Im gleichen Hotel wie US-Vizepräsident Mike Pence
Lindauer Sportjournalist Wolfgang Harder berichtet aus Südkorea von den Olympischen Winterspielen
LINDAU/PYEONGCHANG - Den Bus verwechseln, wie es mir dieser Tage passierte, kommt bei Olympischen Spielen schon mal vor. Aber Probleme beim Aufzugfahren hatte ich nie und nimmer für möglich gehalten. Trotzdem kostete es mich fünf Anläufe, mit dem Aufzug ins Foyer meines Hotels zu kommen. Der Grund: Offenbar wohnt Mike Pence, Vizepräsident der Vereinigten Staaten, im selben Hotel wie ich.
Den falschen Halt erwischt, schon sitzt man im falschen Film, sprich: der falschen Bus-Verbindung. So geschehen, durfte ich einen abendlichen Ausflug vom sogenannten Mountain Cluster, wo die nordischen und alpinen Wettbewerbe sowie die Kufen-Disziplinen zu Hause sind, ins „Coastal Cluster“mit den Sportstätten für Eiskunstlaufen und dergleichen nach Gangneung unternehmen. Leider steht auf der 40 Kilometer langen Strecke kein Zwischenhalt auf dem Fahrplan. Es gab kein Entrinnen für mich.
„Nehmen Sie bitte den nächsten Aufzug“
Probleme beim Busfahren können ja schon mal passieren, aber Probleme beim Aufzugfahren hätte ich nie und nimmer für möglich gehalten. Doch Olympia macht’s möglich. Und das kam so: Ich war mit meinem Fotografen zur Abfahrt ins Olympic Stadium verabredet. Die Eröffnungsfeier stand an. Treffpunkt sollte das Foyer in unserem Hotel sein.
Ich drückte also im sechsten Stock den Knopf, um den Lift zu holen. Der kam, die Tür ging auf, ein freundlicher Herr sagte: „Take the next one please“. Ich drückte noch einmal, wieder kam ein Aufzug, die Tür ging auf, und ein anderer Herr mit einem Drahtkabel im Ohr sagte wieder freundlich auf Englisch: „Nehmen Sie bitte den nächsten Aufzug“. Das gleiche Spiel, der dritte Lift – und der dritte Hinweis auf den nachfolgenden Aufzug.
Beim vierten Anlauf ging erneut die Tür auf, zwei mächtige Kerle standen drin, der eine musste sich sogar leicht herunterbeugen, um mir überhaupt ins Gesicht schauen zu können. Auch er sagte sehr bestimmt: „Take the next one please“. Ich blieb weiter wie angewurzelt stehen, blieb mir ja auch nichts anderes übrig. Hinter den beiden Riesen glaubte ich aber ein Gesicht erkannt zu haben, dass ich schon einmal gesehen hatte. Nur der Name fiel mir nicht ein.
Im fünften Anlauf klappte es dann, fehlerfrei enterte ich den Lift. Endlich unten angekommen, herrschte im ansonsten asiatisch geruhsamen Foyer hektische Betriebsamkeit. Und ich erfuhr auch den Grund meiner Lift-Probleme. Der amerikanische Vize-Präsident Mike Pence wohne auch hier im Hotel, klärte mich mein Fotograf auf. „Er kam kurz vor dir mit dem Lift an.“Mike Pence: Das war also das Gesicht, dem ich vorhin keinen Namen zuordnen konnte. Der Stellvertreter von Donald Trump im gleichen Hotel wie ich, also wie mein Rennrodel-Weltverband FIL. Da stellte sich mir natürlich die Frage, ob die USRegierung so klamm ist, dass sich ihr Vize kein Luxus-Hotel leisten kann? Oder aber, ob die FIL so wohlhabend ist, dass sie uns in diesem Hotel nächtigen lässt?
Als ich vor dem Hoteleingang den Konvoi erblickte, der Pence zur Eröffnungsfeier begleiten sollte, war mir die Antwort sofort klar. So lang wie der Rosenmontagszug von Köln reihten sich die Fahrzeuge hinter der Vize-Präsidenten-Limousine mit der Sternenbanner-Standarte auf. Wer mit so einem großen Gefolge reist, muss am Hotel sparen.