Lindauer Zeitung

Kundgebung gegen Waffen für die Türkei

Etwa 90 Demonstran­ten fordern von der MTU den Ausstieg aus der Rüstungsin­dustrie

- Von Harald Ruppert FOTO: HARALD RUPPERT

FRIEDRICHS­HAFEN - Etwa 90 Menschen demonstrie­rten gestern zur Mittagszei­t vor dem MTU-Firmensitz in Friedrichs­hafen gegen deutsche Rüstungsex­porte in die Türkei. Dazu aufgerufen hatte der Verein „Keine Waffen vom Bodensee e.V.“.

„Seit 20. Januar führt die türkische Armee mit deutschen LeopardKam­pfpanzern einen völkerrech­tswidrigen Angriffskr­ieg gegen kurdische Milizen in Nordsyrien“, sagte Lothar Höfler, Vorsitzend­er des Vereins, in seiner Ansprache. Mit Blick zum MTU-Gebäude fügte er an: „Alle Leopards sind mit Motoren aus diesem Werk ausgerüste­t.“Damit sei die MTU zum Mittäter geworden.

Protest mit Leichensäc­ken

Höfler sprach zu der Menge über fingierte blutige Leichensäc­ke hinweg – drastische „Symbole für hunderttau­sende Kriegstote, die weltweit produziert werden“, so Höfler. Teilnehmer der Kundgebung hielten Banner wie „Legt den Leo an die Kette“und „Kein Spielzeug für Saudis“in die Höhe. Kurdische Demonstran­ten skandierte­n „Deutsche Panzer raus aus Kurdistan“.

Die Polizei behielt die Veranstalt­ung im Auge. Türkische Gegendemon­stranten blieben der Kundgebung fern. Zu befürchtet­en Auseinande­rsetzungen zwischen Türken und Kurden kam es nicht.

Auch der Sozialwiss­enschaftle­r Peter Grottian trat ans Mikrofon. „Teile der großen Koalition sind die Komplizen des Krieges“, sagte er. Dem Management der MTU hielt er vor, von der Rüstungslo­gik wider besseren Wissens nicht abzulassen. „MTU muss eigentlich geschlosse­n werden; jedenfalls, was die Waffenprod­uktion betrifft“, so Grottian.

Die Türkei verfüge über 2500 Panzer, führte Claudia Haydt (Die Linke) aus. „Jeden Vierten davon gäbe es ohne die deutsche Rüstungsko­operation gar nicht“, so Haydt. Sie sprach von 350 Leopard-Panzern mit MTU-Motoren, die in der Türkei unterwegs seien – „und Deutschlan­d sorgt durch die Wartung und die Lieferung von Ersatzteil­en dafür, das sie weiter laufen“. Haydt appelliert­e auch an die MTU-Mitarbeite­r: „Es ist doch schöner, abends heimzukomm­en und zu sagen: ,Ich habe für den Frieden gearbeitet’, als wenn man sagen muss ’Ich habe Waffen produziert’.“Gehört haben das aber nur wenige MTU-Mitarbeite­r. Die meisten waren während der Kundgebung in der Kantine beim Mittagesse­n.

Rolls-Royce Power Systems, zu dem MTU gehört, hatte die Ausrüstung der Panzer mit MTU-Motoren nicht dementiert, aber bereits im Vorfeld der Demonstrat­ion darauf hingewiese­n, dass der Export auf Basis der geltenden Gesetzesgr­undlagen erfolge.

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Rund 90 Demonstran­ten versammeln sich vor den Werktoren von MTU und protestier­en gegen MTU-Motoren in Panzern, die aktuell in Syrien eingesetzt werden.

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