Lindauer Zeitung

„Ich werde mit Ja stimmen“

Die SPD-Landtagsab­geordnete Deckwerth rückt bei politische­m Aschermitt­woch die Große Koalition in den Fokus

- Von Benjamin Schwärzler

KREIS LINDAU - Die Farbkombin­ation ihrer Kleidung passte zur Kernaussag­e. Roter Blazer, schwarze Hose. Beim politische­n Aschermitt­woch der SPD in Lindenberg rückte Ilona Deckwerth die anstehende nächste Große Koalition mit in den Fokus – und die 57-jährige Landtagsab­geordnete machte keinen Hehl daraus, wie sie sich beim Mitglieder­votum über den Koalitions­vertrag entscheide­n wird. „Ich bin eine vom linken Flügel, eine Gewerkscha­ftlerin. Und es steht vieles drin, was besser sein könnte. Aber: 70 Prozent im Papier sind sozialdemo­kratisches Programm. Das haben wir mit einem Wahlergebn­is von 20,5 Prozent durchgeset­zt. Darauf können wir stolz sein. Ich werde mit Ja stimmen“, sagte die gebürtige Mittelfrän­kin, die von 1989 bis 2016 die Sonderschu­le in Füssen geleitet hatte und seit 1. Januar 2017 im Landtag sitzt. Sie hob unter anderem die Abschaffun­g der sachgrundl­osen Befristung, die zwei Milliarden Euro für die Sanierung von Schulen, das Rentenplus und nicht zuletzt den Erhalt von drei zentralen Ministerie­n für die SPD hervor.

Wer bei der vom SPD-Kreisverba­nd organisier­ten Veranstalt­ung (inklusive Kässpätzle) im „Alten Bräuhaus“auf starke Sprüche und verbale Spitzen in Richtung der politische­n Gegner gehofft hatte, der wurde enttäuscht. Vielmehr rief Deckwerth die zwei Dutzend anwesenden Genossen (der Raum war für mehr als doppelt so viele bestuhlt) vor allem dazu auf, sich der Stärken der SPD bewusst zu werden und stolz auf ihre Errungensc­haften zu sein. Zwei Beispiele: Den Freistaat Bayern hatte vor 100 Jahren Kurt Eisner ausgerufen – ein Sozialdemo­krat. Und der Mindestloh­n wurde 2015 auf Initiative von Andrea Nahles hin eingeführt.

Ein zentrales Thema blieb jedoch die aktuelle Regierungs­bildung. Auch die 250 Mitglieder des SPDKreisve­rbands werden in den nächsten Tagen ihre Unterlagen für die Abstimmung erhalten. Nimmt man die Wortbeiträ­ge an diesem Abend als Stimmungsb­ild, dann sind die meisten Westallgäu­er Genossen pro GroKo. „Ich werde mit Ja stimmen“, verriet der Kreisrat und langjährig­e Lindenberg­er Stadtrat Helmut Böller. Der Verzicht von Martin Schulz auf das Amt des Außenminis­ters habe für ihn den letzten Ausschlag gegeben. Zum Mitglieder­votum sagt er: „Ich glaube, das gibt gar kein so knappes Ergebnis.“

Der frühere Lindenberg­er Bürgermeis­ter und Landrat Eduard Leifert sagt: „Jede GroKo hat uns um fünf Prozent nach unten gerissen. Aber es gibt keine Alternativ­e.“Im Koalitions­vertrag sehe er nicht die Probleme, die viele andere sehen. Im Gegenteil: Er sei „ein Schritt voran“, wobei Leifert einräumt: „Große Würfe gibt es nicht.“

Erwin Engel von der SPD Lindau sagte: „Es ist nicht meine Lieblingsk­onstellati­on, aber die GroKo ist die einzig reale Möglichkei­t. Eine Minderheit­sregierung hält vier Wochen, allenfalls ein Jahr. Das ist nicht durchführb­ar.“Sein Sitznachba­r Daniel Roll bekräftigt­e allerdings, dass „schon mehr abgegrenzt“werden sollte, was sozialdemo­kratisch ist und was nicht. „Das war in der bisherigen GroKo nicht ersichtlic­h. Die Kanzlerin hat alle Erfolge eingesackt“, hob er hervor.

Uneinig sind sich die Mitglieder des Kreisverba­nds allerdings darüber, ob die SPD-Spitze die geplante Besetzung der Posten vor der Abstimmung bekannt geben sollte oder nicht. „Durch die Personaldi­skussion sind die Inhalte verdrängt worden“, bemängelte Gerd Ilg aus Weiler-Simmerberg. „Im Vordergrun­d muss das Programm stehen“, sagte Böller. Hingegen findet Leifert: „Personal und Programm sind nicht zu trennen.“Vor dem Votum müsse man wissen, was Sache ist.

SPD-Kreisvorsi­tzender Leo Wiedemann, der den Abend organisier­t hatte, wird ebenfalls mir Ja stimmen. „Wir haben viel durchgeset­zt“, ist der Lindenberg­er Stadtrat überzeugt. Er gab zum Abschluss der Gastredner­in noch einen Auftrag für ihre Arbeit als Abgeordnet­e mit auf den Weg: Der Besuch einer Musikschul­e sollte kostenlos für alle Kinder sein. Die CSU habe einen entspreche­nden Antrag im Landtag zwar abgelehnt – doch Wiedemann bat Deckwerth, das Thema wieder aufzugreif­en. Diese Anregung nahm die Pädagogin gerne an.

„70 Prozent im Papier sind sozialdemo­kratisches Programm. Das haben wir mit einem Wahlergebn­is von 20,5 Prozent durchgeset­zt.“

Ilona Deckwerth, SPD-Lantagsabg­eordnete

 ?? FOTO: SCHWÄRZLER ?? Ilona Deckwerth ist 1984 in die SPD eingetrete­n. Die Landtagsab­geordnete war zehn Jahre lang stellvertr­etende Vorsitzend­e der SPD Schwaben, sitzt in Füssen im Stadtrat und im Ostallgäue­r Kreistag.
FOTO: SCHWÄRZLER Ilona Deckwerth ist 1984 in die SPD eingetrete­n. Die Landtagsab­geordnete war zehn Jahre lang stellvertr­etende Vorsitzend­e der SPD Schwaben, sitzt in Füssen im Stadtrat und im Ostallgäue­r Kreistag.

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