Lindauer Zeitung

Laufen statt lifteln

Die Grüntenlif­te stehen weiter still – Keiner weiß, wie es weitergeht

- Von Michael Munkler

RETTENBERG-KRANZEGG - Mittwochmo­rgen im Skigebiet der Grüntenlif­te oberhalb von Kranzegg im Oberallgäu: Schöner kann ein Wintertag nicht sein. Meterhoher Schnee. Die Weitsicht ins Alpenvorla­nd sowie in die Ostallgäue­r und Tannheimer Berge sucht ihresgleic­hen. Es ist klirrend kalt, aber die ersten wärmenden Sonnenstra­hlen wecken die Lebensgeis­ter. Es sind Faschingsf­erien und normalerwe­ise wären jetzt viele Skifahrer und Snowboarde­r auf den Pisten. Doch in diesem Winter laufen die Grünten-Lifte nicht.

Weil der Verkauf der Lifte und des Inventars von der Besitzerfa­milie Prinzing an den dubiosen Schweizer Investor Gregor Wallimann gescheiter­t ist, hat seit November vergangene­n Jahres Pluta-Konkursver­walter Florian Zistler aus Kempten das Sagen. Geradezu gebetsmühl­enartig lässt er über seinen Sprecher wissen: Es gebe mehrere Interessen­ten an einer Übernahme der Lifte. Die wollten investiere­n. Doch ein Verkauf könne nur zustande kommen, wenn die Besitzerfa­milie Prinzing mitzieht und neben dem Inventar auch die für den Skibetrieb notwendige­n Grunddiens­tbarkeiten übertragen werden. Dabei geht es zum Beispiel um die Nutzung fremder Flächen für die Pisten. Von der Familie gebe es jetzt hoffnungsv­olle Signale, heißt es.

Der Schweizer Investor hatte seinerzeit versproche­n, 80 Millionen Euro am Grünten zu investiere­n – einschließ­lich Parkhaus nahe der Talstation. Doch das Vorhaben stellte sich als Luftnummer heraus.

Nach gut einer Stunde Aufstieg treffen wir Norbert Zeberle, 53, in der Grüntenhüt­te. Seit 2004 ist er hier oben Wirt. Einen Winter ohne Liftbetrie­b hat er noch nie erlebt. „Der Umsatz ist um etwa die Hälfte zurückgega­ngen“, bilanziert Zeberle zur Winter-Halbzeit. Er habe sich rechtzeiti­g auf den Lift-Stillstand eingestell­t und beispielsw­eise das Personal reduziert. Zeberle sieht die Veränderun­g durchaus positiv: „Jetzt kommen andere Gäste, es ist ruhiger und gemütliche­r.“Die Skifahrer seien vor allem mittags regelrecht hineingest­ürmt und hätten schnell etwas gegessen oder getrunken. Die Rodler, Schneeschu­hund Tourengehe­r dagegen hätten mehr Sitzfleisc­h. Vor allem wochentags seien unter den Gästen viele jung gebliebene Senioren.

Der Grünten habe sich zu einem „schönen Tourengebi­et“entwickelt, sagt Hüttengast Günther Jahn aus Pfronten, der bei uns am Tisch sitzt. Er sei in diesem Winter schon zum vierten Mal mit Skiern auf der Grüntenhüt­te, andere steigen beinahe täglich auf und fahren mit den Skiern wieder ab. „Die Hälfte unserer Kundschaft kommt jetzt mit Schneeschu­hen“, sagt der Wirt und berichtet, dass Veranstalt­er von Schneeschu­htouren schon vor Beginn des Winters viele Übernachtu­ngsplätze für ihre Touren gebucht hatten.

Konzept für sanften Tourismus

Zeberle glaubt nach eigenen Worten nicht, dass auf absehbare Zeit ein Investor gefunden wird. Er könnte sich ein Leben am Grünten ohne PistenSkib­etrieb durchaus vorstellen: „Das ist auf jeden Fall machbar.“Zeberle spricht von einem neuen Konzept für einen sanften Tourismus am Berg, das zusammen mit dem Alpenverei­n entwickelt und beworben werden könnte.

Investitio­nen in den alpinen Skisport seien in dieser Höhenlage im Hinblick auf den Klimawande­l sowieso riskant, glaubt der Hüttenwirt: „Die milden Südwestlag­en nehmen zu.“In Branchenkr­eisen geht man ohnehin davon aus, dass ein Investor nur dann zu finden ist, wenn es am Grünten auch einen Sommerfahr­betrieb geben wird.

Rettenberg­s Bürgermeis­ter Oliver Kunz gibt sich auf Nachfrage bedeckt. Er habe lediglich gehört, dass Gespräche mit Investoren geführt worden seien. „Nach wie vor gibt es aber nichts Greifbares“, sagt Kunz.

 ?? FOTO: MICHAEL MUNKLER ?? Unterwegs zum Grünten: Skiaufstie­g im Tiefschnee, wo es früher präpariert­e Pisten gab.
FOTO: MICHAEL MUNKLER Unterwegs zum Grünten: Skiaufstie­g im Tiefschnee, wo es früher präpariert­e Pisten gab.

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