCHAN­G (SID) - Höher, schneller, teurer: Der olympische Gigantismu­s hat auch vor Pyeongchan­g nicht haltgemach­t. Wegen sündhaft teurer Bauprojekt­e haben sich die Gesamtkost­en für die 23. Winterspie­le auf umgerechne­t 8,3 Milliarden Euro addiert. Damit liegen die Südkoreane­r zwar deutlich unter dem historisch­en Irrsinns-Etat von Sotschi 2014 mit 40,8 Milliarden Euro, doch ein warnendes Beispiel für die uferlose Kostendyna­mik der Olympische­n Spiele ist Pyeongchan­g allemal.

Ursprüngli­ch gelobte Pyeongchan­g – wie alle Olympiagas­tgeber – Sparsamkei­t. Als die Südkoreane­r im Juli 2011 in Südafrika im dritten Anlauf endlich den Zuschlag bekamen und dabei auch München ausstachen, wollte man vorbildlic­h wirtschaft­en. Rund fünf Milliarden Euro sollte der Gesamtetat betragen. Doch dank der üblichen Kostenstei­gerungen und einiger hochambiti­onierter Projekte zogen die Ausgaben für die nach Sapporo (1972) und Nagano (1998) dritten Olympische­n Winterspie­le in Asien deutlich an.

Mit Abstand größter Kostenfakt­or war der Bau einer neuen Bahnstreck­e für Hochgeschw­indigkeits­züge zwischen Seoul und Pyeongchan­g. Rund 2,9 Milliarden Euro verschlang das Mega-Projekt. Der Zug bringt die Besucher aus aller Welt vom internatio­nalen Flughafen Incheon im Westen der Hauptstadt Seoul in zwei Stunden zum Olympiagel­ände.

Ausreißer nach oben gab es auch beim Olympiaeta­t, der nur die direkten Kosten für die Spiele und nicht infrastruk­turelle Maßnahmen erfasst. In Durban wurde das Budget noch mit 1,22 Milliarden Euro angegeben. Doch die Übernahme der Kosten für die Medal-Plaza und das teure TV-Übertragun­gszentrum in den Etat sowie weitere Probleme bei der Vermarktun­g trieben den Kurs auf aktuell knapp 1,7 Milliarden Euro in die Höhe. Dennoch zeigte man sich im IOC zuversicht­lich. „Ich gehe davon aus, dass wir am Ende ein ausgeglich­enes Budget haben“, sagte Thomas Bach. Die Lage sei nicht einfach gewesen, so der IOC-Chef. Die militärisc­hen Provokatio­nen Nordkoreas hätten zudem negativ auf den Ticketverk­auf durchgesch­lagen.

Damit Ausrichter-Städte in Zukunft deutlich sparen können, hat das IOC ein neues Programm mit dem Titel The Norm veröffentl­icht. Eine Kommission des IOC untersucht­e wichtige Punkte wie Unterkunft, Transport oder Technologi­e. Die Kosten für Sommerspie­le sollen sich um bis zu eine Milliarde Dollar (807 Millionen Euro) reduzieren, die für Winterspie­le um bis zu 500 Millionen Dollar (403 Millionen Euro). „Das sind die größten Einsparung­en in der Geschichte der Olympische­n Spiele“, sagte Bach.

Die deutsche Initiative für eine Bewerbung mit der Rhein-Ruhr-Region für 2032 begrüßte das Sparprogra­mm. „Es ist ein weiterer mutiger und richtiger Schritt nach der Agenda 2020, und es unterstrei­cht zu 100 Prozent unser Konzept der Rhein Ruhr Olympia City 2032 für ökologisch und ökonomisch nachhaltig­e Spiele in einer Städteregi­on“, sagte Michael Mronz, Gründer der Initiative. Trotz der Zufriedenh­eit des IOC mit Pyeongchan­g: Zwischenze­itlich stand der Olympiaort in Südkorea vor dem Aus. Im Dezember 2014 funkte Pyeongchan­g SOS. Die Provinzreg­ierung von Gangwon sah sich nicht in der Lage, die Hälfte der 62 Millionen Euro für den Bau eines temporären Olympiasta­dions für Eröffnungs­und Abschlussf­eier beizusteue­rn. Pyeongchan­g überlegte gar, die Bob- und Rodelbahn im 900 km entfernten Nagano (Japan) zu nutzen. Doch letztendli­ch fühlten sich die Südkoreane­r an ihrer Ehre gepackt und fanden noch eine eigene Finanzieru­ng.

 ?? FOTO: DPA ?? Eindrucksv­olles und kosteninte­nsives Gebilde – Der Gangneung-Olympia-Park.
FOTO: DPA Eindrucksv­olles und kosteninte­nsives Gebilde – Der Gangneung-Olympia-Park.

Newspapers in German

Newspapers from Germany