„Ich werde mit Ja stimmen“
Die SPD-Landtagsabgeordnete Deckwerth rückt bei politischem Aschermittwoch die Große Koalition in den Fokus
KREIS LINDAU - Die Farbkombination ihrer Kleidung passte zur Kernaussage. Roter Blazer, schwarze Hose. Beim politischen Aschermittwoch der SPD in Lindenberg rückte Ilona Deckwerth die anstehende nächste Große Koalition mit in den Fokus – und die 57-jährige Landtagsabgeordnete machte keinen Hehl daraus, wie sie sich beim Mitgliedervotum über den Koalitionsvertrag entscheiden wird. „Ich bin eine vom linken Flügel, eine Gewerkschaftlerin. Und es steht vieles drin, was besser sein könnte. Aber: 70 Prozent im Papier sind sozialdemokratisches Programm. Das haben wir mit einem Wahlergebnis von 20,5 Prozent durchgesetzt. Darauf können wir stolz sein. Ich werde mit Ja stimmen“, sagte die gebürtige Mittelfränkin, die von 1989 bis 2016 die Sonderschule in Füssen geleitet hatte und seit 1. Januar 2017 im Landtag sitzt. Sie hob unter anderem die Abschaffung der sachgrundlosen Befristung, die zwei Milliarden Euro für die Sanierung von Schulen, das Rentenplus und nicht zuletzt den Erhalt von drei zentralen Ministerien für die SPD hervor.
Wer bei der vom SPD-Kreisverband organisierten Veranstaltung (inklusive Kässpätzle) im „Alten Bräuhaus“auf starke Sprüche und verbale Spitzen in Richtung der politischen Gegner gehofft hatte, der wurde enttäuscht. Vielmehr rief Deckwerth die zwei Dutzend anwesenden Genossen (der Raum war für mehr als doppelt so viele bestuhlt) vor allem dazu auf, sich der Stärken der SPD bewusst zu werden und stolz auf ihre Errungenschaften zu sein. Zwei Beispiele: Den Freistaat Bayern hatte vor 100 Jahren Kurt Eisner ausgerufen – ein Sozialdemokrat. Und der Mindestlohn wurde 2015 auf Initiative von Andrea Nahles hin eingeführt.
Ein zentrales Thema blieb jedoch die aktuelle Regierungsbildung. Auch die 250 Mitglieder des SPDKreisverbands werden in den nächsten Tagen ihre Unterlagen für die Abstimmung erhalten. Nimmt man die Wortbeiträge an diesem Abend als Stimmungsbild, dann sind die meisten Westallgäuer Genossen pro GroKo. „Ich werde mit Ja stimmen“, verriet der Kreisrat und langjährige Lindenberger Stadtrat Helmut Böller. Der Verzicht von Martin Schulz auf das Amt des Außenministers habe für ihn den letzten Ausschlag gegeben. Zum Mitgliedervotum sagt er: „Ich glaube, das gibt gar kein so knappes Ergebnis.“
Der frühere Lindenberger Bürgermeister und Landrat Eduard Leifert sagt: „Jede GroKo hat uns um fünf Prozent nach unten gerissen. Aber es gibt keine Alternative.“Im Koalitionsvertrag sehe er nicht die Probleme, die viele andere sehen. Im Gegenteil: Er sei „ein Schritt voran“, wobei Leifert einräumt: „Große Würfe gibt es nicht.“
Erwin Engel von der SPD Lindau sagte: „Es ist nicht meine Lieblingskonstellation, aber die GroKo ist die einzig reale Möglichkeit. Eine Minderheitsregierung hält vier Wochen, allenfalls ein Jahr. Das ist nicht durchführbar.“Sein Sitznachbar Daniel Roll bekräftigte allerdings, dass „schon mehr abgegrenzt“werden sollte, was sozialdemokratisch ist und was nicht. „Das war in der bisherigen GroKo nicht ersichtlich. Die Kanzlerin hat alle Erfolge eingesackt“, hob er hervor.
Uneinig sind sich die Mitglieder des Kreisverbands allerdings darüber, ob die SPD-Spitze die geplante Besetzung der Posten vor der Abstimmung bekannt geben sollte oder nicht. „Durch die Personaldiskussion sind die Inhalte verdrängt worden“, bemängelte Gerd Ilg aus Weiler-Simmerberg. „Im Vordergrund muss das Programm stehen“, sagte Böller. Hingegen findet Leifert: „Personal und Programm sind nicht zu trennen.“Vor dem Votum müsse man wissen, was Sache ist.
SPD-Kreisvorsitzender Leo Wiedemann, der den Abend organisiert hatte, wird ebenfalls mir Ja stimmen. „Wir haben viel durchgesetzt“, ist der Lindenberger Stadtrat überzeugt. Er gab zum Abschluss der Gastrednerin noch einen Auftrag für ihre Arbeit als Abgeordnete mit auf den Weg: Der Besuch einer Musikschule sollte kostenlos für alle Kinder sein. Die CSU habe einen entsprechenden Antrag im Landtag zwar abgelehnt – doch Wiedemann bat Deckwerth, das Thema wieder aufzugreifen. Diese Anregung nahm die Pädagogin gerne an.
„70 Prozent im Papier sind sozialdemokratisches Programm. Das haben wir mit einem Wahlergebnis von 20,5 Prozent durchgesetzt.“
Ilona Deckwerth, SPD-Lantagsabgeordnete